Samstag, 30. Dezember 2023

So isses, Musik!#180

Deftones Discography: Ohms (2020)

Das bis jetzt letzte Album von Deftones wurde im Pandemie-Jahr 2020 aufgenommen. Über mehrere Kanäle und aufgrund von gesundheitlichen Bedenken auf Distanz aufgenommen. Ich frage mich wie Gitarrist Stephen Carpenter, der ja der Meinung war dass die Erde flach ist, dazu stand. Also zu Pandemie und Impfungen und so weiter. But anyways...


Ich sage "das bis jetzt letzte" weil 2024 ein Nachfolger kommen wird. Bis jetzt ist es aber das letzte und wir beenden das Projekt "Deftones Discography" erstmal. Zum zwanzigjährigen Jubiläum des Überwerks "White Pony" besinnen sich die Kalifornier tatsächlich auf ihre Alternative Metal Wurzeln. Diesmal geschieht das Genremischen auf eine andere, umgekehrte Art. Anstelle schwere Klänge mit Dreampop/Shoegaze-Versatzstücken zu würzen lassen die Deftones einen mit dem Gefühl zurück, sie hätten Shoegaze mit Metal gemischt. Nicht andersrum. "Ohms" fühlt sich nicht unbedingt an wie ein Nostalgie-Trip und das obwohl ein Song wie "Headless" mich beinahe an das selbstbetitelte Album von 2003 erinnert. Ich habe den Eindruck, dass die Band lang genug experimentiert hat, sich weiter entwickelt hat und nun mit diesen neu angeschafften Erfahrungen ein Schritt zurück geht. Allerdings ohne an Qualität einzubüßen. 

Meiner Meinung nach war "Gore" kein schlechtes Album, aber ich glaube ich hatte es nicht ganz so lieb gewonnen wie dieses hier. Lag auch nicht an Dreampop oder Shoegaze oder sowas. Vielleicht ist der Sound einfach nicht 100%ig bei mir angekommen. "Ohms" schafft es allerdings absolut. Mir gefallen dieses Synthesizer-Intro bei "Genesis". Dieser unfassbar sanfte Beginn von "Pompeji", der ziemlich schnell in die Defones'sche Mischung aus Verträumtheit und Hornyness ausschweift. Und es endet mit einem wunderschönen Ambient-Outro. Herrlich. Ich mag mich vielleicht dabei etwas zu sehr aus dem Fenster lehnen, aber "Ohms" bietet bis dato fast schon den besten Spagat zwischen Dreampop, Shoegaze und Alternative Metal. Vielleicht lag es daran, dass die Musiker es auf Distanz aufgenommen haben und ihre physischen Freiräume hatten. Who knows. Ich bin gespannt aufs nächste.

9/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Pompeji, Genesis, Ohms, Radiant City

Philipp:

Deftones 2020
"Kinder, wie die Zeit vergeht, wir sind tatsächlich schon beim bisher letzten und neusten Deftones-Album angekommen, schicke schwarz-weiße digitale Pixel-Optik und interessantes Artwork, herausgekommen im durchaus sehr schwierigen 2020. Im Gegensatz zu den 3 Vorgängern wird der eingeschlagene Weg jedoch nicht konsequent weiterverfolgt, sondern sowohl was die Produzentenwahl angeht (der alte Bekannte Terry Date), als auch rein musikalisch durchaus mit einem lachenden und einem weinenden Auge (Bezug zum Cover) auf die alten Tage geschielt. Sicherlich nicht ganz zufällig stand 2020 schließlich auch das 20. Jubiläum der unbestrittenen Klassikerscheibe "White Pony" ins Haus, was den Reiz eines kleinen Rückblicks sicherlich noch erhöht haben dürfte. Ohms ist um einiges härter, lärmiger und sperriger geraten als seine Vorgängeralben und weist sehr große Parallelen zum selbstbetitelten Album von 2003 auf, es wird wieder mehr gemeddld und gebrüllt. Dass Chino in seinem Alter (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war er bereits 47 Jahre alt) immer noch so großartig keifen kann, ist schon super beeindruckend. 
Die Melodik und Atmosphäre wird dabei trotzdem nicht außer Acht gelassen, Ohms ist wieder einmal schön düster und trotzdem warm und horny.
Da dies die letzte Deftones-Scheibe ist die wir reviewen werden, hier ein kleines Resümee:
Ich persönlich habe mich sehr mit dieser Band angefreundet, es ist einfach der Wahnsinn, wie schnell sie ihren eigenen Stil gefunden und diesen stetig weiterentwickelt haben, ich bin auf jeden Fall ein großer Fan geworden und bin sehr gespannt, wie es mit der Band weiter geht, Stephen Carpenter ist wohl ein bisschen durchgedreht, glaubt die Erde sei flach und weigert sich, die USA zu verlassen und Sergio Vega wurde herausgeworfen, nachdem er nach fast 13 Jahren in der Band den berechtigten Anspruch äußerte, endlich als festes Bandmitglied akzeptiert und bezahlt zu werden. Leute, ihr seid doch nicht Metallica, aber ja, was Männer alles lieber tun, als zur Therapie zu gehen, um mal mit dem Tod ihres alten Bassisten klarzukommen. The future is unwritten, es bleibt spannend. Das Dia de los Deftones-Festival 2023 muss jedenfalls stattgefunden haben. 
Ungeachtet dessen gebe ich diesem Album recht kritische

8,5/10 Pfandflaschen 

Anspieltipps: 

Pompeji, Urantia, Ohms"

Raphael:

"Bei den Deftones hat sich die Anzahl der Saiten mal wieder vermehrt. Erst beim vorigen Album „Gore“ ist Bassist Sergio Vega auf einen Sechssaiter umgestiegen, und auf dem vorliegenden neunten Album hat sich Stephen Carpenter eine neunsaitige Gitarre umgehängt. „Ohms“ ist bis jetzt das letzte Album der Band, und es ist wahrscheinlich das letzte Release mit Bassist Sergio Vega, welcher ein Jahr nach Veröffentlichung ausstieg. Die Deftones existieren noch, sie touren, sie veranstalten die Dia de los Deftones, und scheint in neuer Besetzung nicht ans Aufhören zu denken. Und erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass ein neues Album für 2024 geplant ist.

Bevor wir aber ins Jahr 2024 schauen, werfen wir den Blick noch einmal in die Vergangenheit. Im Jahr 2020 hat die COVID Pandemie auch die Häuser der Deftones Mitglieder erreicht, was die Fertigstellung von „Ohms“ beeinflusst hat. Doch im digitalen Zeitalter müssen Bandmitglieder nicht mehr alle im gleichen Raum sein, und so konnten Aufnahme, Mix und Master vollendet werden. Das Album erschien dann Ende September 2020. Es war das Jahr der Black Lives Matter-Proteste nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd, das Land der bisher größten Proteste gegen das Regime Lukashenko in Belarus, und das Jahr, in dem die FDP in Thüringen so nonchalant mit den Faschisten geflirtet hat, dass man kotzen möchte.

Und die Deftones? Die sind sich treu geblieben, indem sie sich immer wieder weiterentwickeln, verwandeln und neue Gestalten annehmen, ohne sich jemals von sich selbst zu entfremden. Auf „Ohms“ ist ein starker Einschlag von atmosphärischen Stilmitteln à la Post Rock, Dream Pop, Ambient zu spüren. Nichtsdestotrotz mangelt es nicht an scharfkantigen Riffs und der typischen melancholisch-emotionalen Horniness. Ein weiterer Aspekt, in welchem sich die Band auch dieses Mal treu geblieben ist, ist ihre omnipräsente Überdurchschnittlichkeit. Nach wie vor hat es kein schlechtes Deftones Album gegeben.

Jedes der zehn Stücke auf „Ohms“ ist von einer starken Vielfalt bestimmt, die sich aus atmosphärischen, emotionalen und giftigen Passagen zusammensetzt. Dennoch hat jeder Song seinen ganz eigenen Klang, und diese einzelnen Stücke fügen sich passgenau in das Gesamtthema des Albums ein.
8/10 Pfanflaschen
Anspieltipps: Urantia, The Link is dead"



Was läuft sonst?

Uratsakidogi haben einen Song draußen. Die russische Black-Hop-Gopnik-Combo bezieht sich in "Gaahl" irgendwie auf Gaahl, also den ehemaligen Sänger von Gorgoroth. Oder auch nicht. Es ist irgendwie sehr undurchsichtig. Ich checke das nicht ganz. Jedenfalls ist der Track leider nicht ganz so auf Höhe wie "Black Hop na Rajone" und wie die ganzen anderen Songs auch hießen. Aber spaßig ist das trotzdem. Die Kombination "Rap", "Gopnik Kultur" und "Black Metal" funktioniert immer noch. Hier geht es zum Song.

Keys To The Astral Gates And Mystic Doors sind eine äh Zwei-Mann-Black-Metal-Band die einen unheimlich langen Bandnamen hat, das gleichzeitig auch der Albumtitel ist. Die Typen sehen aus als wären sie in einen Farbeimer gefallen bzw. als wären sie zu lange im Pandagehege gewesen. Das Bandlogo ist komplett unleserlich und das Album hört sich an als wäre es in einem Mülleimer aufgenommen. Es ist großartig. Danke an Marlyn fürs Zeigen, genauso wie für den unteren Teil dieses Beitrags.

Ein YouTube-Account namens tvnalad produziert Beats auf Black Metal Basis. Mir sind auf jeden Fall zwei Videos aufgefallen. Als erstes die komplette Verwurstung bzw. Ver-Trap-ung von Burzums "Filosofem". Varg Vikernes wäre sicherlich erbost gewesen über die Verwestlichung seiner Musik. Daher ist dieser Remix mehr als unterstützenswert. Nicht weniger gut ist das Dungeon Rap/Funeral Synth/Black Metal Projekt "Isihizam" mit dem Album (oder viel eher Tape) "Patron Rekvijem". Faszinierend wie bedrückend und gleichzeitig smooth und groovy dieses Ding ist. Herrlich.

Mindestens genauso großartig, wenn auch anders ist die EP "Nebula" von Morkesis. Hierbei handelt es sich um einen pillen werfenden Stiefbruder von Dungeon Synth - Kellersynth. Es ist dunkel, "flippig" und gleichzeitig vollkommen abgedreht. Viel viel Synthesizer und Black Metal Ästhetik. Aber eher die von Zwergen im Wald die Crack Pfeifen rauchend um die Bäume schlängeln. Und etwas Blastbeats die definitiv auch mit Synthesizer aufgenommen wurde. Was zum eigentlichen fick ist das? Doch es geht noch viel viel abgedrehter. Der Song "Teknokesis" kommt nicht nur mit einer absoluten Verwurstung von Dungeon Synth zu einem Techno-Pillen/Koks-Alptraum der Gabba Gandalf sicher gefallen würde. Sondern auch mit entsprechenden Grafiken!!! JUNGE WAS IST DAS????

Einmal ins Rabbit Hole gestiegen, kommt man nicht mehr raus. Was zum fick ist denn bitte Hexenmeister mit "Tänzelsession um Mitternacht"? Einmal angeklickt und sofort verliebt. Das hört sich an wie eine Dungeon Synth Version von Gabber/Happy Hardcore. Stellt euch einen schwarz geschminkten Gabber Piet vor, der in einem schwarzen Umhang im Wald herumgroovt. Um Mitternacht, natürlich.

Und es geht natürlich noch weiter. Scheinbar ist "Kellersynth" nicht das einzige Untergenre von Dungeon Synth. Tänzelcore verbindet Techno und Dungeon Synth noch eindeutiger. Darum gibt es "Blutrausch" von Ruprecht 4500. Hier. Bitteschön. Ja, genau HIER.

Hole Dweller: Hobbit-themed Dungeon Synth. Am 26.12. auf einer Weihnachtsfeier das erste Mal gehört. Grandios. Empfehle das Album "flies the coop" auf Bandcamp. Und zu guter letzt Rhan Tegoth: Ctulhu-themed Ambient. Absolut fantastisch.

TOP TEN

Da ich sowas eher selten mache, weil ich Ende des Jahres eh immer die Alben des jeweiligen Jahres reviewe, lasse ich nun die beiden anderen Kollegen dran. Hier kommen die beiden Top Tens of 2023 von Philipp und Raphael:

Philipp:

Raphael:

Ich möchte mich an dieser Stelle bei Philipp und Raphi bedanken. Dafür dass sie jetzt (fast) zwei Jahre lang diesen Discography-Zirkus mitgemacht haben. Ich bin sehr froh darüber, dass wir das gestartet haben. Vor allem weil ich dadurch mein Horizont erweitern konnte. Ich höre viel zu wenig neue Musik. Anyways, thank you.

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