Viertes Album von Incubus, aufgenommen in einem Monat des Jahres 2001 im sonnigen Malibu, Kalifornien. In der Nähe der Straße Morning View Drive, darum auch der Albumtitel. Letztes Album in der Konstellation Boyd (voc), Einziger (guit), Kilmore (DJ), Lance (b) und Pasillas (dr). Dirk Lance verließ die Band im Jahre 2003.
Der Titel "Morning View" kommt von der ebenso genannten Straße, die einen Blick auf den Strand und den Ozean bietete. Die Band war durchaus davon verwöhnt und Sänger Brandon Boyd hatte einen "creative Boner", was das Songschreiben betrifft. Das hört man definitiv, weil das Album sich wesentlich ruhiger und entspannter als "Make Yourself" als auch die beiden Vorgänger davon anhört. Man war schon auf "Make Yourself" weit entfernt von funkigen Crossover-Sound, doch hier geht es immer weiter Richtung "Alternative Rock". Boyd rappt nicht mehr und setzt stattdessen seine immer weiter ausgereiftere melodische Stimme ein. Trotzdem gibt es hier relativ "schwere" Elemente, wie beispielsweise in "Circles", allerdings überwiegt ein sehr entspannter, experimentell und melodischer Sound. Zwei besten Beispiele dafür sind die Single "Are You In?" als auch der letzte Track "Aqueous Transmission", der mit Froschquacken und mit dem traditionellen chinesischen Instrument Pipa (gespielt von Gitarrist Mike Einziger) gefüttert ist. Die japanische Multiinstrumentalistin Suzie Katayama dirigierte hierfür sogar ein kleines Orchester.
Insgesamt klingt "Morning View" als wäre es aus der Sicht von jemanden geschrieben, der grade eine Phase in seinem Leben hat, in welcher all der Stress weg fällt und man anfängt durch die dunklen Wolken und all die Probleme hindurch zu sehen. Es ist ein Moment, als der dunkle Horizont anfängt sich mit freundlichen, warmen Licht zu füllen und man mit seinen Freunden auf einen Surf/Beach-Trip ist und alles ist wunderbar. Aber nicht aufgesetzt wunderbar und künstlich sondern tatsächlich echt. Man fühlt sich endlich wohl in seiner Haut und hat all den Problemen "Adieu" gesagt. Schönes Ding, echt.
8/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Nice To Know You, Are You In?, Whish You Were Here, Aqueous Transmission, Have You Ever
Kid Rock Discography:Devil Without A Cause (1998)
Viertes Album von Kid Rock und endlich das Album, mit welchem er ganz oben in den Charts gelandet ist. Aber kein Major Debüt, weil sein Debütalbum ja schließlich auf Jive Records erschienen ist.
"Devil Without A Cause" bietet den Zuhörern einen weiteren, neuen Sound der bis dato nur ansatzweise auf dem Vorgänger "Early Mornin' Stoned Pimp" zu hören war. Diesmal haben wir es mit einem Country Rap Rock Album zu tun, das gekonnt nicht nur die beiden Genres (Country und Rock) sondern auch Blues, Soul und Old School Rap miteinander vermischt bzw. ihnen Tribut zollt. Es geht los mit der ersten Single "Bawitdaba" (ich hab bis heute keine Ahnung, was das heißen soll). Ein wahrhaftiger Rap Rock Banger, der irgendwie genau das ist, was Limp Bizkit später mit "Rollin'" gemacht haben. In etwa eine Ansage an alle Hörer und Hörerinnen im Pit und selbstverständlich auch eine Selbstglorifizierung, ohne die es einfach nicht geht. "Cowboy" ist eine Country Rap Nummer, in welcher es darum geht, dass Kid Rock gen Westen zieht um ein Cowboy zu werden. Mit "I Am The Bullgod" haben wir hier sogar sowas wie einen Stoner Rock Song (mit Rap). In "Welcome 2 The Party" zollt KR sogar Tribut an Melle Mell und und irgendwie auch an LL Cool J. Darin sind nämlich zwei Rapstyles vertreten, die durchaus an die beiden Meister des Fachs erinnern. "Wasting Time" interpoliert den Song "Second Hand News" von Fleetwood Mac und ist mit das beste was dieses Album bieten kann. So gar nicht ausstehen kann ich hingegen "Only God Knows Why", das fürchterliches Country mit Autotune bietet. "Fuck Off" mit einem vollkommen zugekoksten Eminem als Gastfeature geht aber irgendwie grade so klar.
Fest steht: Hier gibt es ein paar wenige Tiefen, aber insgesamt geht das Album musikalisch durchaus mehr als klar. Es ist ein gigantischer Bastard aus Metal-Sound (von der Twisted Brown Trucker Band), Rap über seine Genitalien und sexuelle Eskapaden und übergroßes Ego und...Country. Ich muss sagen, dass ich mehr als überrascht bin, wie gut Kid Rock tatsächlich singen kann. In "Cowboy" singt er einmal den Refrain anstelle von Backgroundsängerin Misty Love und es gelingt ihn wirklich gut. Außerdem ist das erste Mal Hype Man Joe C. zu hören, dessen Stimme einem 9-jährigen sehr ähnelt und alles dadurch noch kontroverser macht. Ein wirklich verdammt gutes, wenn auch stellenweise wirklich sehr stumpfes, monströses und bombastisches Rock-Album.
8,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Bawitdaba, I Am The Bullgod, Wasting Time
Ministry Discography:Hopiumforthemasses (2024)
Mittlerweile sechzehntes Album von Ministry. Und ich kann immer noch nicht die Finger von deren Discography lassen. Soll heißen, dass ich immer noch irgendeinen Gefallen daran finde.
"Hopiumforthemasses" ist nach zweiten Durchhören mindestens genauso gut wie der Vorgänger "Moral Hygiene" und zehn tausend Mal besser als das unsägliche "AmeriKKKant", welches davor erschienen ist. Ich ziehe meinen Hut vor Al Jourgensen, der im ersten Song "B.D.E." (das steht für Big Dick Energy) Misogynie thematisiert und Männerrechtler/Incels/Alt-Righter verurteilt. "Goddamn White Trash" geht in eine ähnliche Richtung, thematisiert jedenfalls "nur" den US-Amerikanischen
Konservativismus. Ähnlich wie in "Alert Level" auf "Moral Hygiene" geht es hier in "Just Stop Oil" um Umweltaktivismus und Klimaerwärung. Auf "Aryan Embarassment", welches sich mit Neo-Nazis als auch ihren Versuch die Punkszene zu infiltieren auseinandersetzt, darf Jello Biafra am Lead-Gesang nicht fehlen - wie auch schon auf dem Vorgängeralbum. "TV Song (1/6 Edition)" ist eine Tradition der Band. Es gibt mehrere Songs, die einen ähnlichen Titel haben und die allesamt Fernsehberichterstattung zum Thema haben. Hier geht es um die Stürmung des Capitols durch Trump-Anhänger. "New Religion" ist ein dystopischer Song über das Verhältnis von Menschen zu Mega-Korporationen. In "It's Not Pretty" geht es tatsächlich um das nahende Ende der Welt und unsere Beziehung dazu. Auf "Cult of Suffering" singt Eugene Hütz von Gogol Bordello, unterstützt von Background-Sängerinnen. Diesmal geht es um einen tyrannischen Diktator der ein gewisses Land im Februar des Jahres 2022 überfallen hatte. Glatze, nicht gerade groß, ausgestattet mit einem Koffer worin sich Kotproben befinden. Das Schlußlicht bildet ein Cover von Electro-Pionier Fad Gadget: "Ricky's Hand". Ministry haben es zuvor oft live gecovert und nun ist es offiziell ein Teil eines Studioalbums. Danke dafür, denn ich habe auf dadurch einen mir bis dato unbekannten, großartigen Künstler gefunden.
Alles in allem wirkt "Hopiumforthemasses" wie ein Nostalgie-Trip, der jedoch neue Inhalte aufweisen kann. Es gibt mehrererere Samples aus dem US-Amerikanischen Fernsehen zu hören. Monotone, oft wiederholte Refrains die aus einzelnen Worten bestehen. Quasi ein Versuch, ein wenig wie früher zu klingen und nicht komplett wie 08/15 Industrial Metal. Und ohne Turntable Scratches. Meiner Meinung nach ein durchaus hörbares, angenehmes Album, welches jedoch ein paar furchtbar nervige Elemente aufweist (was zur Hölle ist das? Vogelquietschen?). Beim ersten Hören hatte ich Probleme damit, und war ziemlich schnell genervt. Doch irgendwann funktioniert das Album (beinahe) einwandfrei. Sicher, es ist nicht das beste aber für Ministry-Verhältnisse doch ganz gut.
7/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Ricky's Hand, BDE, Cult of Suffering
Slime Discography:3!+7^1 (2025)
Ich bin an der Stelle ganz ehrlich: Dass Slime dieses Jahr ein neues Album rausgebracht haben, hatte ich absolut nicht mehr auf dem Schirm. Zum Glück haben Philipp und Raphi mich daran erinnert und vorgeschlagen, ein gemeinsames Review zu machen. Und ehrlich gesagt, kann ich jetzt behaupten dass ihre beiden Reviews besser sind als meins.
Um hier noch mal ein Review-Klischee zu bedienen: Slime machen da weiter, wo sie mit "Zwei" aufgehört haben. Der inzwischen (nicht mehr ganz so) neue Sänger Tex Braxet ist weiterhin für die Songtexte verantwortlich. Diesen Job macht er verdammt gut, muss ich sagen. "Irgendwas mit Saufen" ist eines der besten Beispiele dafür. Ein ironischer Song, der all diese peinlichen Saufsongs aufs Korn nimmt. Und nicht nur deren Inhalte (Dorfjugend, Froindschaft) sondern auch deren Aufbau. So heißt es darin "Erst kommen die OOoooooooHhhhs und dann irgendwas mit Saufen!". Fantastisch. Man thematisiert all das, was heutzutage so aktuell ist: Geltungsdrang in den sozialen Medien ("Wer du bist",
"Self Delete"). Der Niedergang der Menschheit ("Evolution"). Doch es gibt auch durchaus positive Songs, wie schon auf dem Vorgänger. "Bock auf Leben" und "Rotterdamn" sind diese typischen Deutschrock-Songs die das Leben bejahen und den Zuhörer bzw. das lyrische "Du" aufrufen "die Grenzen zu sprengen", "aufzubrechen" und äh "scheiß auf die ander'n".
Ich bin wirklich zwiegespalten. Einerseits funktioniert das Album sehr gut. Tex hat eine verdammt gute Stimme. Größtenteils sind die Texte auch gar nicht peinlich. Auch der Rest der Band (haha ich erwähne hier niemanden haha) macht einen richtig guten Job - musikalisch gesehen. Wieder: Kaum peinliche klischeehafte Elemente. Andererseits ist alles irgendwie so gekonnt/gewollt...typisch. Songs über die Gesellschaft, persönliches Befinden usw. usf. In einigen Momenten nervt mich dieser Semi-Sprechgesang. Ich glaube, dass man das ein "Guilty Pleasure" nennen kann oder auch nicht. Ein tatsächlich super solides Werk, dass jedoch ungewollt/gewollt in die Klischee-Kiste greift ohne jedoch sich zu sehr darin zu suhlen. Irgendwie gefällt mir das. Ich bin mir aber absolut nicht sicher, ob ich mir Slime noch mal live angucken würde.
Anspieltipps: Evolution, Euch will ich sehen, Wer du bist, Irgendwas mit Saufen
6,75/10 Pfandflaschen
Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt...
Philipp:
"Auf die Gefahr hin, dass Tex Brasket bald mit Akustikgitarre vor meinem Schlafzimmerfenster steht und mir den kompletten Text von "Nix von Punkrock" entgegenschmettert, hier meine 2 Pfennig zum neuen Slime-Album 3! + 7^1:
Nun - Menschen, die in der Schule nicht aufgepasst haben, mögen den Albumtitel etwas kryptisch finden, dabei ist es eine recht einfache Rechenaufgabe, bei der letztendlich 13 rauskommt. Die 3 im Titel ergibt Sinn, trug das letzte Album passend zum Neuanfang und zum Cover den Titel "Zwei", die 13 ebenso, das Album hat 13 Titel und zählt man "Die Letzten" und beide Live-Alben mit ist es tatsächlich auch das dreizehnte Album der Band.
Warum man es nicht einfach 3 (+10) genannt hat, verstehe ich leider nicht aber das ist wohl auch egal 😀
Genug des Vorgeplänkels:
Musikalisch wird hier eine recht stringente Fortsetzung des letzten Albums geboten, die Band ist so tight und versiert wie eh und je, etwas vielseitiger (Drumcomputer in Evolution, wieder etwas unaufdringlicher Reggae in der "Heute Nicht"-Fortsetzung "Bock Auf Leben") aber auch etwas weniger Akustikgitarren/Folk-Einfluss.
Textlich finde ich das in Ansätzen sehr gut, es wird jedoch in jedem Song irgendein übelster Kalauer oder ein seltsamer Ficki-Ficki-Spruch von Tex Asmussen verwurstet ("Leckt uns X-fach auf Twitter", "Wir spielen aneinander rum und ihr spielt Alle Gegen Alle", "Wir haben unsere Mutter vergewaltigt, haben sie so richtig durchgefickt" usw., die Liste ist endlos). Vermutlich soll das den teilweise echt harten Tobak der Texte etwas auflockern, für mich persönlich zerstört das die Atmosphäre der Texte aber naja - propably a Me-problem.
Thematisch geht es um apokalyptische Visionen (Evolution, Euch Will Ich Sehen), den zunehmenden digitalen Egozentrismus der Menschen (Was glaubst du, Self Delete), Internationalen Rechtsruck (Monster), aber auch belanglose Szene-Frotzelei (Irgendwas mit Saufen).
Alles in allem eine solide Fortsetzung des letzten Albums mit einer guten Schippe mehr Humor, der es für mich qualitativ leider ein gutes Stück herunter gezogen hat. Muss wohl diese Humorlosigkeit sein, über die sich Tex gerade erst im Ox-Interview beschwert hat.
7^1/10 Pfandflaschen
Anspieltipps:
Evolution, Bock Auf Leben, Schatten"
Raphi:
"Die Slime Diskografie ist und bleibt ein
Wechselbad der Gefühle, eine Achterbahnfahrt zwischen höchster
Freude und tiefer Scham. Fast ein halbes Jahrhundert nach der
Gründung erscheint nun anno 2025 das zweite Album mit Tex Brasket am
Gesang. Zählt man die Livealben von 1984 (Pankehallen) und 1995
(Live Punk Club) sowie die 2020 veröffentlichte Compilation mit
Chaos Z, VKJ und B-Test Army dazu, ist der vorliegende Langspieler
das dreizehnte Album. Sicherlich kommt auch durch andere Tricks auf
die Zahl 13. Letzten Endes ist das nämlich nicht nur die Anzahl der
Titel, sondern auch die Lösung des Terms im Albumtitel. Mein Gedanke
dazu? Mich nervt der Titel; und ich kann nicht mal richtig erklären
warum.
Nun
denn, wir hören also die Aufnahmen von Elf, Nici, Alex Schwers,
Christian Mevs, und Tex Brasket. An den Gesang von Tex und die
kleinen Änderungen im Slime Sound, die er bewirkt hat, habe ich mich
inzwischen sehr gut gewöhnt. Dementsprechend bin ich mit großen
Erfahrungen eingestiegen, als ich das neue Album zum ersten Mal
angehört habe. Und da sind wir schon wieder in der erwähnten Berg-
und Talbahn. Nach einem anfänglichen Zusammenspiel aus Ernüchterung
und positiver Überraschung pendelte sich meine Stimmung in einem
fragilen Mittel ein.
13
wirkt auf mich wie viel zu schnell zu Ende gebracht und
veröffentlicht. Einen roten Faden, musikalische oder inhaltliche
Kohärenz, ausgereifte Ideen oder vollendete Stücke sucht man hier
nahezu vergeblich. Doch genau, wenn man einmal diese Stimmung
angenommen hat, steckt das Album plötzlich wieder voller schöner
Überraschungen. Slime platzieren also einen niedrigen Standard und
sehen stellenweise unfassbar athletisch aus, wenn sie ihn im Sprung
übertreffen. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass die Band auch
in der Lage wäre, ein wirklich gutes Album zu produzieren, wenn sie
sich die Zeit dazu nähme. Und schon wieder schickt diese innere
Zerrissenheit meine Einschätzung in die Richtung, dass 13 ein
ziemlich mittelmäßiges Release ist.
Irgendwo
zwischen Highlights und Langeweile bleiben Slime weit hinter den
Erwartungen zurück. Beim Hören habe ich oft zwischen Bewertungen
von 3 bis 7 Pfandflaschen hin- und hergeschwankt. Am Ende landet das
Pendel in der Mitte: 13 ist reflektiert, 13 ist modern, 13 ist
gefühlvoll und wütend. Und mit einem Jahr mehr Zeit, einem
ordentlichen Feinschliff, und vielleicht einer minimal geänderten
Tracklist hätte 13 ein richtiger Knaller werden können.
5/10
Pfandflaschen
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