Marlyn und ich hatten seit ein paar Monaten unseren ersten gemeinsamen Auslands-Urlaub geplant. Ich war außerdem seit 2017 nicht in Polen und wollte dringend hin. Allerdings habe ich bei der Ticket-Reservierung geschlafen und so kamen wir Montag Abend an und reisten Donnerstag relativ früh zurück. Effektiv gesehen waren wir dort nur zwei Tage. Aber es hat sich definitiv gelohnt.
Ich habe schon lange keine Reiseberichte mehr geschrieben, darum bin ich etwas aus der Übung. Das allerwichtigste zuerst: die drei veganen Imbissbuden/Restaurants die wir besucht haben heißen "Krowarzywa" (ein Wortspiel aus "Kuh" und "Gemüse" was "lebendige Kuh" ergibt) (Döner, Pommes und Burger), "Vebab" (ähnlich) und "Fala". Letzteres war viel eher ein vegan-freundliches Restaurant mit orientalischen und asiatischen Optionen. Ich war jedes Mal höllisch zufrieden. Dachte zuerst, dass ich nach zwei Tagen Fast Food satt haben werde, aber nix da. Könnte immer so sein. Vebab und Krowarzywa sind tatsächlich auch Ketten, wirken aber sehr self-made. Das ist auch ein Marketingkonzept. Erinnert mich sehr an die beiden veganen Imbisse aus Berlin, die teils nicht mehr existieren - "Vego's" und "Yoyo's". Selbstgemachte Mayo, luftgebratene Pommes, insgesamt eher wenig Kalorien und tatsächlich halbwegs gesund. Beyond Meat und Fleischersatz aus Erbseneiweiß ist noch gar kein Thema in Polen. Habe bis jetzt ein Mal ein Beyond Burger im Menü gesehen. Ansonsten setzt man auf Seitan oder Tempeh.
Es war auch schön und bereichernd historische Sehenswürdigkeiten zu besichtigten. Wir waren auf der Festung Wawel und haben auch natürlich den benzin-feuer-spuckenden Drachen gesehen. Selbstverständlich auch das ehemalig jüdische Viertel Kazimierz mit all den kleinen Künstlerbuden, Kneipen, Bars. Oskar Schindlers Emailienfabrik bzw. das Museum der Besatzung Krakaus. Die ungewöhnlichste Sehenswürdigkeit war die Ausstellung Cricoteka, die den Werken des Theaterregisseurs Tadeusz Kantor gewidmet war. Es wurde auch eine Aufnahme von eines seiner Stücke auf die Leinwand geworfen. Dabei war der Regisseur selbst auf der Bühne und hat den Künstlern Anweisungen gegeben. Es war aber keine Generalprobe oder so, sondern das Stück an sich. Sprich, die Anweisungen bzw. seine Anwesenheit waren Teil des Stücks selbst. Unfassbar ungewohnt, aber irgendwie faszinierend.
Mindestens genauso wichtig wenn nicht sogar noch wichtiger, war dass wir auf einen kleinen Teil meiner Familie trafen, die ich schon ewig nicht gesehen hab. Meinen Vater seit 2017 als auch meinen Onkel und meine Halbschwester seit über 20 Jahren. Es mag sein, dass die Situation für einige Beteiligte etwas merkwürdig erschienen ist, allerdings hatten wir unfassbar viel Spaß miteinander. Es gab super viel zu erzählen und man tauscchte sich über allerlei Sachen aus. Ich habe auch das erste Mal seit 2020 irgendwas alkoholisches getrunken. Ich war froh, dass ich es geradeaus zur Toilette geschafft hab.
Kurz nach der Ankunft in Dortmund ergriff mich leider eine Art Fernweh und das dringende Bedürfnis wieder zurück zu reisen. Ich bin mir allerdings sicher, dass bis zum nächsten Mal keine 20 Jahre vergehen werden.
BOCHUM TOTAL am 09.07.2022
Das erste Mal Bochum Total für mich. Das erste Mal auf einem großen, städtischen Festival im Ruhrgebiet, das erste Mal größeres Festival nach der Pandemie.
Eigentlich hat mich nur eine Band interessiert, die ich am liebsten schon vor 12-13 Jahren gesehen hätte, nachdem ich sie im Horrorpunk-Forum entdeckt hab. Ihr Album "A Night At The Grand Guignol" fand ich einfach faszinierend und tatsächlich sehr hervorstechend aus der Masse an Horrorpunk/Psychobilly-Musik. Ich rede von "Bloodsucking Zombies From Outer Space" aus Wien. Bis auf die komischen Cover von "Take On Me", die sie sich hätten sparen können, kann ich mich absolut nicht über den Auftritt beschweren. Sehr energiegeladen, publikumsfreundlich und naja, kick-ass halt. Hat mich sehr gefreut.
Danach waren Any Given Day dran und ich glaube ich habe schon lange nicht mehr solche Klischees gehört. "Don't give up, be yourself, no matter what they saaaaaay" usw. usf. Außerdem Sound, der klar von Nu Metal Vorbildern abgekupfert ist. Ich frage mich, wieso in der aktuellen Metalcore-Szene, das inzwischen gang und gebe geworden ist. Aber okay. Nicht mein Ding. Das Publikum war eher durchwachsen. Viel Rüdigers, Party-Atzen und Metal-Rolfs die ihre "Mäuschen" dabei hatten. Ich fands auch überaus merkwürdig, wie plötzlich so viele Leute aufeinander hocken und keine Maske anhaben. In Polen war das zwar auch so, allerdings waren die Massen nicht so groß. Ich hatte in Bochum echt meine Bedenken, weil alle so nah dran waren. Allerdings war es schon zu spät. Ich habe mich höchstwahrscheinlich im Flieger hin oder zurück bereits angesteckt und durfte in der darauffolgenden Woche in Quarantäne.
MIDNIGHT am 17.07.2022 in Kulttempel, Oberhausen
Was für ein Abenteuer. Irgendwann vor paar Jahren sollte ein Konzert im Kulttempel stattfinden. Ich glaube, das war das Abschiedskonzert von Gone To Waste. Allerdings wurde es kurze Zeit später ins Resonanzwerk hochverlegt wegen Platzmangel. Es kann gut sein, dass seitdem mein Gehirn den einen Ort mit dem anderen verknüpft hat. Jedenfalls war ich noch nie im Kulttempel. Ich habe jedenfalls nicht richtig auf meine Karte geguckt, habe dazu auch noch einen Weg zum Resonanzwerk gegoogelt und bin tatsächlich dorthin gefahren um vor verschlossenen Türen zu stehen. Ich hatte keine Panik, aber war kurz verwirrt und habe es jedoch geschafft eine Route zurück zu suchen um am endlich im Kulttempel anzukommen, wo bereits Midnight ihr Set angefangen haben.
Es war absolut großartig. Ein simples Black Metal/Rock'N'Roll-Spektakel. Drei Typen in Strümpfen über ihren Gesichtern die Black Metal auf das simpelste reduziert haben. Nämlich auf die Wurzeln in der ersten Welle des BM (Venom, Bathory) und Motörhead. Ja, im Grunde genommen ist es. Motörheads Rock'N'Roll-Songs mit Texten über Blasphemie, den Teufel und allerlei anderes Zeug. Außerdem tatsächlich sehr publikumfreundliche Band. Erst hieß es "Ey wart ihr vor 10 Jahren in Essen, als unser Drummer nicht spielen konnte?" und "Hey, dein Gesicht ist auf einem Publikumsphoto was bei mir zuhause hängt" - am Ende des Sets haben Sänger/Bassist Athenar und der Gitarrist die Hände der Leute in der ersten Reihe geschüttelt. Dabei gingen sie von einem Ende zum anderen der Bühne und kamen irgendwann einander in die Quere. Anschließend "starrten" (kann ich ja nicht sagen, hab ja keine Gesichter gesehen) sie einander verdutzt an und hoben die Arme nach dem Motto "Was soll das jetzt ey?". Keine Ahnung ob das abgesprochen war oder nicht, jedenfalls wars richtig witzig. Bin nach Hause mit einem Poster und einem Pin gekommen. Suche nun den richtigen Platz dafür.
War geil, gerne wieder.
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