"Kristallnacht" ist das erste Album von John Zorn, welches im Zuge der Auseinandersetzung mit seiner jüdischen Identität entstanden ist. Zorn hat diese davor Jahrelang verleugnet und schuf mit diesem Album eines der Startpunkte einer neuen Kunstbewegung: Radical Jewish Culture. Der 1953 in New York geborene Multiinstrumentalist und Jazz-Musiker hat mit "Kristallnacht" genau so ein Album geschaffen, welches mit dem Titel schon verrät worum es geht.
Ja, ihr könnt es schon vermuten: Es geht um die Shoah/den Holocaust als auch die Geschichte der Juden im Dritten Reich, vor und nach dem zweiten Weltkrieg. Insgesamt fällt es schwer, dieses Werk in eine bestimmte Musikrichtung einzuordnen. Zorn verwendet Soundcollagen. Propagandareden aus dem NS. Klezmer-Klänge. Geigenspielereien. Saxophon-Tröterismus. Und natürlich auch verzerrte Gitarren. Das verstörendste Stück hierauf, "Never Again" fällt weder in die Kategorie (Free) Jazz, noch Klezmer noch Rock. Es ist schlicht und einfach der Klang von zersplitternden Glas, unterfüttert mit Schreien und Propagandareden. Man könnte es als Harsh Noise bezeichnen - und es gab sogar eine Warnung davor, dieses Lied zu oft zu hören. Man könnte angeblich einen Hörschaden bei sich verursachen.
David Krakauer und Frank London sind für Klarinetten und Trompeten verantwortlich. John Zorn beschäftigt sich hier mit einem "Waveform Oscillator". D.h. er ist wahrscheinlich für den meisten "Lärm" verantwortlich. Ich glaube, er hat irgendwie auch bei Merzbow abgeguckt. Jedenfalls: "Kristallnacht" ist ein sehr abwechslungsreiches, abgefahrenes und vor den Kopf stoßendes Werk. Und nein, es fiel mir überhaupt nicht schwer, es zu hören. Grandios.
8/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Shtetl, Never Again, Gariin, Tzfia
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