Sonntag, 27. April 2025

So isses, Musik!#188

CRASS Discography: Penis Envy (1981)

Hurra, eine neue Discography! Da ich mich schon mal mit dem Debütalbum "Feeding of the 5000" als auch mit dem Nachfolger "Stations of the CRASS" beschäftigt habe geht es hier weiter mit dem dritten Album der legendären Anarcho Band mit den fünf großen Buchstaben.

"Penis Envy" ist, wie gesagt, schon das dritte Album der Band/des Kollektivs, welches sich nie als Punk verstanden hat und schon immer die Punk Szene kritisiert hat. CRASS waren trotzdem eine der prägendsten Bands des Anarcho Punk Genre, hatten allerdings intern wenig mit dieser Szene am Hut. Einzig Vocalist Steve

Ignorant hat nach der Auflösung der Band mehrere Projekte in ähnlicher Form weiter geführt. Dieses Album hier ist eine Prise anders als die beiden Vorgänger. Es war, soweit ich mich erinnern kann, das erste CRASS-Album für mich, welches ich von Anfang bis Ende gehört habe. Bis dato kannte ich nur ein paar Songs und die ersten beiden Alben habe ich erst danach entdeckt. "Penis Envy" ist insofern anders, weil es die beiden Sängerinnen Joy De Vivre und Eve Libertine in den Vordergrund rückt. Steve Ignorant ist gar nicht zu hören und die beiden anderen Männern die zuvor am Gesang waren, nämlich Phil Free und Pete Wright, rücken hier ebenfalls in den Hintergrund. Stattdessen hören wir größtenteils Eve Libertines bestimmendes, sanftes und jedoch gleichzeitig martialisches Organ.

Musikalisch bewegt man sich irgendwo zwischen "klassischen" CRASS-Sound, sprich Marsch-Drums, schrammende Gitarren, donnernder Bass und experimentellen Klängen. So klingt die Band beispielsweise in "What the Fuck?" durchaus psychedelisch. Lyrisch geht es unter anderem um Krieg, Verfestigung von Ideologien in den Köpfen der Menschen und das allerwichtigste, um feministische Themen. Nämlich Kritik an der Insitution der Ehe als auch der Rolle der Frau als Mutter/Gebärmaschine. Soweit ich das nachvollziehen kann, war ein solches Konzeptalbum für damalige Verhältnisse etwas vollkommen neues. Und zwar selbst für politisch gefärbte Bands wie CRASS, The Mob, Conflict usw. Die Anarcho Szene war trotz ihres emanzipatorischen Anspruchs von Männern dominiert. 

Aufgrund der Thematiken und den durchaus eigenwilligen Sound sticht "Penis Envy" wie ein Daumen aus der Masse von Mittelfingern heraus. Es ist wirklich, ich möchte das Wort in Zusammenhang mit CRASS eigentlich nicht benutzen, revolutionär für die damalige Zeit.

Anspieltipps: Poison In A Pretty Pill, Where Next Columbus, Systematic Death, Bata Motel
9/10 Pfandflaschen






Primus Discography: Primus & The Chocolate Factory with the Fungi Ensemble (2014)

Das vor knapp elf Jahren erschienen (vor)letzte Primus-Album ist eine Kollaboration mit den beiden Musikern Mike Dillon (Vibraphon, Marimba) und Sam Bass (Cello), die hier das "Fungi Ensemble" darstellen. Die Texte stammen von den beiden Autoren Leslie Bricusse und Anthony Newley. Es ist eine Neuinterpretation des klassischen Soundtracks zum Film "Willy Wonka & the Chocolate Factory". Sprich: 


Die Texte erzählen den Film nach. Wir kriegen mit wie Charlie traurig ist, weil er keinen goldenen Ticket bekommen hat, der ihn zur Schokoladenfabrik des Willy Wonka geführt hätte - nur um dann wieder fröhlich zu sein, dass er doch eins gefunden hat. Dann gibt es natürlich noch die Oompa-Loompa-Songs die ebenfalls neu interpretiert wurden. Ich meine natürlich die Momente als gewisse Kinder sich arrogant verhalten haben und dafür die Rechnung tragen mussten. Im Song "I Want It Now" übernimmt Gitarrist Larry LaRonde das erste Mal den Hauptgesang. Außerdem kehrte hier Tim Alexander ans Schlagzeug zurück. Es ist das erste Album mit ihm seit "Tales from the Punchbowl".

Insgesamt ein durchaus progressives und psychedelisches Werk. Abgesehen von den Texten, die in Primus'scher Ausführung doch ziemlich abgefahren wirken ist das ein vergleichsweise ziemlich ruhiges und anderweitig "komisches" Album. Es hat wenig von typischer Primus-Polka-Crossover-Psychedelia sondern stattdessen eine Art Primus-Progressive-Psychedelia. Insgesamt ist es eine vollkommene Neuinterpretation. Ein Song wie "Pure Imagination" hat nichts mehr gemein mit der ursprünglichen Darbietung des Schauspielers Gene Wilder. Es wirkt wie ein Album aus einer anderen Dimension. Sehr sehr anders als sonst, aber trotzdem nicht weniger schlecht als die bisherigen Werke. Ich hab's genossen. Trotzdem könnte ich es nicht mehr als 2 mal hintereinander hören.

Anspieltipps: Oompa Augustus, I Want It Now, Pure Imagination
7/10 Pfandflaschen



Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt...

Philipp:

"3 Jahre nach dem letzten Lebenszeichen das achte Album von Primus, das erste Album mit Herb seit "Tales From The Punch Bowl". Es ist wie der Name bereits andeutet ein Konzeptalbum, das sich an den Soundtrack von "Willy Wonka and the chocolate factory" aus dem Jahre 1971 anlehnt und ihn dabei recht frei neu interpretiert. 

Frei bedeutet hierbei, dass selbst altbekannte Big Band Banger wie "Candy Man" (welches übrigens 1 Jahr nach Erscheinen des Films in der Version von Sammy Davis Jr. zum Welthit wurde) und "Pure Imagination" hier unverkennbar nach Primus klingen. 

Der morbide Charme, die Ästhetik und der seltsame Humor des Originals passen dabei zu Primus wie die Faust aufs Auge. 

Leider läuft sich das Album schnell ab, was unter anderem an der leichten Überrepräsentation von Oompa Loompas liegt, ich habe mich nach 3 Durchläufen bereits gefühlt als hätte ich jedes einzelne dieser Lieder 50 mal gehört. Es fällt schon deutlich auf, dass dieses Konzept für eine Live-Aufführung (inklusive tanzender Oompa Loompas) erdacht wurde und auf Album-Länge den Spannungsbogen ganz einfach nicht halten kann. 

6/10 Pfandflaschen

Anspieltipps: Candy Man, Pure Imagination, Oompa TV"

Raphael:

"Ratet mal, wer wieder da ist? Es ist Herb, bürgerlich auch als Tim Alexander bekannt, der im Jahr 2013 wieder den Platz auf dem Drumhocker von Jay Lane eingenommen hat. Beim ersten gemeinsamen Konzert in der klassischen Besetzung an Silvester 2013 performten Primus zusammen mit dem Frog Brigade Ensemble den Soundtrack zum Film „Willy Wonka & The Chocolate Factory“. Die offizielle Ankündigung des achten Albums „Primus & The Chocolate Factory with the Fungi Ensemble“ folgte erst etwas später. Vor Veröffentlichung des (selbst für Primus) eigenartigen Albums wurde im September 2014 noch eine Les Claypool Biographie von Greg Prato veröffentlicht, und am 21. Oktober 2014 erschien dann das Album.

Das Jahr 2014 war auch Thema des gleichnamigen Liedes der niederländischen Death Metal Band God Dethroned von deren im Jahr 2006 veröffentlichten Albums „The Toxic Touch“. Das hilft uns jetzt hier aber überhaupt nicht weiter. Es war das Jahr der großen Fluchtbewegungen, die durch islamistischen Terror ausgelöst wurden, das Jahr des Euromaidan und dem Beginn des Krieges zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine, die Geburtsstunde der Armee der Ottos (auch unter dem Namen PEGIDA) bekannt, das Jahr der Ebola-Epidemie im Westen Afrikas, oder auch das Jahr des Grubenunglücks von Soma. Außerdem war es das internationale Jahr der Kristallographie, und der Blattlose Widerbart wurde zur Orchidee des Jahres gekürt.

Bei der 1971 verfilmten Version von Roald Dahl’s Kinderbuch „Charlie & The Chocolate Factory“ handelt es sich wohl um einen der Lieblingsfilme von Bassist Les Claypool. Und nachdem die Pläne, ein Coveralbum von „Magic Mystery Tour“ von den Beatles aufzunehmen über den Haufen geworfen wurden, haben Primus sich also an den legendären Filmsoundtrack gewagt. Man kennt mich als Person, die keine Klassiker kennt, und da mache ich auch hier keine Ausnahme. Ich habe weder das Buch noch den Film gesehen. Auch von der 2005 veröffentlichten Tim Burton Version mit Johnny Depp als Willy Wonka habe ich nur Ausschnitte gesehen. Dementsprechend kenne ich sowohl Handlung als auch Musik nur aus Gesprächen mit Menschen, die mir wütend und genervt erklären, dass das doch ein Klassiker sei, und dass man den kennen müsse. Und natürlich kenne ich die Anspielungen an die Handlung aus diversen Folgen von Futurama, The Simpsons, Family Guy etc. Ich kann also wenig bis gar nicht Bezug auf das Original nehmen. Steinigt mich.

Wie es sich für einen Filmscore gehört, gibt es mehrere repetitive Themen und Motive sowie gesprochene Einspieler. Auf einem normalen Album hätte mich das etwas genervt, aber es handelt sich ja auch um eine Primus-Umsetzung des Soundtracks. Betrachtet man „Primus & The Chocolate Factory with the Fungi Ensemble“ auf rein musikalischer Ebene, dann begegnet man einem psychedelischen, progressiven und experimentellen Album, das sicherlich Menschen gefällt, denen Primus sonst zu derb, zu dreckig, zu kratzig sind. Insgesamt klingt mir das Album ein bisschen zu wenig nach Primus, auch wenn die Band natürlich eindeutige Spuren in ihrer Version des Soundtracks hinterlassen hat. Der starke Fokus auf Percussions, und die Unterstützung des The Fungi Ensemble, also Mike Dillon und Sam Bass, erfüllen natürlich den Zweck, einen cineastischen und faszinierenden Sound zu erzeugen. Und obwohl das alles irgendwie cool klingt und stark umgesetzt ist, vermisse ich den knackenden Bass und den schallernden Funk. Tolles Album, aber deplatziert in einer linearen Primus Diskographie.
7/10 Pfandflaschen

Anspieltipps: Candy Man, Farewell Wonkites"


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