"Still Sucks" ist das insgesamte sechste volle Album von Limp Bizkit und Nachfolger von "Gold Cobra" von 2011. Wenn man aber die "The Unquestionable Truth, Part 1"-EP mitzählt, ist es insgesamt die siebte Veröffentlichung mit ausschließlich neuen Material. Eigentlich war seit 2014 ein neues Album namens "Stampede of the Disco Elephants" angekündigt, welches jedoch niemals herauskam. Stattdessen gab es einige Singles: das mackerige "Ready to Go" (mit Lil' Wayne als Gast-Rapper, absolutes Guilty Pleasure das Lied), das Ministry-Cover "Thieves", das super poppige "Lightz" und eine Mischung aus Hair Metal, Rap und ambientigen Sounds namens "Endless Slaughter", die nicht allen gefallen hat. Zwischendurch waren LB sogar auf dem hauseigenen Label von Lil Wayne und Birdman, "Cash Money Records" doch inzwischen geht man getrennte Wege. "Stampede..." ist zu so einer Art "Chinese Democracy" (Album von Guns'N Roses dass 12 Jahre auf sich warten ließ) des Nu Metal mutiert. Niemand hat ernsthaft damit gerechnet, dass es jemals rauskommen wird. Und nun ist es da. Nur heißt es anders. Rein digitaler Release, kaum bzw. wenig Promo. Ging hoch bei Spotify, iTunes Charts usw. usf. Und dazu noch dieses Image bzw. diese PR-Kampagne die Sänger Fred Durst gefahren ist. Anstelle roter Mütze und baggy Klamotten verkleidet er sich nun als grauhaariger "Dad" mit Hantel-Schnauzbart. Die erste Single hieß auch "Dad Vibes" und es ging darin natürlich rein selbstironisch um den eigenen coolen Status als "cooler Vater". Wenn ich mich recht entsinne ist mindestens 2/5 der Band inzwischen Vater von jemand. Das ganze war so verrückt, dieser (Promo-)Auftritt beim Lollapalooza Festival und die Single. Das man sich gefragt hat, was zur Hölle da auf einen zukommen wird.
Und das frage ich mich heute manchmal auch noch, knapp mehr als ein Monat nach dem Release an Halloween. "Still Sucks" ist wirklich sehr kurz, mit ca. 32 Minuten Spielzeit. Es sind 12 Songs, die so ziemlich die gesamte Bandbreite des musikalischen Outputs von LB abdecken. Der Opener "Out Of Style" ist ein typischer Limp-Bizkit-Track, nur mit einer sehr positiven Message. Darin sagt Durst, dass sein Style für immer "fresh" ist, weil er ihn bzw. sich niemals ändert und somit "fresh" bleibt. Es ist aber eher eine Art "Intro" als richtiger Song. Wenn auch ein sehr fettes. "Dirty Rotten Bizkit" geht in eine ähnliche Schiene und ist ein schamloser Selbst-Promo-Track wo es nur darum geht, wie geil diese Band eigentlich ist und dass die Hörer den "dreckigen" Bizkit-Sound brauchen. "Dad Vibes" kennt man ja schon, darum weiter zum nächsten Song: "Turn It Up, Bitch" klingt einfach nach Cypress Hill. Nur mit typischen Durst Flow anstelle von B-Real. "Don't Change" ist ein Cover von INXS, dass hier zu einer Ballade verwurstet wurde. Und ich muss sagen, ich mag's. Balladen waren nie wirklich die Stärke dieser Band, darum ist es eine gute Idee gewesen einen fremden Text dafür zu nehmen. "You Bring Out The Worst In Me" ist eine recht obskure Mischung aus neuartigen Metalcore und ruhigeren LB-Klängen. In "Love The Hate" spricht Fred Durst mit sich selbst. Es ist ein gestelltes Dialog zwischen zwei Freunden, die Limp Bizkit hassen und sich gegenseitig darin bestärken, bis sich herausstellt dass einer von beiden früher tatsächlich die Band gehört hat - sodass der zweite wütend wird. "Barnacle" könnte ein Nirvana-Cover sein. Kein Grunge-Song, sondern ein Nirvana-Song. Vom Stil her sehr ähnlich, nur halt ziemlich glatt poliert. "Empty Hole" ist ein weiterer ruhiger Song, der sehr depressiv klingt. Ich finde, es könnte gut sein, aber es wirkt irgendwie erzwungen. Das darauffolgende "Pill Popper" gehört meiner Meinung nach ebenfalls zu den schwächeren Songs hier. Es ist ein sehr verkürztes Statement zur US-Amerikanischen Pharma-Industrie. Fängt gut an, endet aber in aggressiven "Gimme my medicine"-Refrain. Die Riffs sind natürlich große Klasse, aber daraus hätte man einfach mehr machen können. "Snacky Poo" ist eine reine Rap-Absage an Follower/Likes/Social Media. Es ist interessant wie diese Band genau diese Medien genutzt hat um dieses Album zu promoten, gleichzeitig sich aber herzlich wenig über negativen Output schert. Das Outro zu dem Song ist ein fiktives Interview mit Wes Borland (geführt von ihm selbst), worin er alle Fragen uninteressiert mit "Yeah" beantwortet. Das abschließende "Goodbye" ist ein überraschender, herrlich poppiger Track der genauso eine B-Seite zu "Behind Blue Eyes" hätte sein können.
Ich muss sagen, dass ich sehr überrascht bin. Nach zehn Jahren warten auf ein neues Album, was soll da schon gutes kommen? Wirkt auf mich als hätten viele irgendwas anderes erwartet. Eine Art zweites "Gold Cobra" oder ein mainstream fähiges Album wie "Results May Vary". Stattdessen haben wir etwas dass alle Genres bedient die LB schon bespielt hat. Es gibt Riffs über Riffs, ein paar Balladen, ein 80s Cover Song (so wie "1999" von Prince oder "Faith" von George Michael), Seitenhiebe auf Kritiker und viel "We Don't Give A Fuck". Und reine Rapsongs. Sowas gab es zwar schon mehreren anderen Alben, aber immer mit einem Feature (Method Man, X-Zibit, Redman, DMX, Snoop Dogg). Diesmal gibt es keine Features. Ein super beschissenes Artwork, so wie immer. Es ist genau das, was man insgeheim von Limp Bizkit haben wollte. Eine Rückbesinnung auf alte Zeiten. Mittelfinger hoch. Scheiß auf alles. In Zeiten von Covid-19 ist dieses Album ein klitzekleiner Lichtblick gewesen. Für diese 32 Minuten scheint die Welt eine bessere zu sein. Ja, das meine ich ernst. Zumindest bis man das Album an die 20 mal gehört hat, da werde selbst ich satt.
Fazit: Es ist cool, richtig geil und ich bin sehr froh darüber das Album gekauft zu haben. Fühlt sich aber viel mehr wie ein Teaser an und ich hoffe dass nächstes Jahr noch mehr kommt.
8,75/10 Pfandlfaschen
Anspieltipps: Out Of Style, Dirty Rotten Bizkit, Dad Vibes, Turn It Up Bitch, Barnacle, Goodbye
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