Donnerstag, 30. März 2023

So isses, Musik!#164

Slime Discography: Yankees raus (1982)

Allrighty then, es geht weiter mit der Slime Discography und tatsächlich hatte ich diesmal etwas Bauchschmerzen vor dem Anhören des Albums. Ich erinnere mich an Debatten in der deutschsprachigen radikalen Linken über die Sinnhaftigkeit bzw. Unmöglichkeit eines Songs wie "Yankees raus" als auch dass der "Nachfolgeband" von Slime - RubberSlime (die sich aus Mitgliedern von Slime und Rubbermaids zusammensetzte) einst während eines Auftritts der Strom abgedreht wurde, weil sie eben dieses Lied gespielt haben. Als ich es das erste Mal gehört habe, war ich zwar schon paar Jahre im Lande, sprach aber noch nicht genug Deutsch um den Sachverhalt zu verstehen. Das "richtige" Slime-Fieber kam erst ein paar Jahre später als ich die "Slime 1" für mich entdeckte. 


Um es heutiger Sicht zu betrachten: Der Titelsong ist ziemlicher Murks. Klar, er ist fetzig, animiert einen zum Mitsingen. Aber textlich ist das absoluter Blödsinn. Sicher, die USA hatten Rassentrennung, waren an militärischen Aggressionen beteiligt während des Kalten Krieges (wie die UdSSR auch) aber sie auf eine Stufe mit dem 3. Reich zu stellen ist mehr als drüber. Genauso drüber sind Songzeilen wie "Das Blut fließt durch sie, seit dem Tag seitdem es sie gibt!" (als würde das Blut durch keinen Menschen fließen sonst, hä?"), die einen nahelegen dass der Feind sowas wie ein Monstrum ist. Die Forderung "Yankees raus!" bezieht sich sowohl auf die US-Army in anderen Ländern und wahrscheinlich auch auf die in Deutschland. So kann man den Song in dieselbe Reihe stellen wie "Besatzer raus" von Volxfront als auch "Natauer Packt" von Daily Terror. Die würden auf der Compilation "die dümmsten Punksongs aller Zeiten" rauskommen, die ich im Jahr 3999 veröffentlichen würde. Jedenfalls scheinen die Kompositoren vergessen zu haben, wieso die "Yankees" denn überhaupt da sind und weshalb sie ins Land gekommen sind. Aber wir halten uns nicht auf diesem Song auf.

Der Rest des Albums ist überraschend reif, wenn auch gleichzeitig parolenhaft (trotzdem nicht so wie auf dem ersten Album) und wirklich sehr sehr gut. Es gibt hier vage Konsumkritik ("Kauf oder stirb"), eine emotionale Abrechnung mit der atomaren Bedrohung ("Alptraum" - höllischer Ohrwurm), eine Auseinandersetzung mit eigener Lustlosigkeit und Alkoholkonsum als willkommener Gegensatz zu "Karlsquell" auf dem ersten Album ("Wieder breit"). Mit "Block E" auch ein Fußballsong, der vor der Hinwendung Slimes zum 1. FC St. Pauli entstanden ist - hier sind die Mitglieder noch HSV-Fans. "Legal-illegal-scheißegal" als auch "Demokratie" und "Gewinnen werden immer wir" sind Songs die zwar unfassbar catchy sind aber innerhalb des zeitlichen Kontexts betrachtet werden müssen. Vor allem die letzten beiden, könnten heutzutage sowohl auf Gewerkschaftsdemos als auch auf irgendwelchen Querdenker-Versammlungen gespielt werden könnten, das gilt aber für so viele Deutschpunk-Klassiker der Zeit. Und überhaupt, ich verlange nicht dass eine Punkband sich irgendwie mit politischer Ökonomie beschäftigt hat oder oder oder. Sowohl der Titelsong als auch die eben erwähnten sind im Kontext der Zeit zu betrachten - und spätestens bei "Schweineherbst" werden wir sehen, dass Slime es auch ganz ganz ganz anders können. Meiner Meinung nach ist das nächste Album, "Alle gegen Alle" mit das beste aus der 80er Ära der Band. Das Review dazu findet ihr hier. 

Anspieltipps: Wenn der Himmel brennt, Legal-Illegal-Scheißegal, Gewinnen werden immer wir, Alptraum
7,5/10 Pfandflaschen

Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt...

Philipp:

"Ohje, ich kann mir schon lebhaft vorstellen, was Raphi und Greg zu diesem strunzdämlichen Opener (beziehungsweise Titeltrack) sagen werden und ich will das nur ungern in anderen Worten noch mal wiederholen. Unangebrachte NS-Vergleiche schienen wohl in den ersten Jahren der Band ein Steckenpferd von Slime gewesen zu sein, das ist aber auch auf das enorme Provokationspotenzial in der Elterngeneration bzw Gesellschaft zurückzuführen. Und Antiamerikanismus war damals in der Linken wohl auch einfach in. 

Slime (wahrscheinlich) im Jahre 1982
Aber dieses Album lediglich darauf zu reduzieren, täte ihm wirklich Unrecht, denn hier ist eine deutliche Steigerung zum ersten Album zu sehen. Schlagzeuger ist nun Stephan Mahler, der ja als Gastsänger schon auf dem ersten Album zu hören war und dieser macht seinen Job (inklusive Verfassen einiger Texte, welche genau konnte ich leider nicht herausfinden, Yankees Raus gehört jedenfalls nicht dazu) ziemlich gut auch wenn er bei "Legal-Illegal-Scheissegal" so klingt, als fiele er mitsamt seines Schlagzeugs die Treppe herunter. 

Nun, jedenfalls ist hier die legendäre Slime-Besetzung zu hören, die uns bis zum fünften Album "Schweineherbst" begleiten wird, und die tatsächlich so etwas wie Legendenstatus genießt, obwohl sie (netto) gar nicht Mal so lange existiert hat. Zumindest hat Eisenpimmler Alex Schwers in seinem Leben wohl mehr Tage als Slime-Schlagzeuger verbracht als Stephan Mahler und muss sich trotzdem ständig an diesem messen lassen, aber das ist wohl eine andere Geschichte, auf der ich an anderer Stelle noch ausgiebig herumkauen werde. 

Nun zur Musik:
Die Produktion ist irgendwie kacke aber das interessiert mich nicht. Songs wie das bereits erwähnte "Legal-Illegal-Scheissegal", "Albtraum" oder "Wieder breit" laden zum dosenbiergeschwängerten Mitgrölen ein und die Band ist einfach wahnsinnig gut aufeinander eingespielt. Die Gitarren sind unfassbar druckvoll, der Bass liefert eine geile Bassline nach der anderen ab und was Stephan Mahler für ein präzises und scheiss schnelles Schlagzeug an den Tag legt, ist sowieso kaum mit irgendjemandem dieser Zeit vergleichbar.

Ach und ich will es hier unbedingt erwähnen: Mein absoluter Lieblingssong dieses Albums ist der Ausreißer "Denken ist der Tod", ich liebe diese unbeholfene, melancholische Früh-80er-Emo-Lyrik einfach. Und diese Bassline und die Gitarren-Zwischenspiele... Gold.

Warum man die stumpfe Fußball-Hymne "Block E" und eine instrumentale Version des Traditionals Greensleeves sowie ein albernes Nichts-Cover (oder eine Parodie?) auf das Album packen musste, entzieht sich meinem Verständnis und sorgt dann doch noch für ein paar mehr Abzüge und somit verbleibe ich kopfschüttelnd, kopfnickend, dosenstechend und mit

7,5/10 Pfandflaschen

Anspieltipps:

Legal-Illegal-Scheissegal, Denken Ist der Tod, Albtraum"

Raphael:

"Herzlich willkommen zur zweiten Runde der Konfrontation mit meiner eigenen Jugend. Wir blicken also in das Jahr 1982: Black Sabbath hat in diesem Jahr kein Studio-Release, das erste Emoticon wird verschickt, und das Vereinigte Königreich führt Krieg gegen Argentinien um die Falklandinseln. In diesem Jahr veröffentlichten Slime ihr zweites Album „Yankees raus“. Anders als das Debut erscheint das Nachfolgewerk bei Aggressive Rockproduktionen und ist somit nicht mehr in Eigenregie produziert. Eine weitere Änderung ist, dass Drummer Peter „Ball“ Wodok die Band verlassen hat und stattdessen Stephan Mahler dazugekommen ist. Mahler hatte schon zusammen mit Christian Mevs bei Screamer gespielt und hat für das zweite Slimealbum nicht nur die Screamersongs „Demokratie“ und „Pseudo“ mitgebracht, sondern auch die Hälfte der Lieder auf „Yankees raus“ geschrieben.

Beginnen wir mit etwas Positivem: der Sound ist deutlich besser als auf „Slime 1“, was wohl den neuen Möglichkeiten mit Label im Rücken zu verdanken ist. Klar klingt „Yankees raus“ noch immer nach einem im Jahr 1982 veröffentlichten Deutschpunkalbum, aber im Vergleich zum Vorgänger hat sich klangtechnisch einiges getan. Auch musikalisch haben sich Slime in der kurzen Zeit etwas weiterentwickelt, was vorrangig am stärkeren Hardcore-Einfluss zu erkennen ist. Und textlich hat sich die Band nun gänzlich den deutschsprachigen Liedern zugewandt – so weit, so okay.

Es beginnt mit dem Titeltrack, den man sicherlich irgendwie mit Zeitgeist oder jugendlicher Naivität bewerten kann, der aber im Großen und Ganzen einfach nicht geht. Das Lied „Yankees raus“ mag vielleicht nicht in dieselbe Kerbe schlagen wie „Türken raus“ von einer Grauzonen-Oi! Band aus Hösbach, aber sehr wohl wie „Ami go home“ von einer Braunschweiger Nazi-Punk Band. Erlöst werden wir von „Kauf oder Stirb“, das später von Totenmond gecovert wurde und mit einem fetzigen Pogo-Rhythmus Kapitalismus und Umweltzerstörung miteinander in Einklang bringt. Einer der stärksten Titel des Albums ist das melancholische Depropunk Stück „Alptraum“, welches so auch von Bands wie Chaos Z oder Neurotic Arseholes hätte stammen können. „Pseudo“ wiederum hat ein verhältnismäßig langes aber wirklich gelungenes Intro. Der Song an sich ist schön rumpelig und befasst sich selbstironisch mit der jungen Subkultur und ihrem inneren Kampf zwischen Nonkonformismus, Elitarismus und Individualismus. Die Absturzhymne „Wieder breit“ ist eine Bluespunkballade zum Überspringen; aber immerhin ist sie reflektierter als der „1,7 Promille Blues“. Weiterschunkeln kann man zur Version des irischen Traditionals „Greensleeves“, bevor mit „Bundeswehr“ ein regelrechtes Deutschpunkgewitter die erste LP-Seite beendet. Das Lied eignet sich wunderbar zum Abrisspogo und führt den Antimilitarismus von „We don’t need the army“ auf dem ersten Album fort. Dirk Jora bemüht sich zwar sehr, die Worte in die Zeilen zu pressen, aber insgesamt ist das Stück ein ziemlicher Knaller.

Die B-Seite beginnt mit „Gerechtigkeit“. Wenn der Refrain nicht so latent unangenehm wäre, wäre dieses Lied eine glatte 10/10. Und dass man als Antifaschist*in über vierzig Jahre später noch immer an der Gerechtigkeit der deutschen Justiz zweifeln muss, verleiht dem Lied traurige Aktualität. Direkt im Anschluss kommt mit „Gewinnen werden immer wir“ ein Mutmachlied für Demos und Proteste im Stile von Ton Steine Scherben. Im Refrain herrscht eine gewisse Fußballstimmung vor, die leider im nächsten Lied völlig den Ton angibt. „Block E“ ist Hymne und Anti-Hymne auf das Leben als Fußballfan gleichzeitig und es ist von vorne bis hinten ein Fest der Fremdscham. Zum Glück wird es danach wieder düster, denn „Denken ist der Tod“ ist eine dunkel-fröhliche No-Future Nummer. Auf den Text sollte man nicht allzu sehr achten, denn der Versuch, philosophisch zu klingen, gelingt nur fast. Neben „Gerechtigkeit“ ist das nächste Lied „Legal-Illegal-Scheißegal“ das einzige, an dessen Text Dirk Jora mitgeschrieben hat. Keine zwei Minuten knallt die Deutschpunknummer nach vorne und bis auf den Refrain bleibt vom Text wenig hängen – ist aber nicht schlimm, weil’s knallt. Dann kommt „Nichts“: darf übersprungen werden. Aber wo wir schon bei Texten waren, auf die man nicht so genau hören sollte, folgt mit „Demokratie“ das nächste gute Beispiel. Ich liebe dieses Lied, weil es einen fantastischen Basslauf hat, weil der Aufbau cool ist und weil ich die abwechslungsreiche Rhythmik mag. Der Text wiederum ist so unfassbar dumm, dass ich lieber das Alphabet dazu singen würde, als die Lyrics zu zitieren. Und zum Abschluss gibt es mit „Wenn der Himmel brennt“ noch ein Lied, das ich erst sehr spät für mich entdeckt habe. Musikalisch wie auch textlich hätte ich das Lied eher auf „Schweineherbst“ erwartet; und nicht nur deshalb ist es einer meiner Favoriten auf „Yankees raus“.
Im inneren Kampf zwischen Nostalgie und Reflektion freue ich mich, dass ab der nächsten Ausgabe keine Alben mehr drankommen, die mich einst geprägt haben. „Yankees raus“ hat einige richtige Minuspunkte und ein paar strahlend helle Punk Rock Sterne zu bieten. Am Ende gebe ich

6/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Alptraum, Pseudo, Legal-Illegal-Scheißegal"




S:

Folgerichtig kommt nach Skinflicks Skinny Puppy, die hier schon mal zu Gast waren. Danach dann drei Alben von der Psychobilly-Band Skitzo: "Vertigo", "Skitzo Mania" und "Terminal Damage". Ich kann leider nicht von mir behaupten, dass ich diese Band, deren Patch ich einst mir selbst hergestellt und draufgenäht habe, immer noch hören kann. Es ist einfach so furchtbar langweilig. Da gibt es wesentlich aufregendere Bands aus dem Genre. "Tear It Down" von Slapshot als auch deren Greatest Hits Compilation bringen lauter nostalgische Erinnnerungen hoch unter anderem die in welcher ich im jungen Alter zu "The Last Laugh" auf meinem Zimmer rumgehüpft bin - auch wenn das Lied hier nicht zu hören ist. Jedenfalls, Sänger Jake "Choke" Kelly ist n witziger Memelord, der eigentlich nur repostet, und es macht meistens Spaß ihm auf Instagram zu folgen. 




"Do It Dog Style" von Slaughter and the Dogs ist ein astreines 77er Punk/Powerpop/Keine Ahnung-Album, was ich aufgrund des Albumcovers und der Tatsache, dass es auf Captain Oi! wiederveröffentlicht wurde, fälschlicherweise als Oi!/Streetpunk in Erinnerung hatte. Ist cool, wirklich jetzt:




Nach Slaughter (höhö) kommt Slayer und damit mehrere Alben wie "Reign In Blood", "South of Heaven" aber auch "Seasons In The Abyss", "Christ Illusion" und das Punk-Cover-Album "Undisputed Attitude":




"Divide and Exit" von Sleaford Mods bleibt nach all den Jahren unschlagbar, obwohl ich weiß dass sie seitdem noch bessere Musik gemacht haben. Wer auf Post-Punk-Beats mit angepissten Sprechgesang steht, der klicke. Wer hingegen auf talentierten Riot Grrrl Punk steht und dem diverse Bands zu schrill waren, dem wird Sleater-Kinney gefallen - also klickt hier.

Die Stoner Doom Metal Urgesteine Sleep habe ich hier zwei mal durchgekaut. Einmal "Holy Mountain" und einmal "The Sciences". Beides nach wie vor bester Soundtrack zum verpennt rumliegen.

Philipp, Raphi und ich arbeiten ja momentan an der Discography von Slime. Ich habe auf der Festplatte auch einen Slime-Ordner, nur fängt dieser an mit einem Live-Album. Und zwar "1995 - Live Grosse Freiheit Hamburg" mit allerlei Klassikern wie Polizei SA/SS, Deutschland als auch damals neuen Liedern wie Schweineherbst oder Gewalt. Diese Live-Version von Gewalt ist, glaube ich, eine der eindringlichsten und emotionalsten. Schön.




Mittwoch, 29. März 2023

Comics Monthly#106

Monarch#2

Dieses wunderschöne Werk aus dem Hause Image Comics erzählt uns die Geschichte eines Jungen aus der Stadt Compton, Kalifornien der etwas erlebt hat wovon er noch Jahrzehnte später seinen Nachfahren erzählen wird: einen außerirdischen Angriff auf die Erde. Travon ist ein einfacher Schüler, der gerne mit seinen Freunden abhängt und sich für Astronomie interessiert. Vor einiger Zeit hat er mit seiner (besten) Freundin seine Lehrerin besucht und sie hat ihnen erzählt wie sie vor einigen Jahren ein UFO gesehen hat. Es hat mit einem Strahl den Boden bestrahlt und sie ging dorthin, um nachzusehen. Daraufhin pflanzte sie dort die Lieblingsblume ihrer Mutter. Doch das war irgendwann mal. Jetzt wird die Erde angegriffen, Travons Freunde müssen sich verstecken um zu überleben und er selbst...wurde von Aliens gekidnappt. Er befindet sich nun auf dem Raumschiff und wird untersucht. Irgendwie fühlt es sich für ihn an, als wüsste er nicht mehr wer bzw. was genau er ist. Als würden in seinem Körper zwei unterschiedliche Organismen wohnen. Doch die Außerirdischen wollen ihm nichts böses, sondern ihm beibringen, was für eine Rolle er im Angriff auf die Erde spielt.


Fuck, das war ganz schön schwer, das hier nicht zu spoilern. Ich sage es, wie es ist. Es ist ein fantastischer Comic. Tatsächlich. Sicher, das Konzept "Erde wird angegriffen, weil die Menschen viel zu viel Zeit ires Lebens damit verbringen sich selbst zu vernichten und sie verdienen es nicht zu leben etc. etc." ist nicht neu. Allerdings ist die Art und Weise wie die Bilder die Geschichte transportieren so unfassbar schön. Ich mag die Farbkonstellationen, die "normale" Art wie die Menschen gezeichnet sind. Gleichzeitig ist der Comic so mysteriös weil man zwar vermuten könnte, was als nächstes passiert es aber doch nicht so genau weiß. Und ich wiederhole mich zwar, aber: Verdammt ist das schön gezeichnet. Ich bin wirklich sehr fasziniert.

8,5/10 Pfandflaschen
Made by: Rodney Barnes, Alex Lins, Luis NCT
Erhältlich bei Image Comics

Predator#1

Okay, halten wir mal die Fakten fest. "Predator" gehört 20th Century Fox. 20th Century Fox wurde von Disney aufgekauft, darum sind die ganzen Predator-Filme jetzt auch auf Disney Plus zu sehen. Marvel wurde ebenfalls von Disney aufgekauft, darum sind Predator Comics jetzt nicht mehr bei Dark Horse sondern eben bei Marvel zu finden. So einfach ist das.

Zu Beginn des Comics sehen wir mehrere bewaffnete Menschen die auf einem dschungelhaften Planeten landen und prompt vor lauter Yautja (so heißt die Spezies der Predatoren) flüchten müssen. Sie versuchen, sich mit Waffen zu wehren, einige werden jedoch brutalst abgeschlachtet. Es fliegen Köpfe. Es sind verschiedene Menschen. Sie sehen aus wie Polizistinnen, Soldaten, Waffenfreaks und einfach nur "schwere Jungs". Irgendwann kommt es zu einer Art Atempause. Man hat es geschafft, vor den Predatoren zu fliehen und berät sich nun. Es stellt sich heraus, dass alle aus verschiedenen Zeiten
stammen. Scheinbar ist grade das Jahr 2052(?) und die ganzen Gestalten die sich jetzt in einer Höhle auf einem unbekannten Planeten verstecken müssen stammen aus den Jahren 1987, 1997, 2015, 2022 usw. usf. Nach und nach sammelt man Informationen - ein Soldatenehepaar dass auch dabei ist offenbart ihr Wissen: Die Yautja sammeln Spezies um sie zu jagen und um so ihre Fähigkeiten zu perfektionieren. Jetzt muss man einen Weg finden, hier zu überleben und vielleicht auch wieder weg zu kommen.

Zunächst dachte ich mir, dass es irgendwie uninteressant sein wird. Man sieht wie die ganzen Leute von den Yautja umgebracht werden, es ist irgendwie spaßig aber durchaus berechenbar. Dann kommt der ganze Aspekt mit den Zeitreisen, der alles auf eine interessante Ebene bringt. Es besteht eine Kontinuität mit den Filmen "Predator" 1 und 2 als auch "Predators" und "Predator: Upgrade". Insgesamt überrascht der Comic einen mittendrin doch, ist aber trotzdem relativ berechenbar. Ich meine, die Masche die von den Predatoren seit Jahrtausenden gebracht wird, ist halt einfach nicht neu. Wer jemals einen Predator Comic von Dark Horse gelesen hat, weiß das. Trotzdem hatte ich Spaß, wenn auch nur kurzweilig.

6/10 Pfandflaschen
Made by: Ed Brisson, Netho Diaz
Erhältlich bei Marvel Comics

Where Monsters Lie#2

Was passiert eigentlich mit all den Serienkillern, paranormal wie nicht-paranormal, während sie grade nicht massenweise Menschen abschlachten und für Unruhe sorgen? Eine Serienmörderin, die von einer lebenden Bauchrednerpuppe begleitet wird? Ein Killer-Clown? Ein Hannibal-Lecter-Abklatsch? Nun, sie leben in einer geschlossenen Gemeinschaft namens Wilmhurst. Ich weiß nicht, was in der letzten Ausgabe passiert ist, aber ein kleiner Junge, der nur Merriweather genannt wird, hat wohl etwas schlimmes in Wilmhurst erlebt und wird gerade von Special Agent Connor Hayes verhört. Um das ganze Prozedere legal zu machen, bringt Hayes ihm nach Wilmhurst um per Zeugenaussage festzustellen, wo die ganzen Killer sich befinden. Hayes selbst ist Überlebender zweier Angriffe. Vor zwanzig Jahren wurden seine Mutter und Schwester auf einer Kirmes vom Psychokiller Daniel Dawson umgebracht. Vor fünfzehn Jahren überlebte er den Angriff eines weiteren Gestörten in einem Waisenhaus. Nun ist Hayes eine lebendige Waffe, die sich zur Aufgabe gemacht hat, die Welt von Monstern/Killern/Psychopathen zu befreien. Mithilfe von mehreren Polizisten infiltriert er das Gelände und trifft auf eine alte Frau namens Zel, die laut seinen Recherchen scheinbar seit Jahrzehnen nicht gealtert ist und eine Art Mentor für den ganzen Killerhaufen ist. Sie war auf dem besagten Massaker zugegen und hat Daniel Dawson für einen "guten Job" gelobt. Doch es läuft alles nicht so wie gedacht. Die skurrillen Anwohner entschließen sich Widerstand gegen die Polizei zu leisten und "a bunch of cops" umzubringen. Der Killer Clown holt sogar einen Flammenwerfer raus.


Eine witzige Idee, die auf mehrere Horrorfilmfranchises anspielt, die ich grade gar nicht aufzählen will. Aber auch auf Real Life Serienkiller. Ich weiß nicht, ob die Idee des Comics etwas neues ist. Es ist nichts neues, dass ein Survivor mit voller Wucht zurückkehrt und seinen Peingern den Garaus als auch die Welt besser machen will. Und natürlich ist es auch nicht neu, dass eine mystische Kraft (in Form eines Menschen) die menschlichen bösen Kräfte irgendwie unterstützt. Tatsächlich wirkt der Comic aber ziemlich frisch auf mich. Die fast schon skizzenartigen Zeichnungen von Piotr Kowalski und die Farben von Vladimir Popov gefallen mir. Kyle Starks schrieb die Story und ich glaube, er wollte absichtlich etwas super skurrilles erschaffen. Allerdings wirkt der Character von Connor Hayes erstmal irgendwie flach. Witziger sind die ganzen Serienkiller mit illustren Namen wie... Richard (der Clown), Packrat, Puzzleman oder... FUCKMASTER (ja, richtig gelesen). Ich bin nicht ganz sicher, in was für eine Richtung sich das hier entwickeln wird, aber... es könnte vielleicht witzig werden.

7/10 Pfandflaschen
Made by: Kyle Starks, Piotr Kowalski, Vladimir Popov
Erhältlich bei Dark Horse Comics

Dienstag, 28. März 2023

Happenings des Monats: März'23

THE HERETIC MARCH am 18.03.2023 in Resonanzwerk, Oberhausen

Hallo und herzlich willkommen zum wahrscheinlich einzigen Eintrag in "Happenings des Monats: März'23". Ich wollte ursprünglich auf diese feine Veranstaltung gehen, fand den Preis auch fair, nur habe ich ob des passenden zeitlichen Rahmens wegen des Kaufes gezögert. Da bot sich eine sehr gute Rabattaktion von Redback Promotion an: Anstelle von 45€ konnte man 24 Stunden lang 30€ bezahlen. Also habe ich zugeschlagen. Und weil ich der Meinung war, dass ich nach einem achtstündigen Konzert völlig im Arsch sein werde, sind Marlyn und ich erst um 17:00 losgefahren. Doch eine Sache nach der anderen: "The Heretic March" ist ein Festival, dass sich aus zwei Tourneen ergeben hat. Auf der einen Seite Azaghal aus Finnland, Corpus Christii aus Portugal, Sidious aus UK und Liber Null aus NL, auf der anderen Belphegor aus Österreich, Kampfar aus Norwegen, Hideous Divinity aus Italien und Devil's Rage aus de Schweiz. Man hat beide Tourneen auf einen Tag zusammengelegt, sodass ein großes Ein-Tages-Festival entstanden ist. Ich war schon seit hundert Jahren nicht auf solchen Veranstaltungen und weiß dass sie sehr ermüdend sind - deswegen, u.a., waren wir so spät dran. Als wir ankamen, haben schon drei Bands gespielt - zudem haben Kampfar aus familiären Gründen abgesagt.
Dreißig Euro für vier Bands fand ich aber mehr als fair.

Direkt zu Beginn des Abends durften wir das Ende des Sets von Azaghal "bestaunen". Leider fand ich da nicht besonders viel zu bestaunen, weil ich die Band tatsächlich ziemlich dürftig und generic fand. "Böhse" wirkender Black Metal mit Corpsepaint und viel Blastbeats. Zumindest in dem Song den ich gehört habe. Meines Erachtens nicht besonders beachtenswert. Danach gab es einen richtig langen Soundcheck für die nächste Band. Ich dachte, dass Hideous Divinity dran wäre, tatsächlich kamen aber Devil's Rage auf die Bühne. Ich dachte, es kommt jetzt atmosphärisch wirkender, epischer Death Metal - stattdessen bekam ich viel Groove zu hören und definitiv Nu Metal beeinflusste Rhythmen. Metaller können über Nu Metal herziehen so viel sie wollen, das Genre hat seine Spuren hinterlassen. Der Beginn des Sets von Devil's Rage war meiner Meinung nach etwas holprig, aber dann sind sie "reingekommen" und es war insgesamt sehr stimmig, sehr groovy und schlicht gut. Trotzdem finde ich sowohl den Bandnamen als auch das Bandlogo leider absolut für die Tonne. Hideous Divinity waren mein Highlight des Abends. Eine Band, die so viel Bock hat zu spielen, Lust hat die bestmögliche Leistung abzuliefern und sehr sehr gerne mit dem Publikum interagiert. Faszinierender, atmosphärischer, gesanglich abwechslungsreicher Death Metal. Belphegor ließen sich sehr sehr sehr viel Zeit beim Aufbau der Kulisse, Soundcheck und Anlieferung eines LKWs mit mindestens 10.000 Gazillionen Tonnen Weihrauch äääh Patchouliduft. Äh, ich meine Kunstnebel. Oder beides. Jedenfalls war so unfassbar viel Kunstnebel auf der Bühne zu sehen, dass man nicht mal mehr das Banner mit dem Bandlogo sehen konnte. Aber egal: Der Auftritt, oder zumindest die Hälfte für die wir uns entschieden haben war tatsächlich verdammt gut. Technisch gesehen, brillianter Death Metal mit satanistischen Themen ("Heil heil heil Luzifer" etc.) und Horrorfilmsamples. Ich fand's tatsächlich sehr geil und froh darüber die Band endlich mal gesehen zu haben nachdem während der Corona-Pandemie ein Teil ihrer Tour gestrichen werden musste, war aber nicht willens länger zu bleiben weil je später es wird, desto länger wird der Nachhauseweg. Ist blöd, wenn man auf ÖPNV angewiesen ist. Jedenfalls: War geil, sehr gerne wieder.



Donnerstag, 23. März 2023

Album der Woche#579: Би-2 - s/t (2000)

Hallo und herzlich willkommen zum letzten "Album der Woche" im Monat März des Jahres 2023. Die letzte März-Woche wird leider ohne die wöchentlichen Reviews rauskommen und dann gehts auch schon im April in die alljährliche Pause. 

Ich wollte schon immer mal Bi-2 reviewen, weil sie Teil meiner Jugend in den 00er Jahren waren genauso wie Limp Bizkit oder Eminem. Damals habe ich russisches MTV geguckt, bevor die Leitung des Senders gewechselt hat und die Stoßrichtung verändert wurde. Generell war es eine Zeit großer Veränderungen und viele Sender wurden urplötzlich regierungstreu. Aber das ist eine andere Geschichte. 


Man kann Bi-2 vorwerfen, dass sie zu feige gewesen sind und vorher den Schwanz eingezogen haben - aber sie haben es schlußendlich getan. Als auf einem Konzert auf Drängen der Betreiber der Konzerthalle die Band vor einem Banner mit der Aufschrift "Für den Präsidenten" auftreten sollte, haben sie sich geweigert und versucht dieses abzudecken, was zu einem Konflikt und zu einer Konzertabsage geführt hat. Bis dato haben sie kein Wort zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gesagt und haben danach noch versucht in einem Stadion aufzutreten, wurden aber mit Buhrufen und als "Vaterlandsverräter" empfangen. Meine These ist die folgende: Mit der Zunahme von Gesetzen über "Fakes über die russische Armee" bzw. "Diskreditierung der russischen Armee" ist die Unsicherheit der Künstler gestiegen, worüber man überhaupt reden kann bzw. was man sagen darf. Selbst diejenigen die eine Anti-Kriegsposition hatten, waren zögerlich irgendwas zu sagen. Da Bi-2 in erster Linie eine kommerzielle Band ist, hatten sie wahrscheinlich auch Angst von der Öffentlichkeit vollkommen gecancelt zu werden. Sie sagten im Jahre 2022 ihr Konzert in Kyiv ab und luden die Fans stattdessen nach Moskau ein, was mehr als nur eine Dummheit ist. Ich schiebe das auf die Konzertagentur, wenn ich ehrlich bin. Lange Rede, kurzer Sinn. Bi-2s Konzerte in Russland finden nicht mehr statt und die Band hat das Land verlassen.

Sie waren allerdings schon immer eine Band, die auf Reisen war. Ursprünglich aus Belarus, irgendwann nach Israel umgesiedelt und in der IDF gedient, eine Weile in Australien gewohnt und schließlich in Russland gelandet. Auf dem ersten Blick besteht die Band nur aus zwei Leuten: Schura und Ljowa. Es sind beides Pseudonyme, sie heißen nicht wirklich so und sind auch nicht verwandt. Ursprünglich hieß die Band ganz anders und wurde irgendwann in "Bereg Istiny" (Ufer der Wahrheit) umbenannt, wovon dann irgendwann die Anfangsbuchstaben BI übrig geblieben sind. 

Das selbstbetitelte Album ist ihr zweites, aber das erste was richtig erfolgreich war. Der erste Song "Polkowniku nikto ne pishet"("Niemand schreibt dem Offizier") handelt von einer Person, die ständig unterwegs ist und keine Ruhe und kein Zuhause findet. Richtig berühmt wurde der Song als Teil des Soundtracks zu "Brat-2"(Bruder 2), einen zynischen Actionfilm der mittlerweile für putin'sche Propaganda ausgeschlachtet wird. Basiert auf einem Werk des Autors Gabriel Garcia Marquez, wobei die Handlung des Buches nur grob etwas mit dem Song zu tun hat. Der Song selbst ist ein typischer Alternative Rock Song, mit schweren Gitarren und eindringlichen Vocals. Weiterhin haben wir eine Ansammlung von verschiedenen Stilen. Wie beispielsweise New Wave ("Nikto ne pridyot"), A Capella/Klassik ("I Korabl' Plywyot") oder "Powerballade" ("Barbara"). Mein Favorit ist "Medlenno Shozhu S Uma" welches vom Titel her eine Anspielung auf Queens "I'm Going Slightly Mad" ist. Es beschreibt eine Kräfte- und Nervenzerrende Stadt. Bi-2 können sowohl "Hart" als auch "Weich". Sie sind eine relativ typische, russischsprachige Band der 2000er Jahre. Songs voller Verzweiflung, bei welcher man sich in den Armen liegt. 

Anspieltipps: Medlenno Shozhu S Uma, Barbara, Polkowniku nikto ne pishet
8/10 Pfandflaschen


Mittwoch, 22. März 2023

Film der Woche#576: TROMA TEAM DOUBLE FEATURE!

Hallo und herzlich willkommen beim letzten "Film der Woche" im März des Jahres 2023. Diesmal habe ich wieder zwei Filme für euch, die in der neuesten Folge unseres Podcasts "Movie Punx" besprochen werden. Diesmal geht es um zwei Film aus dem Hause "TROMA", der Schmiede für Underground-Filme in Genres Comedy, Horror, Splatter und Action. Den ersten Film hat sich Pinky, den zweiten habe ich mir ausgesucht. Ihr gelangt zu einen von mehreren Streaming-Anbietern, die unseren Podcast hosten über unseren Linktree, den ihr hier findet. Die Folge ist noch nicht verfügbar, aber das wird sie diesen Sonntag sein. Fangen wir an:

Tromeo and Juliet (1997)

Hierbei handelt es sich um eine Umsetzung von William Shakespeares "Romeo und Julia", selbstverständlich getreu der Vorlage. Ursprünglich war das Drehbuch, geschrieben von Regisseur Lloyd Kaufmann im alt-englischen Shakespeare-Sprech verfasst. Daraufhin wurde es vom (damals noch) Jungautor James Gunn (der mittlerweile für gewisse Comicverfilmungen und Horrorfilme verantwortlich ist) überarbeitet und die Charaktere von Romeo und Julia zu Crackdealer und Stripperin umgewandelt. Die finale Version hat so gut wie nichts von gehobener Sprache zu bieten, stattdessen haben wir folgendes Szenario:

Lemmy (ja, der von Motörhead) fungiert als Erzähler und stellt fünf Akte vor. Die Handlung dreht sich um die Familien Que und Capulet. Irgendwann waren Monty Que (Earl McKoy) und Cappy Capulet (Maximilian Shaun) Partner im Kinobusiness. Sie besaßen ein Kino, was ziemlich erfolgreich war. Irgendwann hinterging Monty Cappy und verführte seine Frau, die daraufhin sich von ihm scheiden ließ. Außerdem riß er das Unternehmen an sich und zwang Monty mit einer Unterschrift ihm alles zu bestätigen. Montys Leben war seitdem nicht dasselbe. Er lebt nun mit seinem Sohn Tromeo (Will Keenan) in ärmlichen Verhältnissen. Währenddessen verfügt Cappy über eine Villa, in welcher er mit Montys Ex-Ehefrau Ingrid (Wendy Adams) und seiner Tochter Juliet (Jane Jensen) lebt. Cappy ist ein ekelhafter, hebephiler Typ, der sich nach seiner Tochter sehnt. Ingrid ist vollkommen passiv und scheint sich nicht wirklich für ihre Umgebung zu interessieren. Juliet soll mit London Arbuckle (Steve Gibbons) dem Sohn des hiesigen Fleischunternehmers verheiratet werden, sodass eine Unternehmensfusion (Fleisch plus Kino = Riesengewinn) stattfinden kann. Juliet fühlt sich London gegenüber gar nicht hingezogen und hat stattdessen hin und wieder Sex mit der Haushälterin Ness (Debbie Rochon). Die beiden Familien sind verfeindet und es kommt bei Aufeinandertreffen zu Schlägereien und Beleidigungen. Als Tromeo in Verkleidung auf einer Party auftaucht und dort rausfindet dass seine Freundin Rosie ihm mit einem anderen Typen betrügt, schaut er sich um und entdeckt Juliet, in die er sich sofort verliebt. Das gleiche empfindet sie für ihn. Es muss eine Lösung her, also beschließt er Juliet heimlich zu heiraten - mithilfe eines befreundeten Priesters. Die Tatsache dass Juliet jemand anders liebt bringt ihren Vater auf die Palme und es kommt zu einer brutalen, blutigen Auseinandersetzung zwischen Tromeo, seinen Freunden und Cousin auf der einen Seite und Juliets bescheuerten Cousin Tyrone auf der anderen. Es werden Köpfe zerstampft, Tattoonadeln durchs Auge gerammt, Menschen mit dem Auto geschleift. Und es explodieren Sachen.

Es ist fantastisch. Der erste Akt war etwas langsam im Aufbau, doch danach dreht der Film absolut durch. Es ist unaufhaltsam. Eine absolut wahnsinnige Orgie der Gewalt, Alpträume und Halluzinationen. Man fragt sich, was zur Hölle das alles mit Shakespeare zu tun hat, doch dann merkt man dass es völlig egal ist. Der Hauptplot funktioniert zu 90% so wie beim eigentlichen Autor, die zusätzliche Action, der Sex, die völlig bescheuerten erotischen Szenen fungieren als treibender Motor des Films. Oder aber auch als Füllmaterial. Meine Favoriten sind sowohl die bekannte Szene mit dem Penis-Monster als auch die Telefonsex-Szene mit Joe Fleishaker, die einfach unfassbar komisch sind. Die ALLERbeste ist allerdings die mit dem abgetrennten Kopf, der ein Auto zum Schleudern bringt - James Gunn spielt den Familienvater der das Auto fährt. Und es ist genau die Autoszene, die immer wieder in Troma-Filmen verwendet wurde. Auf dem Soundtrack sind Motörhead, Meatmen, Brujeria und Sublime. GG Allins Bruder Merle spielt irgendeinen Fußgänger. Der Film ist so obskur, so gut durchdacht, so grandios gespielt und voll mit Gore, Kotze, Blut und abgetrennten Gliedmaßen - Shakespeare hätte es niemals so gut hingekriegt. Aber er hätte es so gewollt. Mit Sicherheit.

9/10 Pfandflaschen
Trailer:



Class of Nuke 'Em High (1986)

Dieser Film ist ganze zwei Jahre nach "The Toxic Avenger" rausgekommen und spielt tatsächlich in der selben fiktiven Stadt namens "Tromaville". Diesmal spielt R.L. Ryan nicht den Bürgermeister, sondern den Direktor eines Atomkraftwerks.

Dieses Atomkraftwerk ist nur eine Meile hinter der örtlichen High School angesiedelt. Es kommt zu einem Leck, wobei das Wasser verseucht wird und irgendwie in die Wassereinspeisung der Schule gelangt. Ein begabter Schüler namens Dewey trinkt aus der Wasserfontäne und verwandelt sich innerhalb kürzester Zeit in eine Art aggressiven Mr. Hyde, der anderen Schülern an die Gurgel will. Er springt aus dem Fenster und stirbt. Mr. Paley (R. L. Ryan), der Direktor des AKWs sieht keinen Zusammenhang zwischen den radioaktiven Leak und den tragischen Vorfall in der Schule. Die Schule wird seit sechs Monate von einer jugendlichen Bande namens "The Cretins" terrorisiert. Diese sieht beinahe genauso aus wie die Punks aus "Return of the Living Dead" bzw. wie eine Karikatur davon. Diese Kostüme sind zum Schreien. Jedenfalls machen Spike (Robert Prichard), Gonzo (Brad Dunker), Muffey (Theo Cohan) und die anderen Punks/Biker allen anderen Schülern das Leben schwer. Zudem verkaufen sie Joints, die sie aus Marijuana herstellen, dass ihnen ein AKW-Mitarbeiter verkauft. Dieses ist ebenfalls radioaktiv verseucht. Eddie (James Nugent Vernon) veranstaltet eine Indoor-Beach-Party bei sich zuhause und kauft etwas Gras von den Cretins ab um irgendwie seine Gäste bei Laune zu halten. Tatsächlich bringt er seinen besten Freund Warren (Gil Brenton) als auch dessen Freundin Chrissy (Janelle Brady) dazu etwas davon zu rauchen. Dies führt zu enormen Hormonausstoß, weil das Gras wie ein Afrodisiakum wirkt. Was danach zu sehen ist: mutierte Spermien, Halluziunationen und sehr viel "Umgekehrte Farben"-Effekte. 

"Class of Nuke 'Em High" hat gar nicht mal so gute Bewertungen bekommen. Kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich wird hier auf die altbewährten Mittel zurückgegriffen als auch auf dieselben Schauspieler. Gary Schneider und Brad Dunker haben in "Toxic Avenger" ebenfalls zwei gewaltgeile Brutalos gespielt. Sie haben Wiedererkennungswert. Die Effekte sind großartig. Wir haben rausgeploppte/gestochene Augen, Fäuste die in den Hals geschoben werden. Außerdem eine unglaublich bescheuerte Storyline: radioaktives Gras führt zu Sex führt zu Schwangerschaft führt zu mutierten Kindern die sich in Monster verwandeln. Okay, ich habe eventuell etwas gespoilert. Der Film ist eine Art "Class of 1984" auf Steroiden. Das Ausmaß der Gewalt ist einfach riesig. Es vergeht kaum eine Minute, in der niemand verprügelt wird. Die Kostüme sind zum Brüllen komisch und absolut unrealistisch. Die Anzahl an Sexszenen ist zwar gering, dadurch zeichnet der Film aber das Bild eines triebgesteuerten Teenagers der überall sein Genital reinschieben will. Es ist eine bewusste
Überzeichnung/Karikatur von US-Amerikanischen Teenager/Sex-Comedies die in den 1980er Jahren durchaus erfolgreich waren. Plus äh eine Kritik an AKWs. Es ist witzig. Es ist dumm. Es ist unfassbar amüsant. Und verdammt noch mal, wenn ihr dachtet dass der Titel an sich schon lustig ist: Die Sequels heißen "Class of Nuke 'Em High 2: Subhumanoid Meltdown", "Class of Nuke 'Em High 3: The Good, The Bad and the Subhumanoid", "Return To Nuke 'Em High Volume 1" und "Return to Return to Nuke 'Em High AKA Volume 2". 

8/10 Pfandflaschen
Trailer:


Dienstag, 21. März 2023

Comic Book Review#575: Lobo/The Mask#1-2 (1997)

Ich habe die beiden Comics vor über zehn Jahren gelesen und war mir nicht mehr sicher worum es genau geht. Als ich immer weiter gelesen habe, wusste ich plötzlich wohin die Reise gehen wird. Es ist eines der besten Crossover-Comics der 90er Jahre und gleichzeitig eines der inhaltleersten. Anyways, here we go:

Wir befinden uns in New York City. Ein Kleinganove namens Ira ist grade dabei eine Oma zu überfallen, die sich als Undercovercop herausstellt. Er flüchtet in eine Gasse und findet dort in einem Müllhaufen...die Maske. Er freut sich über den Fund und plant, das Artefakt teuer zu verkaufen. Urplötzlich taucht eine Armade von unfassbar hässlichen und schwer bewaffneten Aliens auf, die hinter der Maske her sind und Ira als "denjenigen" erkannt haben. Sie sind Teil eines Einsatzkommandos von einem weit entferntem Planeten, dass den "ultimativen Bastard", welcher die Maske ist finden soll. Dieser hat nämlich im ganzen Universum für genügend Leid und Zerstörung gesorgt. Der Oberbefehlshaber dieser Aliens engagiert zusätzlich noch Lobo, den intergalaktischen Kopfgeldjäger. Er verspricht ihm eine Billion Credits wenn er den grünhäutigen Bastard fängt. Also reist Lobo zur Erde
und findet Ira in der besagten Gasse wieder, nachdem er als Maske die ganzen Aliens abgeschlachtet hat. Die beiden kämpfen miteinander bis zum bitteren Ende, sodass nur noch deren Köpfe übrig bleiben. Nachdem die halbe Innenstadt zerstört ist, alle Superhelden sich aus Angst verpisst haben und die Körper der beiden Protagonisten wieder vollständig sind, entscheiden sie sich zusammenzuarbeiten. Maske erklärt Lobo, dass nicht der derzeitige Träger für die Gräuel verantwortlich ist, sondern wahrscheinlich der Vorgänger. Gemeinsam wollen sie nun den "ultimativen Bastard" finden, der 90% des erweiterten Universums im Gestalt der Maske massakriert hat und am Ende sich die Kohle einheimesen. Sie reisen also auf Lobos fliegenden Motorrad durchs Weltraum... und massakrieren Aliens, weil die Maske immer wieder der Meinung ist, den richtigen gefunden zu haben. Ein Blinder sieht, dass der grüne Mann den Präsi (so nennt man im Jargon Lobo) ordentlich hinters Licht führt.

Geschrieben von John Arcudi und Alan Grant, gezeichnet von Doug Mahnke. Zwischendurch fällt die vierte Wand und man wendet sich direkt an den Leser um zur Schau zu stellen wie absurd das ist. Man merkt auch selbstironisch an, dass die beiden Autoren wohl nicht wirklich was zur Story beizutragen hatten, deswegen hat man sich für mehr Gewalt entschieden. Und es ist wirklich unfassbar viel cartooneske, vollkommen absurde Gewalt. Köpfe werden abgehackt, Hälse lang gezogen, aus Eingeweinde lächelnde Gesichter gemacht, Metallhaken durchs Gesicht gezogen, Augen in ein Gewehr gepackt, als Patronen benutzt und den Körper des Feindes durchgedrungen. Alter. Was für ein unfassbar lustiger, absurder Scheiß. Der Stil ist dabei gleichzeitig cartoony und unfassbar gory, detailreich und absolut unrealistisch. Sprich genau das, was die alten Maske-Comics ausgemacht hat. Was mich außerdem gefreut hat: Das Outfit was Ira als Maske ist dem von Jim Carrey bzw. dessen Zeichentrickversion zum Verwechseln ähnlich. So haben wir einen noch deutlicheren Kontrast zwischen dem Brutalo-Arsch Lobo und einer scheinbar harmlosen, jedoch verrückten Zeichentrick-Maske. Herrlich!

9,75/10 Pfandflaschen

Freitag, 17. März 2023

Film der Woche#575: Leprechaun 4 - In Space (1997)

In Deutschland bekannt als "Space Platoon", wieso auch immer. 

Es handelt sich hiermit um die dritte Fortsetzung von "Leprechaun", wobei diesmal schon wieder nicht klar ist ob es derselbe Leprechaun ist oder ein anderer. Jedenfalls spielt dieser Film irgendwann in weiter entfernten Zukunft, im Weltraum. Ein irdisches, militärisches Raumschiff ist unterwegs um eben diesen Leprechaun umzubringen, der quer durch die Galaxis allerlei planetarischen Regierungen Schaden hinzugefügt hat. Er hat als letztes die Prinzessin Zarina (Rebekah Carlton) gekidnappt, die Thronfolgerin eines großen Königreichs ist, und versucht nun sie zu überreden, ihn zu heiraten. Tatsächlich schafft er es, sie auf seine Seite zu bringen, indem er ihr die Hälfte seines Goldes verspricht.
"Gefangen" gehalten wird die Prinzessin in einer Höhle auf einem weiter entfernten Planeten. Die Marines vom eben erwähnten Raumschiff, angeführt vom Master Sergeant Metal Head Hooker (Dachte erst das wäre ein Aquarium auf dem Kopf: Tim Colceri) landet nun und schafft es, den Leprechaun ausfindig zu machen und mithilfe einer Granate zu töten. Dummerweise muss ein Marine auf seine Leiche urinieren, sodass das magische Wesen mithilfe seiner magischen Kräfte irgendwie in seinen Körper gelangt. Fragt mich nicht: Er hat selbstheilende Kräfte, ähnlich wie Deadpool oder Wolverine. Jedenfalls will dieser Marine mit einem weiblichen Marine später Sex haben - die "Ausbeute" muss ja gefeiert werden - und so kommt der Leprechaun aus seinem Schwanz raus. Was darauf folgt ist eine crack-induzierte, surreal verzerrte abenteuerliche Reise, die sehr sehr sehr sehr schwer an "Aliens", den Sequel zu Ridley Scotts "Alien" angelehnt ist.

Fakten auf den Tisch: Der Film ist dumm. So dumm, dass er unfassbar lustig ist. Man sieht, im Gegensatz zu den anderen Teilen ein langsam verschwindentes Budget. Der dritte Teil war zwar schon direkt für den VHS-Markt bestimmt, man sieht das hier aber noch deutlicher weil die CGI-Effekte so billig daherkommen. Die praktischen sind tatsächlich ganz gut. Mein Favorit war Dr. Mittenspider (Guy Siner), ein Wissenschaftler der sich in eine riesige Spinne verwandelt hat - die Ähnlichkeit hat mit der Alien-Mutter aus der oben erwähnten Reihe. Es ist offensichtlich, wo hier abgekupfert wurde. "Leprechaun 4" ist eine merkwürdige, selbstironische Parodie auf Sci-Fi-Horror und Action Filme. Es ist ein vollkommen blödsinniger Mix aus Starship Troopers, Aliens und äh ja.. Leprechaun. Ich lachte ziemlich viel: Ob der dummen Dialoge, absoluter Over The Top Action und schlechten CGI. Daher:

6/10 Pfandflaschen
Trailer:


Donnerstag, 16. März 2023

So isses, Musik!#163

Slime Discography: Slime 1 (1981)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Discography auf diesem Blog. Wie bei Black Sabbath stürzen wir uns zu dritt auf die Discography einer ziemlich vielfältigen Band. Slime hat sowohl für mich als auch Philipp und Raphi einiges in der Punkerjugend bedeutet und irgendwie ist die Band auch ein guter Kontrast zu Black Sabbath.


Es war ungefähr 2007 oder 2008. Neben Horrorpunk habe ich angefangen US-Hardcore Punk ganz ganz langsam für mich zu entdecken, allerdings war ich von deutschsprachiger Musik immer begeisterter, vor allem auch weil ich die Sprache erst ein paar Jahre gesprochen habe. Habe damals im Würzburger Plattenladen H2O die "Slime 1" angehört, für gut befunden, gekauft und seitdem überall mit meinem Discman herumgeschleppt. Ich hörte das Album ziemlich lange - irgendwann hat ein Freund mir die "Alle Gegen Alle" gebrannt, die ich sogar noch besser fand. Im örtlichen Müller habe ich auch definitiv so einige Alben von Slime gehört, weiß allerdings nicht mehr welche.

Rückblickend betrachtet ist "Slime 1" nicht ganz das yellow from the egg. Aber irgendwie auch schon. Ich komme auf die Metapher weil die A-Seite des Album komplett auf Englisch gehalten ist. Zwar in einem weitaus akzentfreien, allerdings sind die Texte teilweise doch etwas kringelig. Ich finde das reggaelastige "Artificial" textlich betrachtet leider ziemlich peinlich. Selber Fall bei "They Don't Give A Fuck" und "Streetfight". "Robot Age", welches eine von Robotern übernommene dystopische Welt zeichnet ist tatsächlich alles andere als schlecht. "I Wish I Was" wirkt schön melancholisch - ist auch nicht von Sänger Dirk Jora sondern vom späteren Schlagzeuger Stephan Mahler eingesungen (und geschrieben). Der Opener "We Don't Need The Army" ist schön plakativ und eine Absage an alles Militärische. Aus heutiger Sicht natürlich absolut verkürtzt aber ich erwarte von einer derart jungen Punkband nichts anderes. Die Produktion auf der ersten Seite ist super Lo-Fi, wohingegen die B-Seite qualitativ wesentlich besser ist. Sie beginnt mit "Karlsquell", einer Ode an das bei Punx und Skinz beliebte ALDI-Bier. Bin mir sehr sicher, dass ich diesen Song von vorne und hinten studiert habe. "Hey Punk" fand ich super provokativ damals. Allein die Zeile "Hey Punk, zeig ihnen wer du bist, Hey Punk, NOCH kein Terrorist". Der Text ist aus heutiger Sicht stellenweise so unfassbar dumm, dass es weh tut - "Sie nennen uns Punk-Chaoten, weil sie nichts wissen diese Vollidioten.". Interessant finde ich aber die Verwendung von Anglizismen: "In der S-Bahn starren sie dich an als hättest du in der Tasche eine Tommy Gun, dabei bist du nur ein Innocent Punk, wer weiß was daraus werden kann?". Die beiden Absagen an Popper und die Stadt Hamburg - "D.I.S.C.O." (das zu Beginn wie der Slime-Klassiker "Religion" klingt) und "D.O.R.F." sind meines Erachtens nicht gut gealtert. Es gibt glaube ich, keine Rivalität mehr zwischen der Punk-Subkultur und irgendwelchen Mainstream-Jugendlichen. Generell ist die Jugend heutzutage viel offener gegenüber allem möglichen Genres. Sowas wie "Die Disco-Wichser tanzen sich tot" würde heutzutage gar nicht gesagt werden. Ich verstehe auch die damalige Frustration mit dem eigenen Heimatort - wie in "D.O.R.F.", allerdings ist der Text so unfassbar holprig, dass es mir wirklich peinlich ist. "Deutschland" habe ich damals auswendig gewusst und fand es sehr provokativ als jemand der nicht deutschstammig ist, und grade mal 6-7 Jahre in diesem Land lebt, dieses Lied zu singen. Meiner Meinung nach, ein immer noch sehr wichtiges Lied für die damalige Punkszene, auch wenn ich wegen einiger Textzeilen kringeln muss: "Schwarz ist der Himmel, rot ist die Erde, gold sind die Hände der Bonzenschweine".  Apropos Schweine: "Bullenschweine" kann ich in und auswendig und finde ihn tatsächlich nicht schlimm. Ich kriege immer noch einen riesen Hass wenn ich Polizeigewalt sehen muss, da wundert es mich nicht dass Menschen auf solche Texte kommen. Das allerschlimmste Lied herauf ist der Abschlußsong "1,7 Promille Blues", geschrieben von Dirk Jora. Darin geht es unter anderem um besoffenes Autofahren. Es ist schlecht. "Jetzt setzt ich mich in meine Kiste und dann fühle ich mich, wie Nicki Lauda nur er war noch nicht so voll wie ich!"

Ich gebe:
7/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Hey Punk, Bullenschweine, I Wish I Was, Robot Age

Und weil drei Meinungen besser sind als eine. Hier kommt...

Philipp:

"So, passenderweise beginnen wir nun nach den Slime des Heavy Metal mit den Black Sabbath des Deutschpunk. Für mich war die Band und vor allem ihr Album Schweineherbst mit 14 Jahren nach Ärzte, Hosen und Terrorgruppe sowas von der musikalische Paukenschlag, die gebrannte CD, die mir ein damaliger Kumpel konspirativ auf dem Schulhof zugesteckt hat, lief ungefähr so lang, bis sie irgendwann zu Staub zerfiel.
Wir fangen aber natürlich mit dem allerersten Album an, Slime 1 von 1981, absoluter Genre-Klassiker, A-Seite 7 englischsprachige Lieder, B-Seite 7 deutschsprachige Lieder. Musikalisch klassischer Punk mit Hardcore- und Streetpunk-Anleihen ganz im Stil der britischen Vorbilder, gelegentliche Rock‘n‘Roll und Reggae-Einlagen inklusive. Musikalisch waren Slime damals schon über sämtliche Zweifel erhaben, eine unfassbar tighte Band, auf diesem Album noch mit dem ersten Schlagzeuger Peter „Ball“ Wodok, schön vordergründiger Bass,  dichte Gitarrenwand, wunderbare Gitarrenzauberei von Elf, textlich absolut kämpferisch, hier werden quasi schon sämtliche Genre-Themen abgegrast, bevor Deutschpunk überhaupt eine Genre-Bezeichnung war, hier geht es gegen Bullen (auf der Originalversion des Albums 2 Songs, auf der Reissue tatsächlich 3 Bullen-Songs), gegen Deutschland, gegen Disco-Spießer. Und hier kommen wir auch schon zum ersten Problem der Platte. Einige Texte
Slime im Jahre 1980

(unter anderem eben D.I.S.C.O., sowie auch einige der politischen Songs) wirken etwas aus der Zeit gefallen und treffen trotz  ihrer damaligen Dringlichkeit nicht mehr so wirklich den Nagel auf den Kopf, was sicherlich immer das Problem politischer Musik ist. Aber naja, Bullen und Deutschland geben zumindest immer noch ein ordentliches Feinbild ab, während Disco und Popper doch etwas aus der Zeit gefallen sind. Für mich als damals 15jährigen, der sich in Ermangelung an Alternativen hin und wieder auf die Dorfdisco verirrt hat und dem von sämtlichen Seiten Prügel angedroht wurde, hatte auch dieser Song definitiv seine Berechtigung.
Generell strotzt dieses Album nur so vor jugendlicher Energie, Wut und Naivität und bietet einiges an großartigen Refrains und Parolen, bleibt aber textlich durchaus ziemlich stumpf und musikalisch sehr rumpelig, Sänger Dirk Jora scheint manchmal nicht so wirklich hinterher zu kommen.
Jedenfalls haben wir es hier definitiv mit einem Genre-Klassiker zu tun, der über die Jahre nichts an Charme eingebüßt hat, dem man das Alter aber durchaus anmerkt.

7/10 Pfandflaschen

Anspieltipps: I Wish I Was, Deutschland, Bullenschweine"

Raphael:

"Schwupp-di-wupp Kartoffelsupp‘, da sind wir wieder. In den nächsten Ausgaben befassen wir uns also mit Slime, und da dies die erste Ausgabe ist, fasse ich mich lang. Slime waren für mich als jungen Punker eine der wichtigsten Bands überhaupt. Irgendwann mit ca. 18 Jahren habe ich mir für 1,50€ ein komplett kaputtes Slime Shirt aus (mindestens) dritter Hand gekauft, und ja: ich habe und trage es immer noch, obwohl es inzwischen echt noch furchtbarer aussieht als je zuvor. Damals kannte ich die ersten beiden Alben; und um ehrlich zu sein, habe ich mich mit allem, was Slime nach 1982 gemacht haben, kaum befasst. 2018 und 2019 habe ich dann die (inzwischen nicht mehr ganz so) neuen Slime live im Schlachthof Wiesbaden live gesehen – einmal mit ZSK und einmal mit Knochenfabrik als Vorband. So viel zu meiner persönlichen Bindung zur Band; jetzt beginnt die Rezension.

Wir schreiben also das Jahr 1981. In Polen beginnt die Gewerkschaft Solidarność, an den Grundfesten der Volksrepublik zu rütteln, der Schwarzspecht wird zum Vogel des Jahres gewählt, und Black Sabbath veröffentlichen ihr zehntes Studioalbum „Mob Rules“. Im sonnigen Hamburg hat sich kurzem aus der Band Slime 79 and the Sewer Army zusammen mit Dirk Jora von The Kreislaufkollaps die Band Slime zusammengetan. In der neuen Besetzung bestehend aus Dirk „Diggen“ Jora (Gesang), Michael Mayer (Gitarre), Christian Mevs (Gitarre), Sven „Eddie“ Räther (Bass) und Peter „Ball“ Wodok (Schlagzeug) wurde in den Hamburger Raubbau Studios das erste Album aufgenommen. Den Song „Karlsquell“ kannte man übrigens schon von Christian Mevs‘ voriger Band Screamer. Die Parallelen zwischen Slime und Screamer werden aber vor allem beim zweiten Slime Album auffälliger.

Die A-Seite von „1“ oder „Slime 1“ umfasst sieben englischsprachige Stücke. Den Anfang macht „We don’t need the army“, ein klassischer Punk Song im Stil des Sounds aus dem Vereinigten Königreich der späten 1970er: melodischer, aber einfacher Singsang in der Strophe, leichter Spannungsaufbau in der Bridge und parolenartiger Refrain zum Mitsingen – so einfach, so gut. Mit „Artificial“ zeigen Slime direkt, dass ihre Lektüre des englischen Punk auch The Ruts beinhaltet hat. Basslastiger und von Dub beeinflusster Reggae definiert die Strophen, bis sich die Energie im wütenden Refrain entlädt. Und da es hier schon gegen Polizeigewalt ging, legen Slime mit „A.C.A.B.“ direkt noch einen nach. Der Song ist garantiert bis heute einer der größten Partyknaller, sobald die Leute ca. 1,7 Promille haben, aber das nur nebenbei – da kann man gerne mal überhören, wie Diggen verzweifelt versucht, viel zu viele Silben in viel zu kurze Gesangslinien zu quetschen. Egal! Mit „I wish I was“ gibt es nochmal eine schöne Portion 1970er UK Punk im Stil der U.K. Subs, und „They don’t give a fuck“ knüpft in Sachen Wut wiederum an die Energie von „A.C.A.B.“ an; allerdings dürfen wir hier im Takt mitklatschen, wenn über die Kriegstreibenden der 1970er und 80er gesungen wird. „Robot Age“ nimmt wieder einen Gang raus und passt musikalisch in die Linie von „I wish I was“. Hier geht es um eine dystopische Zukunft, in der Maschinen jede Tätigkeit erledigen und alle Menschen arbeitslos sind. Und zum Ende der A-Seite wurde es nochmal richtig rumpelig. „Streetfight“ hätte unter anderen Aufnahmevoraussetzungen und mit etwas weniger Tempo vielleicht ein guter Track werden können, aber in der mir vorliegenden Version klingt er mit Ausnahme des Mersey Beat-Einspielers einfach nur nach unkontrolliertem Krach.
Auf der B-Seite wird in deutscher Sprache gesungen und die Tonqualität wirkt etwas besser. Zum Einstieg kommt die irgendwie nur fast nicht unangenehme Liebeserklärung an das Bier „Karlsquell“. Offenbar hat die erste Generation von Punks und Skins in der BRD das Zeug ohne Rücksicht auf Verluste in sich reingegossen. Danach wird zum ersten Mal das Wort Punk verwendet. Ich weiß noch, dass ich den Song „Hey Punk“ früher richtig gut fand. Parolen, Szenezugehörigkeit und ein ordentlicher Pogo-Knaller, der etwas über 40 Jahre später nicht mehr so richtig zündet. Vieles ist hier dem Zeitgeist geschuldet, der sich einfach stark verändert. Das merkt man auch am Lied „D.I.S.C.O.“. Die Zeiten, in denen Punks und Popper aufs Blut verfeindet waren, kann man sich nicht mehr so ganz vorstellen. Die in diesem (musikalisch gesehen sehr coolen) Lied beschriebenen Leute gibt es aber schon noch; nur haben Begriffe wie Disco oder Popper die Zeit nicht ganz überlebt. Weiter geht es mit einer rasanten Anti-Hymne an das Leben auf dem Land. Die Backing Vocals sind komplett übersteuert, Diggens Gesang kommt dem Tempo des Songs nicht ganz hinterher, und wenn man den Text mal verstanden hat, macht sich auch nicht viel mehr Klarheit breit. Nichtsdestotrotz ist „D.O.R.F.“ ist eine schmissige Nummer, die aus einem einzigen Höhepunkt besteht. Darauf folgen die wohl bekanntesten Songs der frühen Slime. Zunächst „Deutschland“, das auf einer Basslinie der Ruts aufgebaut wurde. Ob es zufällig oder absichtlich nach einer Alteration von „Jah War“ klingt, mag sekundär sein, aber die Parallele kann nicht verleugnet werden. „Deutschland“ ist eine der größten Hymnen von Slime, und auch wenn man über Sinn und Unsinn des Inhaltes streiten mag, ist es nach wie vor ein Knaller. Und natürlich kommt danach „Bullenschweine“. Ich ärgere mich sehr, dass ich die unzensierte Version nicht mehr habe. Die mir vorliegende Version ist alle Nase lang zensiert und verstümmelt. Der Song war zuvor schon auf der gleichnamigen EP vertreten, auf deren B-Seite übrigens auch „Hey Punk“ zu hören, und egal in welcher Version ist „Bullenschweine“ eine mächtige Punk’n’Roll Nummer. Zum Schluss des Albums gibt’s mit dem „1,7‰ Blues“ noch ein Partylied, zu dem ich nicht feiern möchte. Aufnahmetechnisch ist aber interessant, dass der Song in der ersten Strophe komplett übersteuert war und dann während des Recordings normalisiert wurde. Zeit im Studio ist teuer, und deshalb wurden Aufnahmen live und mit allen Bandmitgliedern gleichzeitig vorgenommen.

„Slime 1“ ist ein Stück Punkgeschichte und alle negativen Aspekte, die man heute sehen mag, verstecken sich gerne hinter dem pilsbier-goldenen Mantel der Nostalgie. Deshalb fällt es mir äußerst schwer, meine eigenen Gefühle über das Album mit der eigentlichen Leistung in Einklang zu bringen. Vor zehn Jahren hätte ich noch ohne zu zögern 11 von 10 Pfandflaschen gegeben; heute verteile ich immer noch sehr gut gemeinte
7/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: „Artificial“, „Robot Age“, „D.O.R.F.“"





Was läuft sonst so?

Ata Kak - Obaa Sima

Marlyn und ich letztens ein Aufklärungsvideo von "RYM Charts" gesehen. Es ist ein Channel dass Besten-Listen von der Seite "Rate Your Music" visualisiert. Diesmal ging es um 75 verschiedene Hip-Hop-Genres, aus allen möglichen Ländern "Obaa Sima" war einfach mal ganz kurz zu hören. "Ata Kak" bedeutet auf der ghanaischen Sprache Twi sowas wie "kleiner Zwillingsbruder". Dahinter steckt Yaw Atta-Owusu, ein aus Ghana stammender Musikproduzent, der sich auf Hip House und Highlife spezialisiert hat. Leider bin ich was diese Genres betrifft absolut nicht flüssig. Jedenfalls hat sich nach etwas Recherche herausgestellt, dass er irgendwann mal wegen des Militärputsches nach Deutschland geflohen ist, in einer Reggae-Band gespielt hat und mittlerweile wieder in Ghana lebt. Vor ca. 30 Jahren hat er ein Tape aufgenommen, das leider nicht besonders erfolgreich war. Irgendwann in den 2000er Jahren hat irgendein Typ aus Europa (der den Channel "Awesome Tapes From America") das Tape auf einem Flohmarkt gefunden und es auf seinem Blog veröffentlicht. Was zu hören ist, ist ein hochenergetischer Song in einer Sprache die ich nicht verstehe, mit einem absolut lebhaften Beat, der unfassbar billig hergestellt klingt. Ich würde auch sagen, dass Ata Kak nicht singen kann. Allerdings gleicht er durch seine Hingabe komplett aus. Ich bin Fan von diesem Song, ich weiß nicht wieso mich das so mitreißt. Es ist einfach diese Absurdität die der Song ausstrahlt. Allerdings geht es da eigentlich " nur" um eine schöne Frau.

Hier ist Obaa Sima:




S:


Und weiter gehts mit der endlosen Musiksammlung. Den Anfang macht das Album "Never Mind The Bollocks, Here's Sex Pistols" von den Sex Pistols, den ich hier reviewt habe. Danach kommen drei Alben von der schwedischen Crust Band Shades of Grey. Ich durfte vor Äonen mal die Sängerin kennenlernen, allerdings war ich selbst an dem Tag an einem anderen Konzert - von der russischen HC-Band What We Feel. Rückblickend betrachtet hätte ich glaube ich auf beiden Konzerten sein können. Zumindest die "Freedom.Incarceration"-Platte ist ganz gut, auch wenn sie mich nicht derartig vom Hocker reißt:




Ebenso wenig kann ich mit der EP "Painful Cry" der Crusties von Shadow of Fear anfangen. Ich finds gelinde gesagt, einfach Scheiße. Ich bette das Video dazu nicht ein, aber hier ist der Link.
Die Band She-Male Trouble hieß früher mal Female Trouble, bevor männliche Mitglieder dazugestoßen sind. Einzuordnen tue ich das in typisch skandinavischen Punk'N'Roll, so wie Gluecifer. Allerdings kommt die Band aus Deutschland. Aus den vier Veröffentlichungen die ich mein Eigen nennen kann hat mir besonders das Album "Off The Hook" gefallen. 




"Just Can't Hate Enough" von Sheer Terror spaltet immer noch mein Gemüt. Einerseits finde ichs geil, wie die Band auf Konventionen der Hardcore Szene scheißt - siehe Titeltrack ("I don't give a fuck about your skinhead pride and I couldn't care less about the lower east side"), andererseits war sie damals so strunzkonservativ dass es weh tut. Die Bandmitglieder tragen heutzutage Kangol Hats. Einige Perlen hat das Album trotzdem, wie beispielsweise "Twisting And Turning" oder "I, Spoiler".




Im Ordner von Sick Of It All sind zwei Alben: "Scratch The Surface" und "We Stand Alone". Ein passendes Gegenstück zu Sheer Terror. Hooks zum Mitsingen und eine eher linke Einstellung in den Texten. Ich empfehle das erstgenannte Album und selbstverständlich dieses Beavis and Butt-Head Video dazu:




Bock auf polnischen Cold Wave? Hört rein in das Debüt der ehemaligen Punkband SIEKIERA ("Axt") namens "Nowa Aleksandria". Hier gehts zum Review. Definitiv nicht reinhören solltet ihr bei SILNA WOLA ("Starker Wille"). Ganz fürchterlich produzierter und generell beschissen klingender Crust Punk. Ebenso wenig kann ich mittlerweile mit Sin Dios anfangen. Damals waren wir alle begeistert vom Song "Alerta Antifascista", aber auch nur weil es die Parole war die auf Demos zu hören war die ich besucht habe. Insgesamt hört sich das sehr holprig an, aber nicht unbedingt wegen der spanischen Sprache sondern weil es einfach... sehr holprig ist. Dazu kommt noch die Palästina-Vernarrtheit der Band, die sie heutzuge einfach unsympathisch macht. Und das als Anarchisten. Schämt euch. Viel besser, weil was ganz anderes: "Juju" von Siouxsie and the Banshees. Review findet ihr hier. Und wenn ich die gesanglichen Fähigkeiten hätte, würde ich "Spellbound" covern. 




Im Ordner von Skarpretter befinden sich zwei EPs. Die großartige "Ammunition" als auch die Split mit den belarusischen Bagna. Zur Info: Skarpretter bestanden aus ehemaligen Mitgliedern von Gorilla Angreb und Paragraf 119. Von letzteren war ich ein großer Fan und dementsprechend auch von Skarpretter. Durfte ich auch mal live begutachten. War ein schönes Erlebnis.




"Beyond Good And Evil" von Skinflicks hatte ich tatsächlich als ziemlich gut in Erinnerung. Ich habe mich nicht getäuscht. Sehr guter, melodischer, eingängiger Oi!/Streetpunkt aus Brügge (Belgien). Mich interessiert allerdings wie man als Band einerseits Crass-Shirts trägt, sagt dass man was gegen Nazis hat und gleichzeitig in dem Quasi-Nazi-Treff "De Kastelein" abhängt. Ich glaube, damals waren sie ein Stück weit weniger politisch bzw. kümmerten sich nicht sonderlich darum. Mittlerweile soll es ja anders sein.


BTW: Das ist jetzt Zufall, dass sowohl der Song von Skinflicks als auch der von Skarpretter irgendwo eine Anti-Hippie-Aussage haben. 




Mittwoch, 15. März 2023

Album der Woche#578: Filter - Short Bus (1995)

Hallo und herzlich willkommen zu einem weiteren "Album der Woche", im Rahmen eines Nicht-Themenmonats. Tatsächlich habe ich kein bestimmtes Thema für diesen Monat ausgewählt, allerdings "arbeite" ich Bands auf einer Liste ab und zum Teil sind es eben 90er/2000er Alternative/Nu Metal Acts, die hier bis jetzt nicht vertreten waren. Zum Beispiel Filter.

Die beiden führenden Köpfe hinter Filter sind Sänger/Gitarrist Richard Patrick (Bruder von Robert "T-1000" Patrick) und Keyboardist/Drummer/Alles Andere Brian Liesegang. Es waren auch eine Menge anderer Leute auf dem Album beteiligt, aber es würde etwas den Rahmen sprengen, alle aufzuzählen. Patrick war ursprünglich Live-Gitarrist von Nine Inch Nails und ist sogar auf dem ersten Album des Reznor'schen Projekts (ich meine damit "Pretty Hate Machine") zu hören. Es kam während der Aufnahme zu "The Downward Spiral" zu einer Art Wutrede seitens Reznors. Patrick hat nach mehre Gehalt gefragt, worauf Reznor entgegnete er solle doch selbst eine Band gründen. So kam eins zum anderen und Filter sind entstanden. Aber das ist natürlich nur die verkürzte Geschichte.


Filter waren mir bekannt durch die beiden Songs "(Can't You) Trip Like I Do" vom Soundtrack zu Spawn und "Hey Man, Nice Shot" vom Soundtrack zu "The Cable Guy". Ich habe mich immer gefragt, worum es zum fick überhaupt im letztgenannten Song geht. Dieser ist nämlich der Opener hier. Es hat sich herausgestellt, dass er eine Art Vertonung eines Selbstmords bzw. dessen Folgen ist. Am 22.01.1987 hat sich der wegen Korruption und Gelderveruntreuung angeklagte Schatzmeister des US-Bundestaates Pennsylvania, R. Budd Dwyer, während einer von ihm ins Leben gerufenen Pressekonferenz, erschossen. Daher der zynische Titel und die nicht weniger zynischen Lyrics. Die Gerüchteküche meinte, der Song würde sich auf Kurt Cobain beziehen, was allerdings nicht stimmt. "Dose", die zweite Single ist ein "Nein" gegen organisierte Religion. "It's Over" handelt von einem Freund der Selbstmord begangen hat während "White Like That" ein etwas kryptischer Song ist. Er scheint aber von einer mit dem "Weiß sein" verbundenen Würde zu handeln. Der Albumtitel bezieht sich auf Kleinbusse die behinderte Kinder zur Schule transportieren und soll ein Ausdruck von Solidarität sein. Ich finde den Titel an sich einfach nur merkwürdig. Musikalisch ist das hier ein ebenfalls auf den ersten Blick merkwürdiger Mix aus Grunge und Industrial. Die Art und Weise wie Patrick Gitarre spielt plus die für Industrial typischen Loops/Samples erinnern an sein Mitwirken bei NIN und kleinen Maßen an Bands wie Ministry. Die Art und Weise wie er singt ist jedoch eine ähnliche wie bei so vielen Alternative/Grunge Bands der damaligen Zeit. "Consider This" ist meines Erachtens das beste Beispiel für die Industrial-Seite des Projekts während "Stuck In Here" die beste Darstellung der Grunge-Einflüsse ist. Der Song hätte genauso auf irgendeinem Grunge-Album rauskommen können.

Alles in Allem war das Album ein "Grower". Ich habe beim ersten Mal etwas Schwierigkeiten gehabt mich mit dem Stil anzufreunden. Versteht mich nicht falsch: die anderen Songs sind sehr wohl sehr sehr hörbar und tatsächlich verdammt gut - aber man hat hier einfach den bekanntesten an die erste Stelle gesetzt, sodass man danach andere Erwartungen auf das Album setzt. "Hey Man, Nice Shot" ist ein verdammt guter Opener - die anderen Songs können mithalten, sind aber wesentlich anders. Jedenfalls: Ich hab's insgesamt genossen und empfehle es hiermit weiter. Dies. Das.

7,75/10 Pfandflaschen



Dienstag, 14. März 2023

Comic Book Review#574: A Decade of Dark Horse#3 (1996)

Es sieht nur so aus, als würde ich jetzt eine Pause von all den Maske-Comics machen. In Wirklichkeit dachte ich mir, dass es etwas blöd wäre eine kleine Kurzgeschichte außerhalb der dazugehörigen Ausgabe zu reviewen. "A Decade of Dark Horse" war eine vierteilige Miniserie, die zum zehnjährigen Jubiläum von Dark Horse Comics erschienen ist. In dieser Ausgabe haben wir vier kleine Stories, die zu vier bekannten Reihen des Verlags gehören.


In "Aliens: Lucky" treffen wir auf einen vokuhila- und schnauzertragenden Astronauten, der Teil eines Bergungsraumschiffes ist. Eines Tages bergen sie ein kleines Schiff, sind aber zu sehr in Eile um es nach lebenden Organismen zu scannen. Folglich betritt er es um nach wertvollen Dingen zu suchen (die Gewinne davon teilt sich die Crew untereinander) und lässt aus Versehen eine Horde von Xenomorphs (ja, genau den) frei die daraufhin sehr schnell das gesamte Schiff infiltrieren. Er schafft es, einen der wenigen Überlebenden und zeitlich Vorgesetzten mit einem Alien auszusperren und selbst in einer Art Panic Room/Überlebenskammer sich zurückzuziehen. Von dort aus beobachtet er das Geschehen seelenruhig und es ist ihm scheißegal wie viele Menschen dabei sterben. Als das Rettungsteam endlich ankommt, lügt er dass er nicht für den Überfall verantwortlich war und schiebt die Schuld auf seinen Vorgesetzten. Eine durchaus typische Alien-Story. Ein ignorantes Stück Scheiße von einem Menschen bevorzugt es, sein Überleben zu sichern und auf die anderen zu scheißen während die Aliens alles und jedem massakrieren. Erzählt in einem Rückblick. Man weiß nicht, wie die Aliens auf das geborgene Schiff kamen, noch was nach der Rettungsaktion passiert. Perfekt für Neueinsteiger. Geschrieben von Mark Verheiden und gezeichnet vom großartigen Mark A. Nelson. Das Design ist Schiffes ist "chef's kiss".

"All and Sundra" ist eine Story aus der Comicreihe "Nexus". Wir befinden uns in den USA einer alternativen Zukunft. Die beiden Soldaten(?) All und Sundra die in einer Beziehung sind. Sie befinden sich auf einem Picknick als All ein Kindheitsphoto von Sundra in ihrer Brieftasche sieht. Daraufhin erzählt sie ihm wie es enstanden ist. Es war an ihrem elften Geburtstag als ihre Eltern sie in einen Dark Horse Themenpark gebracht haben. Der Tag war schön, die Eltern hatten sich lieb und sie hat mehrere Attraktionen besucht. Der Vater hat ihr ein Barb Wire Karussell gezeigt, obwohl es eher vulgär sein sollte. Später kriegt All Besuch von einer Überwachungsdrohne, die ihm zeigt wie es wirklich passiert ist. Sundras Eltern sind geschieden, als auch ihre Adoptiveltern. Sie waren zum Zeitpunkt des Ausflugs zerstritten und der Tag war Scheiße. All fühlt sich so als würde ihn jemand extra auf falsche Gedanken bringen wollen - tatsächlich ist die Drohne von jemanden von außerhalb ferngesteuert worden um Sundra zu diskreditieren. Ich verstehe nur die Hälfte des Comics, aber irgendwie auch die Rahmenhandlung. Allerdings ist "Nexus" eine riesige Reihe, die 500 Jahre in der Zukunft spielt und irgendwie ist das zu groß um einen kleinen Ausschnitt davon in eine Kurzgeschichte zu packen. Also, was hier vor sich geht, kann ich verstehen. Aber wer diese Leute sind, das wird nicht erklärt und ich steige nicht dahinter. Trotzdem irgendwie ganz cool. Geschrieben von Mike Baron, gezeichnet von Steve Rude. 

Die vorletzte Story heißt "The Kahm Family at Home" und ist Teil der "Outlanders"-Reihe. Ich habe absolut keinen Schimmer was für ein Wesen die Protagonistin ist. Eine große Frauen mit gebogenen Hörnern, die mit ihrem Ehemann ganze fünf Kinder gezeugt hat. Sie zeigt in dieser kurzen Story ihr Familienphotoalbum. Sie zeigt wie die fünf Mädchen (mit ähnlichen Namen) groß geworden sind, wie ein kleiner Bruder dazugekommen ist, wie sie zur Schule gingen und ihre Abschlüße gemacht haben. Ich kann beim besten Willen nichts damit anfangen. Liegt vor allem an der kindlichen Manga-Art. Ich kann mit der Story nichts anfangen, zumal es ja nicht wirklich eine ist. Es ist eher ein Rückblick. Geschrieben und gezeichnet von Johji Manabe, übersetzt von Dana Lewis und Toren Smith.

Und nun kommen wir zu dem Grund, warum dieses Review überhaupt entstanden ist. "Night of the Return of the living Ipkiss...kinda" ist eine Art Hommage an den damaligen Werdegang der Maske. Kathy, die erste Frau die die Maske getragen hat, und sie von ihrem (nun toten) Ex Stanley Ipkiss geschenkt bekommen hat, besucht sein Grab. Es tut ihr Leid, dass sie ihn umbringen musste, allerdings waren die Schäden die er angerichtet hat zu groß und er musste aufgehalten werden. Kurz nachdem sie verschwindet, steigt Stanley aus seinem Grab und trägt die Maske, was dazu führt dass er das Aussehen des Big Head hat. Nun will er sich an seinen Widersachern rächen. Zuerst bringt er einen random Motorradfahrer um, danach geht er zur Verhaftung des Gangsters Mozzo, der gemeinsam mit Walter abgeführt wird. Es kommt zu einer Kampfszene, bei welcher Lieutenant Kellaway verletzt und Walter enthauptet wird. Daraufhin begibt er sich zu Kathy, weil er sich an ihr ebenfalls rächen will. Sie erinnert ihn allerdings daran, dass er die Maske nicht mehr hat und dass nach seinem Tod mehrere andere Menschen sie getragen haben. Er würde das wissen, wäre er am Leben. Die Story endet als surrealer Traum in einem weißen Raum, ohne Boden oder Decke (wie bei "Bernd das Brot" in der Nachtschleife). Kellaway gibt Walter seinen Kopf wieder und verscheucht die Leser. Was für ein abgefahrener Scheiß, der niemals in Verbindung mit der Hauptstory steht und einfach ohne Zusammenhang gelesen werden kann. Gezeichnet von Doug Mahnke, geschrieben von John Arcudi. Also von den Maske-OGs. Großartig!

Insgesamt gebe ich der Ausgabe
7/10 Pfandflaschen,
weil hier nicht alles Gold ist. Aber das ist durchaus normal bei einer Art Comic-Sampler.

Freitag, 10. März 2023

Album der Woche#577: Mudvayne - The End of All Things To Come (2002)

Hachja, bald könnte auch diese Band eine Tradition hier erfahren. Vor zwei (?) Jahren habe ich deren Debüt "L.D. 50" reviewt und war sehr froh über diese Entscheidung. "The End of All Things To Come" ist, zumindest dem Titel nach, das Gegenstück zur EP "The Beginning of All Things To End". Diese war allerdings ein Reissue der ersten EP "Kill, I Oughtta", hat also soundtechnisch nichts mit diesem Album zu tun. 


Und wenn wir schon beim Sound sind, so ist dieser hier schon sehr anders als beim Debüt. Es gibt ja diverse Leute die sich (nicht böse meinend) über Mudvayne lustig machen und sagen, dass sie ja quasi nur Slipknot mit Seinfeld-Basslines sind. Tatsächlich ist das Bassspiel von Ryan Martinie dermaßend markant, dass man sagen könnte, es hat ein Wiedererkennungswert. Es ist hier nach wie vor gut zu hören, vor allem im ersten Song "Silenced". Insgesamt bewegt sich "The End of All Things To Come" in eine wesentlich andere, progressivere Richtung. Die Jahre 2002-2003 markierten das Ende der Nu Metal Ära. Viele der Bands waren entweder musikalisch am Ende, lösten sich auf oder versuchten sich in anderen Stilrichtungen. Da fiel häufiger der Terminus "Buttrock". Dieser bezeichnet Bands, die auf US-Radiostationen liefen, die sich als Motto "We play anything but rock" ausgesucht. Also sowas wie Nickelback oder 3 Doors Down. Tatsächlich hören sich Mudvayne hier... nun mal... etwas "buttrockiger" an. Sprich: Melodischer, emotionaler, "erdiger" und weniger "kantig" bzw. mechanisch. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie beliebig klingen. Viel mehr sehe ich das so, dass sie gekonnt aus der Nu Metal Schublade herausgeglitten sind. 

"The End of All Things To Come" ist ein diverses Album. Es ist aufgenommen worden innerhalb eines Monats. Währenddessen hat sich die Band komplett weggesperrt und isoliert um Inspiration zu schöpfen. Man könnte meinen, dass unter soviel Druck viel Scheiße entstehen kann (höhö), aber unter Druck entstehen auch Diamanten (huehuehue). Ich höre Einflüsse aus solchen (damals) modernen Bands wie Pantera oder Tool aber auch eine gute Portion mathematisch wirkenden Progressive Rock. Ich finds beeindruckend wie man, beispielsweise auf dem Song "The Patient Mental", gleichzeitig wie eine mathematische Formel klingt und trotzdem irgendwie Alternative Rock Radio tauglich und nicht unnötig kompliziert. Einer der bekanntesten Songs hierauf ist "Not Falling", der vor kurzem erst zum Meme wurde als Sänger Chad Gray bei einer Live Performance von der Bühne gefallen ist. 

Fazit: Ein faszinierendes, progressives, metallisches Irgendwas. Nur die Alien-Kostüme sind dämlich. Aber die sind zum Glück nicht zu hören.

8/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Not Falling, Skrying, The Patient Mental



Donnerstag, 9. März 2023

Film der Woche#574: ガメラ-THON, Teil 6

ガメラ対大魔獣ジャイガー/Gamera vs. Jiger/Gamera gegen Jiggar - Frankensteins Dämon bedroht die Welt (1970)

Okay, ich tue mir das also bereits zum sechsten Mal an. Zum sechsten Mal von zwölf. Diesmal dachte ich mir "Okay, es sind nur noch sieben Filme über, wovon nur noch drei in der Showa-Ära spielen, das heißt danach wirds richtig gut." Tatsächlich war der vorherige Film auch ganz unterhaltsam, auch wenn ich definitiv bleibende Schäden im Gehirn davon getragen haben. Dieser schlägt in eine ähnliche Kerbe.


Dieses Mal sind wieder mal ein japanisches und zwei us-amerikanische Kinder (im letzten Film war es ein amerikanischer und ein japanischer Junge als auch seine Schwester) die Protagonisten. Hiroshi (Tsutomu Katakuwa) als auch Tommy (Kelly Burris) und seine Schwester Susan Williams (Katherine Murphy). Die drei verbringen gerne Zeit zusammen. Der Freund von Hiroshis Schwester arbeitet bei der Weltausstellung 1970, auf welcher Exponate aus über 70 Ländern ausgestellt werden. Ein Botschafter des "Wester Island" ist darüber empört, dass eine Statue von seinem Heimatort entfernt und ausgestellt wird.ist Der Legende nach stammt diese aus einem versunkenen Kontinent namens Mu. Als er die Fotos davon sieht fängt er laut an "Jiggar! Jiggar!" zu schreien und sowieso sehr wütend. Gamera taucht ganz schnell auf und versucht den Transport der Figur zu verhindern, sehr zum Ärger der Expo-Verantwortlichen und zur Sorge der Armee bzw. Regierung. Was niemand weiß: Die Figur wirkt wie auf ein Magnet auf das uralte dinosaurierähnliche Monstrum Jiggar/Jiger. Er/sie taucht plötzlich aus dem nichts auf, was Gameras Aufmerksamkeit erweckt. Die beiden Monster kämpfen gegeneinander, wobei Jiggar Gamera schwer verletzt. Die Statue wirkt wie eine Hundepfeife. Sie verursacht in Jiggars Kopf ein unerträgliches Klingeln, was ihn wahnsinnig macht.

Ich muss es den Machern lassen, sie sind wirklich kreativ. Diesmal haben wir, bis auf die Eröffungssequenz keinerleid Material aus den vorherigen Filmen, dass hier verwendet wird. Stattdessen nur neue Bilder und tatsächlich wesentlich besser aussehende Kostüme und verdammt gut gemacht Minaturen. Das Design von Jiggar ist um hundert tausend Welten besser als von seinen Vorgängern. Er sieht aus wie ein gepiercter Dinosaurier, ein Triceratops-Verschnitt und nicht wie ein Crack-Alptraum. Seine Koordination ist außerordentlich gut, die Kampfszenen sind super lustig, amüsant und tatsächlich einfach cool. Auch die Idee, aus ihm eine Art Parasit zu machen, was seine Eier in andere Wesen legt ist höchst innovativ. Die Kinder per U-Boot ins Innere Gameras zu lassen um nachzugucken was passiert ist, ist noch eine Stufe drüber. Alles in Allem: Irgendwie immer noch ein Kinderfilm, mit drei Kids im Vordergrund die das Geschehen ständig kommentieren müssen. Lustig, spaßig, aber gewinnt keinen Blumentopf. Nein, nein.

6/10 Pfandflaschen
Trailer: