Dienstag, 30. März 2021

So isses, Musik!#120

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von "So isses, Musik!". Und somit zur letzten Ausgabe für den Monat März 2021. Fangen wir mit den leichten Sachen an. 

Was läuft so?

Spice Girl treffen auf Slipknot. Aus "Sulfur" und "Wannabe" wird "If you wanna breathe my Sulfur". Es ist sehr gut und unfassbar catchy.


L.G. Petrov, der Sänger von Entombed, ist diesen Monat verstorben. Ich finde Entombed ziemlich ziemlich geil. Hier ist ein Video von deren Roky Erickson Cover "Night Of The Vampire".


Reek Minds - Rabid 7" (2021)

Ich habe absolut keine Ahnung wie ich auf diese 7inch gekommen bin. Wahrscheinlich hat mich irgendein Video-Vorschlag angelächelt. Eine Art Mischung von Extreme Noise Terror und Poison Idea. Finde ich gut.


HotBox - Who's The Champ (2021)

Ja, der Song ist von 2021. Nicht von 2002. Ein gottverdammter, fresher Nu Metal/Crossover Song der dieses verdammte Jahr rausgekommen ist. Ich weiß nicht wer HotBox sind aber ich prophezeie großes. Wenn Limp Bizkit schon kein neues Album rausbringen werden, gibt es wenigstens HotBox.


Urban Dance Squad - Demagogue (1995)

Feinster Crossover/Funk Metal aus dem Jahre 1995. Genuin. Echt. Großartig.


And now to something completely different:
Kanonenfieber - Menschenmühle (2021)

Black/Death Metal aus Deutschland mit der Thematik "Terror und Schrecken des Ersten Weltkrieges". Drei Daumen hoch.



50 Best Rock Albums of the 90s by loudersound.com, Teil 13

Wie gewohnt, hier der Link zu Raphis Video in welchem er diese hier besprochenen Alben ebenfalls bespricht. Das neueste Video soll in mache sein, wurde mir gesagt. Und weiter gehts:


23. Nirvana - In Utero (1993)

Drittes und letztes Studioalbum von Nirvana. Die B-Seiten/Raritätensammlung "Incesticide" nicht eingeschlossen.

Ich finds beeindruckend, wie eine Band die innerhalb kürzester Zeit hoch hinaus in den Rock Mainstream geschossen ist, auf der Spitze der Charts steht und dann so ein Album raushaut mit Songtiteln wie "Rape Me" oder solche rotzigen Punkrock Nummern wie "Tourette's". Andererseits gibt es hier noch "Dumb" und "All Apologies" die ihren Akkustik-Versionen beinahe 1:1 ähneln. Und natürlich "Heart Shaped Box", eines DER Nirvana-Songs schlechthin, bei dessen Refrain ich immer "Hey, wait, I got a new cocaine" raushöre. Dazu kommt noch "Very Ape", dass ein paar Jahre später von Prodigy für "Voodoo People" gesamplet wurde. Interessanterweise sind jetzt beide Sänger, Keith Flint und Kurt Cobain, tot.

In Großen und Ganzen ist "In Utero" ein relativ radio-unfreundliches Album. Klar, hiervon wurden auch Singles ausgekoppelt. Es ist eine Mischung von "poppigeren" Songs und ansonsten ziemlich nihilistischen angepissten Liedern. Ich mag die Tatsache, dass es ein radio-unfreundliches Album von einer zu dem Zeitpunkt radio-freundlichen Band gewesen ist. Sie wollten weg von ihrem "Nevermind"-Image, weil ihnen die Songs die sie nach oben gebracht haben wohl selbst schon zum Hals hinaus hingen. 

Nirvana waren leider kein großer Teil meiner Jugend. Sicher, ich guckte jedes Jahr die Kurt Cobain Specials auf MTV und als die selbstbetitelte Best Of rauskam, hörte ich meine selbst aufgenommene Kassette mit "You Know You're Right" rauf und runter. Umso mehr freue ich mich jetzt darüber dieses Album bzw. diese Songs für mich neu zu entdecken und sie mit einem erwachsenem Ohr zu betrachten.

9/10 Pfandflaschen

Anspieltipps: All Apologies, Heart Shaped Box, Very Ape, Tourette's

Marlyn hat zu diesem Album übrigens auch was zu sagen:

"Was für andere die Misfits, Metallica oder die Backstreet Boys waren, waren für mich Nirvana – und zwar DIE Band meiner Jugend. So ziemlich genau zehn Jahre nach dem tragischen Tod Kurt Cobains wurde ich zum Fan und In Utero zu meinem absoluten Lieblingsalbum. Warum ich mich immer noch als Nirvana-Fan bezeichne und warum ich In Utero immer noch sehr mag, erzähle ich euch kurz zusammengefasst in diesem Review.

Als Dreizehnjährige besaß ich lediglich Nevermind, das zweite und wohl bekannteste Studioalbum der besagten Band. Nachdem ich In Utero etwas später in der Stadtbibliothek fand und umgehend ausgeliehen hatte, wurde mir schnell bewusst, dass ich dieses Album lieben würde. Zwischen eingängigen Popmelodien und wütendem Gekreische, zwischen schmuckloser Direktheit und nahezu blumiger Poesie zeichnet Cobain Bilder seines Innenlebens, dem Hauptthema von In Utero und seinen Vorgängern. Im Gegensatz zu Bleach und Nevermind hat man der Band offenbar mehr künstlerische Freiheit eingeräumt. Ganz nach dem Motto: Egal, was ihr für eine Scheiße baut, es wird sowieso ganz oben in den Charts landen. Steve Albini, der weniger Wert auf seine Rolle als Produzent legt, sondern vielmehr den Sound einer Band unterstützt, war also die beste Wahl. Nirvana geizen auf In Utero nicht mit Kritik an der Musikindustrie, wenn auch eher passiv-aggressiv. „Teenage angst paid off well, now I'm bored and old“ - gleich in der ersten Zeile äußert Cobain indirekt den Wunsch, dass der Medienzikus endlich von ihm abließe. Die Ironie der Titel Serve the Servants, Milk It und Radio Friendly Unit Shifter spricht für sich. Das Riff zu Rape Me ist ganz offensichtlich abgewandelt vom allseits bekannten Smells like Teen Spirit. Und letztendlich hatten Nirvana wohl darauf gehofft, dass sie die „Moderate Rock“ hörenden Mitläufer-Fans mit dem lärmenden Sound vertreiben würden. Auch lyrisch ist das Album eher radiountauglich. Analogien anstatt konkreten Aussagen, Aneinenderreihungen von Assoziationen, Themen wie Krankheit, Suizid, diverse Körperflüssigkeiten, sexueller Missbrauch. Trotzdem ist In Utero nicht nur laut in seiner Wut und Verzweiflung. Mit dem Ohrwurm Heart-Shaped Box, dem etwas untergegangenen Dumb, Pennyroyal Tea und All Apologies finden sich vier eingängigere Songs, die es auf das Best Of und zu drei Vierteln auf die Setlist des legendären Unplugged in New York-Konzertes geschafft haben. Wie auch immer, mich hat dieses Album geprägt. Als Teenager habe ich mich durch die Musik verstanden gefühlt. Mit Cobain, dem sympathischen, depressiven Weirdo konnte ich mich besser identifizieren als mit den lebendigen Pop- und Rockstars. In Utero stand im krassen Gegensatz zu dem glattpolierten Pop der frühen 2000er, den meine Mitschülerinnen und Mitschüler hörten und der Hippiemusik meiner Eltern. So konnte ich mich auch musikalisch allseits abgrenzen. Ob das gesund war, bezweifle ich. Aber ich wusste es eben nicht besser. Heute mag ich In Utero immer noch sehr gerne. Einerseits aus nostalgischen Gründen, andererseits aufgrund der Vielschichtigkeit, die sich erst nach mehrmaligem Hören auftut. Allein die Bildsprache lässte endlose Interpretationsmöglichkeiten zu. MfG, das Nirvana-Fangirl 

10/10 Pfandflaschen"



22. Queen - Innuendo (1991)

21. Manic Street Preachers - The Holy Bible (1994)

Schon wieder kommt ein Album von einer Band, von dem ich nicht gedacht hätte dass es mir gefallen wird.



"The Holy Bible" ist das dritte Album der Manic Street Preachers und das letzte mit Richey James Edwards an der Rhythmusgitarre. Dieser ist zeitgleich Texter der Band gewesen. Seit 1994 ist er verschwunden und gilt als "vermutlich tot", da bis jetzt kein Leichnam gefunden wurde. Es ist das am schlechtesten verkaufte Album der Band. Man gibt als Grund dafür die linken und zeitweise auch "zu" metaphorischen Texte. Ich kann mir das ehrlich gesagt nicht ganz vorstellen, weil MSP bis dato schon sozialistisch gewesen sind bzw. Sympathien für die Ideen gehegt haben, was auch nicht unbekannt war. Viel eher würde ich sagen, dass die Öffentlichkeit immer noch vom Tode Kurt Cobains schockiert war und darum die ganzen Texte über Selbstverletzung, Autoaggression, Anorexie nicht grade wohlwollend aufgenommen hat. Dazu kommen noch Thematiken wie Selbstmord, die Shoah und Konsum. "Of Walking Abortion" verinnerlicht die These von Valerie Solanas, dass Männer primitive Wesen und damit quasi "laufende Abtreibungen" sind. "Archives Of Pain" handelt von Serienkillern und spricht auch die Todesstrafe an, was dazu geführt hat, dass der Song als "rechts" aufgenommen wurde.

Wie man herauslesen kann, ist "The Holy Bible" ein sehr vielfältiges und wenn nicht sogar komplexes Album. Man muss sich tatsächlich in die Texte reinlesen um sie überhaupt mitsingen zu können. Dabei ist das ganze unverkennbar Punk/Post-Punk/Glam/Wasauchimmer. Dabei habe ich irgendein Video von der Band im Kopf gehabt wo Soldaten am Strand zu sehen waren und sie eher poppig/soulig klangen. Darum war das hier eine RIESIGE Überraschung für mich. Ich habe das Album bestimmt an die 10-15 Mal gehört jetzt und kriege diverse Songs nicht aus mir raus. Bis jetzt kein Fan der Band gewesen, aber von diesem Album bin ich definitiv Fan.

8,75/10 Pfandflaschen

Anspieltipps: Revol, Faster, PCP, Of Walking Abortion

Philipp (aka Phil Th. Pig) hat übrigens auch was zu diesem Album zu sagen:

"Die Manic Street Preachers sind eine durch und durch weirde Band. Weird von der sympathischen Sorte.Eine Punkband aus der relativ schnell eine Glamrockband wurde,nur um dann zu einer Alternative-Rock- und später Britpopband zu werden, die von sich selbst behauptete gelacht zu haben, als John Lennon erschossen wurde.

Mit einem Gitarristen namens Richie, der weder live noch auf Studioaufnahmen Gitarre spielte, sondern mit Bassist Nicky Wire lediglich für das schreiben der Texte zuständig war. Mein lieber Scholli und was für Texte das waren. Politisch, introspektiv und unfassbar düster. Ein Gitarrist, der sich live in einer britischen Talkshow mit einem Rasiermesser "4real" in dem Arm schnitt als er gefragt wurde, wie ernst es ihm mit der Band sei.

Verdammt ernst sind auch die Texte dieses Albums, das letzte, an dem Richie wirklich aktiv beteiligt war. Nach Veröffentlichung des Albums verschwand Richie spurlos und die Band machte fortan als Trio weiter, immer noch verdammt gut, nicht weniger politisch aber durchaus weniger gefährlich und bissig.

Die Texte auf "The Holy Bible" zeichnen durchaus ein deutliches Bild von Richies Psyche. Völlig desillusioniert vom Musikbusiness, angekotzt von der Political Correctness des politischen Mainstreams, schwer von seiner Essstörung gezeichnet und allen voran die Behauptung, im Sommer seines Lebens sterben zu wollen. Verdammt düster und absolut großartig.

Für die Musik waren in erster Linie Gitarrist und Sänger (was für eine Stimme und was für ein großartiger Gitarrist) James Dean Bradfield und Schlagzeuger Sean Moore zuständig und machen dabei auch einen verdammt guten Job.

Musikalisch bewegt sich das ganze irgendwie zwischen der Energie des Punk, der "Laut-Leise"-Dynamik des Früh-Alternative-Rocks, der Düsternis

und Selbstzerstörung des Grunge und der Melodik des Britpop.

Anspieltipps:

Yes, Of Walking Abortion, Die in the Summertime

11/10 Pfandflaschen"



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