Bloodhound Gang Discography: Use Your Fingers (1995)
Hurra, eine neue Discography! Diesmal werde ich mit der vollkommen unbeschreiblichen, grundsätzlich sehr abgedrehten Discography der grundsätzlich sehr abgedrehten Bloodhound Gang beschäftigen.
"Use Your Fingers" ist das erste Studio-Album der Band, die damals in eine etwas anderen Konstellation existiert hat. Am (Sprech)Gesang waren hier der allseits bekannte Jimmy Pop und ein Typ namens Daddy Long Legs, der nach diesem Album ausgestiegen ist und die Horrorcore-Gruppe "Wolfpac" gegründet hat. Dazu kommen noch Lüpüs Thünder an der Gitarre, der bis 2009 mitgemacht hat, Skip O' Pot2Mus am Schlagzeug und ein DJ namens MSG. Von den beiden letztgenannten ist keiner übrig geblieben - so haben Jimmy Pop und Lüpüs Thünder für das zweite Album "One Fierce Beer Coaster" ein neues Line-Up zusammengestellt. Dieses Album hier ist wesentlich anders als die Sachen, die man sonst so von BHG kennt.
Es ist nämlich zu 90% HipHop lastig und vollgeladen mit Samples, ähnlich wie der Beastie Boys Klassiker "Paul's Boutique". Allerdings mit wesentlich bescheuerteren Lyrics über deine Mutter, besoffenes Rumknutschen oder die Liebe zu einer Person ohne Beine. Grundsätzlich schaffen es Daddy Long Legs und Jimmy Pop einfach über vollkommenen Nonsens zu rappen, Hauptsache die Reime stimmen. So reimt man in "Mama Say" folgendes:
"With my itsy bitsy teeny weenie shrunken small white peenieSo rinse spit swallow brain blank kinda hollowNot too deep leap wow oh kinda shallow
'Cause we're in your face like Ed Gein
Purple rain purple rain"
Anderswo (in "We Are The Knuckleheads") heißt es "My mom's got opposable thumbsYour mom's Weezie Jefferson". Das nenne ich mal einen kreativen Diss. Dieses Album lebt von dieser Wortakrobatik und zahlreichen Anspielungen auf die Popkultur der 80er Jahre: Michael Jackson, Kajagoogoo, Duran Duran, Blondie und nicht zu vergessen Kim Wilde. BHG covern hier nämlich "Kids In America" mit Robert Vitale von der Hardcore Band Black Train Jack am Gesang. Dieser ist nicht unbekannt und evtl. sagt euch der Name "Nine Lives" was. Tatsächlich waren Bloodhound Gang solch große Fans von Black Train Jack dass sie ihn um diesen Beitrag gebeten haben.
Meiner Meinung nach ist das hier BHG auf Steroiden, wenn sowas überhaupt existieren kann. Durch die schnelle Wiedergabe der Lyrics und das pausenlose Zitieren von Popkultur kommt es mir vor wie Family Guy in musikalischer Form. In anderen Worten: Wahnsinn.
8/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Legend In My Sparetime, Kids In America, Mama Say, She Ain't Got No Legs
Primus Discography:Pork Soda (1992)
Okay, mit diesem Album hatte ich tatsächlich zuerst etwas Schwierigkeiten gehabt. Das dritte Album von Primus, Pork Soda, verfügt nicht nur über ein sehr hässliches Artwork sondern auch über einen meines erachtens sehr groovigen
, jedoch auf den ersten Blick nicht wirklich zugänglichen Sound. Der Raum wird erfüllt mit diesem kosmischen Bass, dieser komischen verzerrten Gitarre und diese merkwürdigen Schlagzeugmustern. Doch irgendwann ergibt das alles Sinn. Vor allem in Verbindung mit den Lyrics, die auf den ersten Blick irgendwie komisch erscheinen, weil man sie nicht wirklich versteht. Als Beispiel nehme ich zwei Songs: "Bob" und "My Name Is Mud". Im zweiteren Song geht es um jemanden der jemand anderes umgebracht hat, und zwar indem er ihn mit dem Baseballschläger den Kopf zertrümmerte. Die Person, die das getan hat scheint absolut nicht psychisch stabil zu sein. Währenddessen wird in "Bob" unter anderem Selbstmord besungen. "I had a friend who took a belt, took a belt and hung himself, hung himself in the doorway of the apartment where he lived". Die Texte erscheinen allerdings nur komisch weil Les Claypool auf diese eigentümliche, vermeintlich lustige Weise rüberbringt. Dabei kriegt man den Eindruck, das hier wäre "oh so weird" und so "komisch" und "lustig". Vielleicht ist es allerdings ein Vehikel um die eigenen morbiden Gedanken als auch fürchterliche Erfahrungen zu verarbeiten.
Ich jedenfalls habe einige Anläufe gebraucht um das Album richtig zu verstehen. Als ich aber angekommen, bin ich angekommen. Es hat wenig mit irgendwelchen "Alternative Rock" oder "Crossover" zu tun. Psychedelic Polka bleibt das Schlagwort. Großartige, pulsierende, weirde, Psychedelic Polka. Ohja und dieser Bass. Dieser Bass!
8,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Bob, My Name Is Mud, DMV, Hamburger Train
Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt...
Philipp:
"Ich hatte ja beim letzten Mal schon irgendwie umrissen, wie schwierig ich es finde, über Primus zu schreiben. Es wird nicht einfacher. Pork Soda ist irgendwie textlich und musikalisch viel düsterer als noch "Sailing On The Seas Of Cheese", müsste man Triggerwarnungen aussprechen, wären da solche Sachen wie "TW: Suizid, Mord, Kraftfahrzeugzulassungsbehörden" dabei, also teilweise recht harter Tobak. Es ist schon beachtlich, wie schnell und wie sehr sich Primus in dieser Besetzung gefunden haben, der Stil ist absolut unverkennbar. Tatsächlich ist es aber andererseits nicht wie bei den Ramones, Motörhead oder AC/DC (Pfui Deivel), dass dasselbe Album immer wieder wiederholt wird, sondern es geht durchaus abwechslungsreich zur Sache, allein Mr. Krinkle stellt durch den Einsatz eines (gestrichen, nicht geslappt gespielten) Kontrabasses eine musikalische Anomalie im bisherigen Primus-Mikrokosmos dar (das "Seas Of Cheese"-Intro ignoriere ich hierbei aus dramaturgischen Gründen) und die Palette reicht weiterhin von Polka über Jazz bis hin zu Thrash Metal. Am Ende des Albums hat man irgendwie den Eindruck, man hätte einen ziemlich düsteren, psychedelischen Comic mit komplett abseitigem Humor gelesen, die Musikvideos zu "Mr. Krinkle" und "My Name Is Mud" (die beide sehr großartig sind) tun dabei natürlich ihr übriges.
Ein absolut verstörendes, verqueres aber trotzdem eingängiges und großartiges Album. Primus waren hier so ziemlich auf ihrem Zenit. Dazu später jedoch mehr.
9/10 Pfandflaschen
Anspieltipps:
Bob, Mr. Krinkle, Hamburger Train"
Raphael:
"Wikipedia weist mich darauf hin, „Pork Soda“
nicht mit „Bacon Soda“ zu verwechseln. Vielen Dank dafür!
Erfrischungsgetränke mit Speckgeschmack sind sicherlich ein
wichtiger Teil unserer westlichen Kultur. Der Name des Albums bezieht
sich auf den Sound von Primus, der wie eine fleischige Limonade von
einigen Menschen hochgeschätzt wird, aber niemals massentauglich
sein wird. Ironischerweise war „Pork Soda“ eins der
erfolgreichsten Alben der Band, und wurde sogar als eines der
merkwürdigsten Alben tituliert, die es jemals in die Top 10
geschafft haben.
„Pork
Soda“ wurde am internationalen Puff-Puff-Pass-It Tag im Jahr 1993
bei Interscope und Les Claypools Label Prawn Song veröffentlicht. Im
selben Jahr fanden in der Russischen Föderation erstmals freie
Wahlen statt, in der Bundesrepublik Deutschland wurden fünfstellige
Postleitzahlen eingeführt, und der Speierling wurde zum Baum des
Jahres gekürt.
Primus
waren fast zwei Jahre lang ununterbrochen auf Tour, bis sie sich Ende
1992 im kalifornischen San Rafael an die Aufnahmen zu „Pork Soda“
machten. Einerseits soll die lange Phase der Rastlosigkeit Grund für
die deutlich dunklere Thematik auf dem Album gewesen sein,
andererseits hat Les Claypool im Nachhinein erklärt, es seien
grundsätzlich sehr gute Zeiten für alle Beteiligten gewesen.
Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass „Pork Soda“
textlich wie musikalisch einen düsteren Anstrich vorzuweisen hat,
der auf den vorigen Alben nicht zu finden ist. Dazu zählt auch die
Reflektion über die blutige Geschichte des weißen Nordamerikas,
welche auf Vertreibung, Genozid, und Massakern wie dem von Wounded
Knee aufgebaut sind.
Nichtsdestotrotz
waren Primus immer noch Primus, und darum sind die durchaus ernsten
Themen hintern Sarkasmus, Zynismus, und massivem Funk Metal
versteckt. Der Sound ist unheilvoller, experimenteller, und etwas
feiner geworden. Auch die Wahl der Instrumente wurde stark erweitert:
neben Marimba und Mandoline kam auch eine Fahrradklingel zum Einsatz.
Primus beweisen hier festen Stand bei ihrem Balance-Akt zwischen
Genie und Wahnsinn, und haben mit „Pork Soda“ ihr bis dato
stärkstes Album veröffentlicht. 8/10
Pfandflaschen
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