Freitag, 7. Juli 2023

Album der Woche#589: Front 242 - Front By Front (1988)

Wir hatten hier letzte Woche ein EBM-Urgestein "zu Gast", allerdings von der "Insel", da drüben. Diesmal haben wir einen Act vom Festland. Belgien genauer gesagt.

Es ist das vierte Album von Front 242. Mit "Headhunter" hat es einen absoluten Dancefloor-Hit gelandet. Begleitet von einem Musikvideo von Anton Corbijn, dass Menschen mit Ei-Hüten auf dem Kopf zeigt. Soweit ich verstanden habe, hat er "Head" mit "Egg" verwechselt und dachte, dass der Song "Egghunter" heißt. Oder so. Jedenfalls: Ohne mich nur auf diesem Song zu versteifen, er ist zweifelsohne eines der Highlights dieses Albums. Es hat diese direkte Botschaft, die allerdings nicht zu 100% ernst zu nehmen ist. Es geht tatsächlich um das Vorgehen eines Kopfgeldjägers. Die restlichen Songs sind nicht alle gleich, folgen aber einen ähnlichen Prinzip. Wir haben, ähnlich wie bei Nitzer Ebb, relativ simple Beats die allerdings schwungvoll ineinander gleiten und sehr simple sich wiederholende Lyrics. Sie werden aber nicht geshoutet, sodass die Songs nicht "militaristisch" erscheinen.


"Front By Front" bewegt sich ganz klar auf die Linie "Musik für den Dancefloor" aber nur weil die Texte nicht immer groß im Vordergrund stehen, heißt es nicht dass sie absolut niveaulos oder aussagelos sind. Front 242 verstehen auch gut wie das Spiel mit Samples funktioniert. Im Abschlußtrack "Welcome To Paradise" gibt es Ausschnitte von US-Televangelisten zu hören: "Hey poor, you don't have to be poor, Jesus is here" heißt es dann. Das wird am Ende dann auch zu "Hey poor you don't have to be Jesus!" umgekrempelt um einen komödiantischen Effekt zu erzielen. Shitposting bevor es Shitposting gab. Mit "In Rhythmus bleiben" gibt es sogar einen Song auf Deutsch. Bei "Until Death (Do Us Part)" geht es nicht unbedingt um Heiraten sondern um einen Zustand völliger Isolation unter zwei Leuten. Der Beginn von "Circling Overland" klingt tatsächlich etwas nach "Beat It" von Michael Jackson. Zum Fick. Die Texte sind tatsächlich unfassbar kryptisch. Ich habe keinen blassen Schimmer um welche Katzen es sich in "Felines" dreht. Laut eigenen Angaben hat sich die Band von experimentellen Klängen des Karl-Heinz Stockhausen als auch von Joy Division inspirieren lassen. Tatsächlich klingt Sängt Jean-Luc De Meyer in einigen Momenten wie Ian Curtis. Insgesamt ist es irgendwie als hätten Joy Division angefangen elektronische Musik zu machen, nur dass sie in eine andere Richtung als später New Order abgebogen sind. 

Es ist nicht ohne Grund ein so beliebtes Album gewesen. Ich tanze zwar nicht auf der Straße. Aber dieser smoothe, absolut klare Sound ist genau richtig für Bahnfahrten. Besonders nachts.

8,75/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Headhunter, Until Death (Do Us Part), In Rhythmus Bleiben


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