Wieder einmal grabe ich hier eine schriftliche Version einer weiteren Podcast-Folge von "Movie Punx" aus. Diesmal von November 2024. Thema sind zwei Filme von deutschen Underground-Regisseur Jörg Buttgereit. Als ich am 20.11.2024 "Nekromantik" gesehen habe, habe ich übrigens unfassbar leckeren ukrainischen Borsch' gekocht. Kein Scheiß.
Nekromantik (1987)
Okay.
Daktari Lorenz (der übrigens auch die Musik komponiert hat) spielt einen jungen Mann namens Robert Schmadtke. Dieser arbeitet bei "Joe's Säuberungs Aktion" (kurz: JSA), einer Firma die Tatorte bzw. Todesorte reinigt. Das passt Robert tatsächlich sehr gut in den Kram. Er ist nämlich nekrophil und bringt gerne seine Arbeit mit nach Hause. Das heißt, dass in seiner kleinen Wohnung mehrere Einmachgläser mit eingelegten menschlichen Organen stehen. Seine Freundin Betty (Beatrice Manowski) teilt seinen Fetisch. Als Robert eines Tages eine ganze Leiche (ein Mann der von einem Hobbyjäger während des Äpfelpflückens in einem Schrebergarten erschossen wurde) mit nach Hause bringt, ist Betty ganz aus dem Häuschen. So fangen die beiden eine Art Dreierbeziehung mit der Leiche und haben Sex mit ihr. Robert ist allerdings kein besonders zuverlässiger, pünktlicher oder saubererMitarbeiter. Also wird er entlassen, was Betty unfassbar enttäuscht. Also verlässt sie ihn und nimmt die Leiche mit. Von nun an versucht Robert die Lücke in seinem Leben mit Gewalt und Sex zu füllen doch es klappt leider nicht so gut.
Okay.
Ich habe schon viel über diesen Film gehört und ab und an mal irgendwelche Patches auf Kutten von Metalheads oder Horrorpunks gesehen. Irgendwie war/ist er kult. Aber ich habe mich irgendwie immer dagegen gesträubt, ihn zu sehen. Ich weiß nicht warum. Wahrscheinlich weil ich ihn in derselben Ecke wie den "Serben" gesehen habe (den ich unfassbar widerlich fand). Tatsächlich ist er, bis auf die Szene der Schlachtung eines Hasen, gar nicht mal so schlimm. Nagut. Er zeigt die absolutesten Abgründe der menschlichen Psyche. Es ist eine Art Studie über das Verhalten eines Abhängigen, der nach immer mehr Endorphinen lechzt und am Ende keine Droge (hier ist die Droge der Tod) nicht so wirklich wirken möchte. Oder um es mit einer anderen Sucht zu vergleichen: Ein Pornokonsument kriegt seine größten Endorphinschuß weggenommen und versucht es nun zu kompensieren. Da hilft kein Sex auf den Friedhof, oder der Besuch eines Splatterfilms und nicht mal Mord. Nix. Ey, ich will hier nichts spoilern, ja? Jedenfalls: Sehr interessante Charakterstudie. Die Splattereffekte sind gar nicht mal so eklig, sondern tatsächlich super gut gemacht. Obwohl ich die Szene mit der Schlachtung des Hasen absolut nicht gut heißen kann (der Hase wurde nicht extra für den Film umgebracht sondern es wurde einfach gefilmt), ist sie an sich eine gute Metapher für den Endorphinausschuß des Protagonisten. Aber dafür müsst ihr das selbst gesehen haben. "Nekromantik" ist nicht gruselig sondern größtenteils ziemlich eklig. Aber das ist schon okay, denn der Soundtrack ist bombe. Trotzdem würde ich den Film so schnell nicht noch einmal sehen wollen. Jetzt ist die Frage was ich für ne Bewertung geben soll. Hmm.. I don't know. So komplett angewidert bin ich nicht. Mein Lieblingsfilm wird es auch nicht, auch wenn ich manchmal lachen musste. Deshalb:
6/10 Pfandflaschen
Trailer:
Der Todesking (1990)
Während "Nekromantik" Pinkys Wahl war, ist das hier meine Wahl.
Ein Episodenfilm von Jörg Buttgereit aus dem Jahre 1990, aufgeteilt in sieben verschiedene Geschichten die an den sieben Wochentagen stattfinden. Ich werde nicht jede einzeln durchkauen, weil es zu viel spoilern würde. Was diese verschiedenen Stories vereint, ist der Tod. Sei es durch Selbstmord oder durch Mord. Die ersten beiden Stories sind auf einer Art Meta-Ebene miteinander verbunden. So begeht am Montag ein Fischliebhaber namens Barsch (Hermann Kopp) in seiner Wohnung Suizid nachdem er seinen Job gekündigt und seinen letzten Urlaub genommen hat. Darüber berichtet er seinen Nachbarn in einen Brief, der diesen erst beim Besuch einer Videothek aufmacht und so von dessen Tod erfährt. Der junge Mann leiht sich "Vera, Todesengel der Gestapo" aus, einen Nazisploitation-Film, den er sich zuhause ansieht. Als seine Freundin auftaucht und genervt darüber ist, dass er immer nochzuhause ist, anstatt auf einem Geburtstag zu sein, bringt er sich mit einer Pistole um. Die Blutspritzer an der Wand rahmt er ein. Es stellt sich heraus, dass die Handlung selbst teil eines fiktiven Films im Film ist, den sich jemand in einer anderen Wohnung angeguckt hat, bevor er/sie Selbstmord begangen hat. Die üblichen Episoden haben damit nichts mehr zu tun. So geht es um einen Mann der seine Frau nach einem gemeinsamen Hochzeitstag umgebracht hat. Um die Mangfallbrücke in Bayern, von welcher besonders viele Menschen in den Tod gesprungen sind. In den übrigen drei Tagen thematisiert der Film: eine Frau die auf einen Kettenbrief, der zum Selbstmord animiert erhält, reagiert. Eine Frau die sich thematisch mit Amokläufen beschäftigt und einen jungen Mann der von Schmerzen und Ängsten so gepeinigt ist, dass er sich umbringt.
Während "Nekromantik" noch sowas wie eine, aus meiner Sicht, Abhandlung über eine Endorphinsucht, die mit immer derberen Methoden befriedigt wird, ist "Der Todesking" eine Art Überblick über verschiedene Arten des Todes und des Selbstmordes. Dabei ist der Film meines Erachtens nicht voyeuristisch oder irgendwie "notgeil" auf den Tod oder darauf aus irgendwelche derben Bilder zu liefern. Es ist aus einer rein neutralen Sicht einfach unfassbar traurig anzusehen, wie sich Menschen aus welchem Grund auch immer das Leben nehmen. Vor allem wenn man den Grund nicht mal wirklich versteht. So bleiben die ersten zwei Episoden durchaus undurchsichtig und geheimnisvoll, wobei auch ein gewisser Trash-Faktor besteht. Damit meine ich den Film im Film (im Film?) "Vera, Todesengel der Gestapo", der eine offensichtliche Anspielung auf "Ilsa, She-Wolf of the SS" ist. Meiner Meinung eine sehr kunstvolle Umsetzung der Auseinandersetzung mit dem Todestrieb des Menschen. Als Untermalung werden zwischen den Episoden Aufnahmen einer künstlichen sich zersetzenden Leiche gezeigt. Der Soundtrack ist mal wieder, wie bei "Nekromantik" auch, phänomenal. Der Titelsong wurde von 1-2 Black Metal Bands gecovert. Insgesamt bin ich wirklich sehr zufrieden und froh darüber, ihn gesehen zu haben.
8/10 Pfandflaschen
Trailer:
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