Donnerstag, 30. November 2023

So isses, Musik!#178

Deftones Discography: Koi No Yokan (2012)

Ich kann mich ziemlich gut daran erinnern, wie dieses Album 2012 rausgekommen ist...und absolut an mir vorbei, weil ich damals komplett andere Musik gehört habe. Trotzdem habe ich paar Jahre später seinen Vorgänger "Diamond Eyes" reviewt. Aber das hier nicht. Obwohl ich das durchaus hätte tun können. Hätte nämlich wie die Faust aufs Auge dazu gepasst. Es ist nämlich wunderwunderschön.

"Koi No Yokan" soll sowas bedeuten wie "Vorahnung von Liebe" bedeuten. Philipp hat aber eine weitere Übersetzung, die er weiter unten in seinem Review einbringen wird. Jedenfalls ist es eines dieser Alben, die den Hörer bei den ersten Klängen ziemlich gut packen, überraschen und dann eine ganze Albumlänge lang nicht loslassen.


Ich bin mir ziemlich sicher, dass gleich zu Beginn auf dem Song "Swerve City" Chino Moreno einen Gesang einsetzt, der vorher nicht wirklich zu hören war. Klar, der Mann hat immer gekeift, geflüstert, gerappt, geschrien aber auch wunderschön und melodisch gesungen. Hier gibt es wirklich die schönsten "Ooooooh"s zu hören. Und nicht nur hier, sondern auch auf dem darauffolgendem "Romantic Dreams". Eines DER Songs, die hier absolut herausstechen ist "Entombed". Und zwar so, dass ich beim Immerwiederhören des Albums wiederholt den Song gemerkt habe und nachgeguckt habe, wie der heißt. Es war jedes Mal "Entombed", das mich gepackt hat. Mir gefällt es, wie Deftones hier (und nicht nur hier) einen dieses warme, weiche Gefühl geben. Als wäre man in eine Decke eingehüllt. Dann kommen im Hintergrund diese triphoppigen Beats, die ganz leise zu hören sind. Trotz dieses warmen, weichen Gefühls gibt es klitzekleine Ausreißer in die alten Zeiten. "Gauze" beispielsweise bietet einige Alternative Metal Elemente. Generell lässt sich sagen, dass "Koi No Yokan" die perfekte Symbiose aus wenigeren Alternative Metal Elementen (die einen nach vorn und zurück wippen lassen) und einer absolut einlullenden, dreamigen, spacigen Soundwand ist. Wirklich fantastisches Album. Und um das ganze in sehr cringy boomersprache auszudrücken, so als würde ein älterer Typ versuchen einen auf jung zu machen: "Heidewitzka, oida, richtig nice, yo!"

Anspieltipps: Goon Squad, Entombed, Swerve City
8,5/10 Pfandflaschen

Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt

Philipp:

"Koi No Yokan, frei übersetzt: Der Karpfen macht keine Witze. Zunächst die harten Fakten: Siebtes Deftones-, zweites mit Sergio Vega am Bass, zweites von Nick Raskulinez produziertes Album. 2012 - beschissenstes Jahr meines bisherigen Lebens, dieses Album hätte ich damals gut gebrauchen können, stattdessen Black Metal für mich entdeckt, auch gut. 
Deftones 2012
Verändert hat sich im direkten Vergleich zu "Diamond Eyes" nicht besonders viel, außer dass hier wesentlich mehr Wert auf Atmosphäre und weniger auf Härte gelegt wird, dadurch klingt es nicht so zwingend wie "Diamond Eyes", vielleicht finde ich es deswegen sehr diffus nicht ganz so gut, wenn auch trotzdem echt großartig. Chino hält nach wie vor sein verdammt hohes Niveau zwischen Schreien, Singen, Säuseln und gelegentlichen "Woooo"-Rufen, Abe Cunningham festigt seinen Ruf als verdammt unterschätzter Schlagzeuger, Stephen Carpenter spielt tonnenschwere zähe Riffs, die gut als Kontrapunkt der poppigen Melodien und großen Refrains funktionieren und Sergio Vega fügt sich einfach wirklich gut in die Band ein. Die Songs scheinen alle sehr aus einem Guss, die Pole Meddl, Dreampop, Hardcore und Trip Hop bleiben verschmolzen, die Atmosphäre ist düster aber nicht tiefschwarz, eher sehr dunkel, aber auf eine unglaublich warme Art und Weise.
Hervorzuheben sind das sehr groovige, fast bluesige "Romantic Dreams", der Wutausbruch "Leathers", der wunderschöne Trip Hop-Dreampop-Metal-Song "Entombed" (trotz des Titels kein Death 'n' Roll), sowie die offensichtlichen Single-Kandidaten Tempest und Rosemary, das als wunderschöner Shoegaze-Metal-Song beginnt und mit einem finsteren Gitarrengroove und einem erneuten Dreampop-Outro endet.

8,5/10 Pfandflaschen

Anspieltipps: Leathers, Rosemary, Entombed"

Raphael:

"Der zeitliche Abstand zwischen „Diamond Eyes“ und „Koi No Yokan“ ist der Zweitkürzeste in der Deftones Bandgeschichte – lediglich zwischen den ersten beiden Alben lag noch weniger Wartezeit. Und mit diesem nutzlosen Fakt widmen wir uns nun dem siebten Album der Deftones. „Koi No Yokan“ war die zweite Full-Length Veröffentlichung der Band bei Reprise Records. Erschienen ist das Album in der 46. Kalenderwoche des Jahres 2012. Etwa zur gleichen Zeit fand die Operation Wolkensäule statt, bei welcher die israelische Armee nach starkem Raketenbeschuss der Hamas auf die Zivilbevölkerung Israels Terrorstrukturen in Gaza zerstörte. Außerdem war das Jahr 2012 unter anderem vom arabischen Frühling und der Eurokrise geprägt. Die Auszeichnung „Lurch des Jahres“ erhielt 2012 die Erdkröte.

Koi No Yokan“ ist ein sehr bewegungsreiches Album. Auch wenn es mit „Swerve City“ nahezu sanft losgeht, ist es vor allem die Dynamik, welche hier die erste Geige spielt. Ein schönes Beispiel hierfür ist das Stück „Poltergeist“, welches sich von scharfkantigen Strophen über massive Bridges zu horny Refrains abspielt. Begriffe wie Alternative Metal, Post Hardcore, Shoegaze decken die oberflächliche Betrachtung ab.

Die Stimmung ist finster, die Instrumentalsektion animiert Körper und Geist zum Weitermachen, und über allem thront der Gesang, der sich wie ein weicher Schal um den Nacken der Hörenden legt und aufmunternd stützt. Auf „Koi No Yokan“ werden (mal wieder) melancholische und ermutigende Themen miteinander in Einklang gebracht. Das Album ist schwer, hart, experimentell, und trotz alledem empathisch und warm. Von der Ballade „Entombed“ bis zu den schroffen Klängen in „Gauze“ haben die Deftones erneut eine äußerst vielseitige Klangwelt zusammengestellt. Und das Schöne daran ist, wie es alles zusammenpasst. Trotz experimenteller Anleihen geht „Koi No Yokan“ gut ins Ohr, weder die melodischen noch die dissonanten Töne fallen im Gesamtbild störend auf: ein weiteres Highlight!


9/10 Pfandflaschen

Anspieltippps: Romantic Dreams, Graphic Nature, Tempest"



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen