Kann sich irgendjemand von meinen Lesern an "Nix-Pop" erinnern? Es war eine Download-Plattform für allerlei alternative Musik. Man konnte wirklich tonnenweise (illegal) Alben runterladen. Die Community hat auch irgendwann angefangen eigene Sampler hochzuladen. Wie beispielsweise "Crust As Fuck". Es ist, wie unschwer zu erkennen, ein Sampler mit Crust Punk/Crustcore/Neocrust und D-Beat Bands. Unter anderem sind da "Arise" von Amebis zu hören als auch "Deutscher Mob" von His Iro Is Gone, "Ficken Oi!" von Dead Kaspar Hausers, "Police Bastard" von Doom und und und. Ein wirklich generischer, weil er alle Evergreens enthält, Sampler der jedoch wunderbar dazu geeignet ist neue Hörer an die Musik zu bringen.
10. Crust Poland
"Crust Poland" hingegen ist eine Sammlung von Songs von polnischer Crust Punk Bands. Neben Klassikern wie Homomilitia, Evil, Infekcja, Silna Wola und Filth of Mankind findet sich hier allerlei Zeug dass ich überhaupt gar nicht kenne. Größtenteils auch von ziemlich mieser Qualität - also eigentlich wie es sich gehört. Leider nicht meine can of mixery, das Ganze.
Erster Teil der Samplerreihe, erschienen auf Snake Records. Mit dabei solche Perlen wie "1990" von Die Fremden, "Verkohltes Land" von Die Kellergeister, "Pöbel und Gesocks" von Beck's Pistols oder "Geh'n wie ein Proll" von Die Lokalmatadore. Daneben aber auch Bands die mich tatsächlich niemals angefixt haben wie Vandals, Maniacs, Kapitulation B.o.N.n. oder Daily Terror. Ein gutes Zeitzeugnis deutschsprachiger Punkgeschichte. Tatsächlich jetzt.
Also eigentlich heißt es ja "private music", in Kleinbuchstaben. Genauso wie alle anderen Songs hierauf, wie "milk of the madonna" oder "my mind is a mountain". Erstes Deftones-Release seit "Ohms", also seit fünf Jahren. Offiziell längster Abstand zwischen zwei Alben in der Discography der Band.
Ich muss sagen, dass es ganz schön schwierig ist nach einer quasi zu Ende gebrachten Discography noch eins draufzusetzen. Es ist gar nicht mal so lange her, dass wir zu dritt "Ohms" reviewt haben und es hat Spaß gemacht. Genauso wie es Spaß gemacht hat, "private music" zu hören. Ich wundere mich immer noch über diesen Albumtitel, aber egal. Ich wiederhole mich, aber es ist immer noch schwer was konkretes dazu zu sagen. Es ist halt ein verdammt gutes Deftones-Album, dass genauso wie "Koi No Yokan" oder "Diamond Eyes" in der Lage ist Kontraste miteinander zu verbinden. Sprich Alternative Rock Riffs, Chino Morenos mal verzweifelter mal horny Gesang als auch shoegaze-y Elemente. Im Grunde genommen, schafft man es (mal wieder) alten Sound in modernen Gewand einzukleiden. Es heißt "wenn Deftones ein weißes Tier auf dem Albumcover haben, dann wird's richtig ernst". So hatten wir ein weißes Pony, eine Schneeeule und nun eine weiße Schlange. Und es wird ernst. Ich frage mich, wie zur Hölle man es schafft nach mehr als 30 Jahren immer noch so frisch zu klingen, so gar nicht müde. Ich halte eine der ersten Singles "milk of the madonna" für einen der stärksten Tracks. Vielleicht sogar weil er so groovy und quasi radio-tauglich ist. Fast so wie damals "Back to School", nur dass Deftones ihren Klassiker als Trotz-Reaktion veröffentlicht haben. Das hier scheint mir ein gewollter, radiotauglicher Song zu sein. Eine gewollte Single. Aber das klingt gut. Der einzige Schwachpunkt hierauf sind die Sprechgesang-Parts auf "metal dream". Diese erscheinen mir fast schon gewollt aber nicht ganz gekonnt, als wäre man aus der Form. Aber insgesagt: Holy fuck, was für ein gutes Album. Und ich freue mich enorm, Deftones im Februar endlich mal live zu sehen.
8,75/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: cut hands, milk of the madonna, my mind is a mountain
Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt
Philipp:
"Ja, geil, eine Woche nach neuer Slime die neue Deftones-Platte. Ich habe ehrlich gesagt die Singles bisher nicht so wirklich verfolgt und lieber auf das komplette Album gewartet. Ja, ich bin diese Art Musikkonsument.
Schade fand ich, dass im Vorfeld der Albumaufnahme (genau genommen im Jahr 2022) Sergio Vega die Band verlassen musste. Dieser hat wohl tatsächlich die Frechheit besessen, nach 13 Jahren seine Position und Bezahlung in der Band zu hinterfragen, wurde er doch Newsted-esk immer irgendwie als "der Neue" und als Session-Musiker behandelt, obwohl er an 4 Alben der Band maßgeblich beteiligt war. Naja, meine Vermutung ist, dass die Trauer über Chi Chengs Unfall und Ableben einigen der Protagonisten so tief in den Knochen saß, dass sie einfach nicht zulassen konnten, den Platz dauerhaft neu zu besetzen. Was Männer halt so machen statt zur Therapie zu gehen. Egal, der neue trägt den Namen Roberto Agustín Miguel Santiago Samuel Trujillo Veracruz. Nein Quatsch, kleiner Scherz am Rande, neuer Bassist ist Fred Sablan, welcher unter anderem als Tourbassist für Chelsea Wolfe und Marilyn Manson tätig war und dass der Typ ein Profi ist, merkt man dem Album echt an. Er fügt sich wirklich gut in die Einheit Carpenter/Cunningham ein, die Band klingt wahnsinnig tight.
Ich bin echt wahnsinnig beeindruckt, vor allem auch davon, wie gut sich Chungus Morongus' (der übrigens in den Videos gar nicht mehr so chunky aussieht) Stimme gehalten hat. Generell sind die Songs super dicht und atmosphärisch und auch die Produktion ist wieder einmal nahezu perfekt. Es klingt wieder einmal wie eine warme Decke, die einen einhüllt und trotzdem besitzt die Musik eine wahnsinnige Kraft und Energie, die zwei Deftones-Pole Shoegaze und Alternative Metal sind nahezu verschmolzen und ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album, es ist aggressiv, es ist horny, es ist melodisch, es ist wunderschön. Kleine Bemerkung am Rande: Selbst ein paar wirklich neue Facetten sind zu hören, so wie im Intro zu "Departing The Body" klang Chingo Madengo noch nie, ich musste tatsächlich googeln, wie der Gastsänger heißt, haha.
Ich möchte mich gar nicht unnötig mit Details aufhalten, Deftones bleiben Deftones und haben die minimale kreative Flaute von "Ohms" hinter sich gelassen und klingen so innovativ und frisch wie eh und jeh.
9,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Ecdysis, Milk Of The Madonna, Departing The Body"
Raphael:
"Vier Jahre und elf Monate nach der
Veröffentlichung von „Ohms“ erscheint das zehnte Studioalbum der
Deftones. Die längste Pause zwischen zwei Full-Length Releases in
der bald vierzigjährigen Bandgeschichte wurde somit beendet, und
halle-flipping-lujah, was ist denn das für ein Geschoss von Album?!
Das
Jahr 2025 war musikalisch äußerst vielseitig. Stellenweise
dramatisch, und ist gesäumt von Highlights und Abgründen. Unter
anderem haben Berlin 2.0, The Great Machine und Kombynat Robotron
wirklich starke Platten veröffentlicht. Und nun reiht sich in der
Liste der großen Banger auch noch „private music“ ein. Weitere
Ereignisse des Jahres kurz zusammengefasst: der Hausrotschwanz ist
der Vogel des Jahres, die Schafgarbe die Arzneipflanze des Jahres,
und der Chashewbaum die Giftpflanze des Jahres (danke Philipp!).
Außerdem ist Roger Waters immer noch nicht müde, der ganzen Welt zu
zeigen, was für ein hirntoter Depp er ist.
Die
Deftones verzichten auf ihrem neuen Album nahezu komplett auf
Großbuchstaben. Lediglich im sechsten Track „cXz“ gibt es ein
großes X. Des Weiteren haben sie ihre Besetzung um Fred Sablan
erweitert, der zuvor schon ihr Tour-Bassist
war. Sonst wird hier allerdings an gar nichts gespart, denn „private
music“ ist genau das Deftones Album, das wir anno 2025 brauchen.
Knapp eine Dreiviertelstunde lang geht es emotional, kraftvoll,
emotional, und in jeder Hinsicht vielschichtig zur Sache. Um den
Genrefetischismus zu bedienen, lassen sich Begriffe wie Alternative
Metal, Shoegaze, Grunge, Ambient, und stellenweise auch Prog Metal
verwenden.
Wenn
wir aber von Kategorien absehen, dann entfaltet sich hier eine
kunterbunte Welt, die in unzähligen Grautönen die gegenwärtige
Realität widerspiegelt. Zwischen scharfkantigen Riffs und
unheilvoller Atmosphäre sucht ein fragiles Individuum Ruhe und
Geborgenheit. Alles ist privat und individualisiert, alle stehen
nackt in der Masse und sind dennoch allein. Innerer Frieden oder
Erholung scheinen unmöglich in dieser schnellen und lauten Welt, und
so rutschen die schreienden Seelen auf der Suche nach Wärme durch
das Raster.
Musikalisch
wie auch inhaltlich haben sich die Deftones neu erfunden und ihre
bisherigen Veröffentlichungen übertroffen. Auf dem Album „private
music“ treffen die Extreme aufeinander, während ein kohärenter
Strang mit gewaltiger Sogkraft kontinuierlich nach unten zieht, dabei
aber stets den Blick in Richtung Licht offenlässt. Dies ist ein
Meisterwerk.
10/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: locked club,
milk of the madonna"
Incubus Discography:Light Grenades (2006)
Sechstes Album von Incubus. Diesmal wesentlich weniger bombastisch und abgefahren als der Vorgänger "A Crow Left Of The Murder", aber auf seine eigene Art und Weise doch sehr speziell. Gitarrist Mike Einziger beschrieb es als ein Album mit 13 Songs, das klingt als wären sie von 13 verschiedenen Bands aufgenommen worden und dass sie es jedes Mal versuchen ein zusammenhängenden Sound zu produzieren und es nie so recht klappt. Tatsächlich hat er in beiden Punkten Recht, jedoch muss ich hinzufügen, dass es trotzdem einen roten Faden gibt und man klipp und klar erkennen kann dass es von Incubus stammt.
"Light Grenades" vollzieht einen Spagat zwischen Pop Appeal marke später Red Hot Chili Peppers und Experimentierfreude von Patton'schen Bands wie Faith No More. Man hört also nach wie vor den Einfluss dieser Bands, egal ob Incubus Crossover/Rap Rock machen oder Alternative Rock. Meiner Meinung nach ein sehr gelungener Spagat. Verdammt gelungene Mischung aus innovativen Ideen, progressiven Melodien, klaren Gesang und innerer Ruhe. Böse Zungen würden behaupten, Incubus würden nur noch poppigen Alt-Rock zur Befriedigung der Massen machen. Ich sage, hier steckt noch mehr Innovation und schöpferische Kraft als auf den vorherigen Alben. Das ist tatsächlich das Album aus dieser Discography, dass mir am meisten Spaß macht. Es ist träumerisch schön, in den richtigen Momenten aufgeweckt und in anderen sehr seicht. Ich bin gespannt, was als nächstes kommt.
8,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Oil and Water, Kiss to the send us off, Light Grenades
Kid Rock Discography:Cocky (2001)
Fünftes Album von Kid Rock. Diesmal merkt man ganz gut, dass der Mann mit Hut und Sonnenbrille zeitweise doch etwas träge geworden ist was das Rappen betrifft. Aber im Großen und Ganzen gelingt es ihm doch. Genauso wie weiterhin die Vermischung von Country, klassischen Hard Rock, Metal und Hip-Hop.
Insgesamt ist "Cocky" ein "Mixed Bag of Feelings". Richtige "große Eier"-Tracks wie "I'm Wrong But You Ain't Right" (absoluter Nu Metal Song) oder "Forever" (in welchem er mal wieder aufzählt was er für Musik macht: "I make Punk Rock, and I mix it with Hip-Hop [...]I'll forever be the Kid Rock") mischen sich mit sehr seichten Country-Balladen wie "Lonely Road of Faith", "Midnight Train To Memphis" oder dem Duett "Picture", welches mit der Country-Sängerin Sheryl Crow aufgenommen wurde. Die ruhigeren, melodischen Songs sind dabei tatsächlich der beste Teil des Albums. Man hört
eindeutig: Der Mann kann wirklich gut singen und möchte das allen zeigen. Daneben gibt es aber so Songzeilen wie "I'm a bad mamajama from Detroit City" und den fürchterlichen Song "WCSR" (das steht für World Class Sex Rhymes) bei welchem Snoop Dogg einen Gastpart hat. Darin geht es unter anderem darum, dass Kid Rock zusammen mit Präsident Bill Clinton Sex mit einer Flugbegleiterin im Flugzeug hat. Es ist Königsdisziplin des Kringels. Insgesamt muss ich sagen: KR schafft es weiterhin ein fiktives Image von sich aufrechtzuerhalten. Nämlich das des Redneck-Cowboy-Trailerpark-Pimp-Daddy mit einem Herz aus Gold der gerne Hip-Hop hört und Lynyrd Skynyrd zitiert. Es funktioniert. Das Album ist alles andere als schlecht. Ich erinnere mich, dass vor ca. 24 Jahren auf Kassette gehabt zu haben und es nicht so gut gefunden zu haben. Man kann sich auch irren.
7,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: You Never Met A Motherfucker Quite Like Me, Forever, Lonely Road Of Faith, Picture
Slayer Discography:Show No Mercy (1983)
Hurra, eine neue Discography!
Erstes Album der Thrash Metal Titanen Slayer, veröffentlicht im Dezember 1983. Das heißt, dass es dieses Jahr ganze 42 Jahre alt wird. "Show No Mercy" ist ein typisches Erstlingswerk einer jungen Thrash Band aus den 1980ern. Man hört ordentlich, dass sie noch grün hinter den Ohren sind. Die Qualität der Aufnahmen ist ziemlicher underground, gar nicht auf Hochglanz poliert oder so. Die Texte drehen sich um Satan, Tod und Schmerz (beliebige ähnliche Stichworte hinzufügen). Auf dem
Albumcover ist Satan zu sehen, auf der Rückseite der Platte steht "Side 666". Allerdings kann man oberflächlich betrachtet nur zwei Titel mit Satanismus in Verbindung bringen. "The Antichrist" und "Black Magic". Vor diesem Album haben Slayer ordentlich Material aus der "New Wave of British Heavy Metal" gecovert, unter anderem Iron Maiden. Ich höre hier auf jeden Fall Judas Priest Einfluss. Zumindest kann ich mir vorstellen, dass Sänger Tom Araya von Rob Halfords Falsetto abgekupfert hat. Es kann aber auch sein, dass ich mich irre und Halford damals diese Art von Stimme noch nicht angewendet hat. Und ich bin zu faul, das nachzurecherchieren. "Hit The Lights" von Metallica kam ein Jahr vorher raus und irgendwie erinnert mich vom Intro her, als auch diversen Textstellen der Opener "Evil Has No Boundaries" daran. Lyricstechnisch trieft "Show No Mercy" nur so vor Satan/Antichrist-Klischees. Aus heutiger Sicht vielleicht irgendwie generic, aus damaliger Sicht aber durchaus innovativ. Sympathisches Werk einer noch sehr jungen Band, die sich grade erst entdeckt, sozusagen.
7,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Evil Has No Boundaries, Fight Till Death, Crionics, Show No Mercy
Ulver Discography:Sunn O)))/Ulver - Terrestrials Split EP (2014)
Okay, das hier ist keine neue Discography. Aber irgendwie hatte ich mal wieder Lust ein paar Lücken zu schließen und etwas einzubringen, was kein Album ist. Bald wird hier aber auch das neueste Album von Ulver reviewt, keine Sorge. Für die Komplettisten unter euch. "Terrestrials" ist zwischen Ulvers "Messe I.X-VI.X" und "ATGCLVSSCAP" erschienen als auch zwischen Sunn O)))s "LA REH 012" und "Soused".
Es ist, wie natürlich nicht schwer zu erkennen , eine Split EP zwischen den beiden Bands Ulver und Sunn O))). Allein aufgrund der nicht geringen Bedeutsamkeit der beiden für mich (wobei Ulver da deutlich schwerer wiegt) und der Einzigartigkeit des Sounds, wollte ich dieses Review machen. Wobei ich, ehrlich gesagt gestehen muss, dass es hier nicht so besonders viel zu besprechen gibt. Sunn O))) sind bekannt für ihren Doom/Drone Metal Sound und Ulver waren schon für ihre Abkehr von Black Metal und Hinwendung zu experimentellen Sounds/Ambient ebenfalls nicht unbekannt. Bei dieser Veröffentlichung handelt es sich allerdings nicht wirklich um eine Split sondern um eine direkte Kollaboration. Sprich, es gibt hier keine 2 Tracks von jeder Band sondern ganze drei Songs die jeweils eine Zusammenarbeit darstellen. Auf "Let There Be Light", "Western Horn" und "Eternal Return". Meiner Meinung nach ergibt sich durch die Zusammenarbeit eine Art Zugänglichkeit. Wir hören, selbstverständlich, den typischen Sunn O))) Sound von dröhnenden, langsamen Gitarren - allerdings wieder dieser mit Trompeten und Synthesizern garniert sodass er wie eine Art Soundtrack zu einer fiktiven Auferstehung wirkt. Wirklich wunderschöne, magische Soundscapes. Mindestens genauso gut wird es, wenn im letzten Song "Eternal Return" Kristofer Rygg anfängt zu singen. Eine wirklich, außerordentlich schöne, produktive Zusammenarbeit zweier unterschiedlicher jedoch gleichwertig verdammt guter Bands. Ich bin froh, das nachgeholt zu haben.
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