Eigentlich hatten wirs hier ja zu Genüge über Politik und solche Sachen. Man erinnere sich an die zwei(oder drei) "Geschichten, die keiner mag" namens "Stricher und das Politikmonstrum", die ich vor langer Zeit geschrieben habe. Allerdings bin ich eigentlich schon immer der Meinung gewesen, dass man als zivilisierter, politisch informierter und gebildeter Mensch es schaffen sollte immer wieder seine Standpunkte zu reflektieren. Deswegen mach ich das hier.
Ich habe im Laufe der Zeit verschiedene politische Phasen durchlebt während welcher ich nicht immer in der Lage war mich selbst zu reflektieren. Ich weiß nicht was genau mich daran gehindert hat. Aber ich glaube, dass teilweise der Tatsache zu verschulden ist, dass ich Menschen aus verschiedenen "Lagern" der Linken gekannt hab, mit welchen ich mich auch gut verstanden hab. Ich denke, dass ich einerseits Angst hatte, es mir mit diversen Leuten zu versauen und andererseits nicht wirklich Bock drauf hatte mich politisch festzulegen.
Das tue ich heutzutage auch nicht wirklich. Es ist vielleicht nicht dumm in einer politischen Richtung/Schublade festzustecken. Allerdings ist es dumm sich an verschiedenen Dogmen einer "Bewegung" oder "Einstellung" krampfhaft festzuhalten.
Ein "Ereignis", welches sich über Jahre hinweg in der "radikalen Linken" vollzogen und meine Welt immer wieder erschüttet hat war der Nahost-Konflikt und respektive auch der unsägliche Grabenkrieg zwischen "Antiimperialisten" und "Antideutschen". Das Ding dabei ist: Ich habe Leute kennengelernt die sich iiirgendwie diesen beiden Lagern zugehörig gefühlt haben und wusste einfach nicht wer rechtens ist. Dafür musste ich allerdings sehr tief graben.
Es geht nämlich gewissermaßen um dieses niedliche kleine Ding hier:
Die "Antiimperialisten" behaupten nämlich Israel wäre eine Art monströses zionistisch-faschistisches Unterdrückersystem und all die Befürworter dieses Staates(in dem Falle: die Antideutschen) wären ebenfalls zionistische Faschisten. Es wäre außerdem aus der Sicht von Anarchisten oder Kommunisten(seien es jetzt autoritäre Vollpfosten oder nicht) oder schlicht einen antinationalen Menschen ein Frevel einen Staat überhaupt irgendwie zu supporten beziehungsweise solidarisch damit zu sein. Ein Stück weit ist das richtig. Ein Staat ist in erster Linie nämlich nur ein Staat, kein Paradies auf der Erde. Allerdings habe ich andere Argumente analysiert und für mich selbst festgestellt: Ich kann sowohl antinational sein, sprich Nationalismen, Nationalstaaten als solche ablehnen und gleichzeitig für das Existenz- und Verteidigungsrecht Israels sein. Wieso? Weil ich mich sonst anderweitig an Dogmen halten würde: "Wieso bist du nicht für das Existenzrecht Israels? Darf ich nicht, bin antinational."
Ich habe festgestellt: Auch wenn ich mich gegen Nationalismus ausspreche, Patriotismus ablehne und einen Staat per se nicht als das Erstrebenswerteste betrachte heißt es nicht dass ich den Blick von der realen Politik abwende. Nationalstaaten abschaffen, Grenzen auflösen? Na klar! Aber nicht hier und jetzt. Nicht in einer Welt voller Kriege, Morde, Atomwaffen und Selbstmordattentäter. Niemals. Solange die Welt immer noch so scheiße ist, müssen alle existierenden souveränen Staaten existent bleiben. Auch Israel. So scheiße ein Staat wie Israel im Inneren auch sein kann, so oft er auch von eigenen Bürgern kritisiert wird, er ist immernoch die logische Konsequenz aus dem Holocaust und muss erhalten bleiben. Vor allem, wenn er beinahe jeden Tag von Terroristen der Hamas angegriffen wird.
Genau das ist mir irgendwann eingeleuchtet. Was mir nicht eingeleuchtet ist, dass viele Linke das nicht verstehen können, beziehungsweise nicht kapieren wollen. Und seien es jetzt "normale" Antinationale, Anarchisten oder die mittlerweile ordentlich bekloppten Antiimps. Wenn man sich mit Israel solidarisiert wird man entweder als "böser sektierischer Antideutscher", "Zionazi/Ziofaschist", "Antideutscher Rassist", "Moslemhasser" usw. usf. beschimpft. Das ist natürlich nicht bei allen so. Klar. Israelsolidarität bzw. Anerkennung dieses Staates hat sich mittlerweile bei so einigen Linken durchgesetzt. Mitsamt auch verschiedene andere Dinge der verhassten "Antideutschen Ideologie" wie z.B.: die Ablehnung verkürzter Kapitalismuskritik(hate the game, not the player), Ablehnung von Antizionismus, Ablehnung von Islamismus, Ablehnung von plumpen Antiamerikanismus.
Diese Dinge erscheinen für mich mittlerweile so selbstverständlich. Genauso selbstverständlich wie die Tatsache, dass in der Linken wie im Rest der Gesellschaft genauso antisemitisch/sexistisch/rassistisch zugehen kann. Außerdem finden sich in der Linken immer noch viele Menschen die drauf beharren, dass ihre Kritik irgendwie "radikal" ist und emanzipatorisch und wasweißichwas, dabei aber eigentlich eher einem Stammtischtreffen gleicht.
Was mich immer noch nervt: der Mangel an Selbstkritik. Die "Antideutschen" haben, wenn auch mit dem Nebeneffekt von nervigen, koksenden, klischeehaften, elektrohörenden Scheißkindern(die zu jeder Scheißveranstaltung ne Israel-Fahne mitbringen) meiner Meinung nach, die Selbstkritik wieder aufgebracht. Und trotzdem werden sie immer wieder als bösartige "Spalter" angesehen. Da wundert es mich gar nicht, dass man kein Bock auf die Linke in diesem Lande hat und ihr den Rücken zukehrt.
Und ich grab jetzt noch tiefer: Mich nervt es, dass man als Linker hierzulande es manchmal nicht schafft über den eigenen Schatten zu springen. Dass man es nicht schafft eine radikale Kritik an dem Islam zu üben. Wir wissen ja "radikal" kommt von "radicus"(oder so), spricht "an der Wurzel" usw. Das heißt, dass eine Kritik des Islams nichts mit einem antimuslimischen Rassismus zu tun haben muss. Deshalb hab ich für mich ne ziemlich simple Gleichung aufgestellt:
"Bin ich ein Antisemit, wenn ich Israel kritisiere?" - "Nein, du bist kein Antisemit wenn du Israel kritisierst, wenn du aber von mächtigen Zionisten, die die Welt beherrschen, vom Terrorstaat Israel, vom Apartheid-Staat Israel, vom U$raÖl, vom Israhell, vom Nazi-Staat Israel sprichst, hat es jedoch nichts mit einer fundierten Kritik zu tun sondern viel eher mit Hetze und Ressentiments. Und du bist vielleicht auch kein Antisemit, argumentierst aber wie einer."
"Bin ich islamophob, wenn ich den Islam kritisiere?" - "Nein, du bist nicht islamophob wenn du den Islam kritisierst, auch nicht wenn du islamische Staaten kritisiert, oder die Politik in diesen Staaten. Es wird aber eng, wenn du anfängst von Musels zu reden, die in dieses Land erst den Antisemitismus gebracht haben(was eben nicht stimmt), von Musels die allesamt hierzulande die Scharia einführen wollen, von Musels die sich alle in die Luft sprengen...da bewegst du dich auf der selben Schiene wie die NPD, CDU, die AfD oder Geert Wilders.
Ich glaube, ich habe mich grade ein Bisschen verloren, tut mir leid. Aber ich schreibe das hier in erster Linie für mich selbst, deshalb:
Wenn "links" hierzulande heißt solidarisch zu sein, antifaschistisch, antisexistisch, antirassistisch, für eine friedliche Weltgemeinschaft voller Frieden, ohne jeglichen Krieg, dann bin ich gerne links.
Wenn "links" hierzulande heißt, Flugzeugentführungen und Politikermorde gutzuheißen, alles üble auf der Welt auf die Ju..äh auf die Zionisten und die Yankees und die Banker zu schieben, Terrororganisationen wie Hizbollah, Hamas, Islamischer Jihad, PFLP abzufeiern, einem Staat der Größe Hessens das Existenz- und Verteidigungsrecht abzusprechen und gleichzeitig die Welt in "gute" und "böse" Staaten aufzuteilen als auch alten "kommunistischen" Staaten nachzuhängen wie UdSSR, Kuba, China, Nord Korea usw....., dann bin ich nicht gerne links.
Wenn "links" hierzulande heißt, verkürzte Kapitalismuskritik, Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Antizionismus und veraltete linke Ideale abzulehnen, Bauchgefühl-Linke scheiße zu finden, Islamismus scheiße zu finden, dann bin ich gerne links.
Wenn "links" hierzulande heißt, alle Linken pauschal für Deppen zu erklären, gegen "Emanzen" zu sein, "Genderscheiße" abzulehnen, "Feminismus" für Unsinn zu erklären, Moslems generell als Barbaren hinzustellen, überall Antisemitismus zu wittern und sich auf Israel und USA-Fahnen permanent einen zu wissen, dann....dann weiß ich auch nicht.
Mein Name ist Stricher. Ich bezeichne mich "irgendwie" als "links", weil ich mich mit dieser Bezeichnung eben wohlfühle. Und mehr hab ich dazu nicht zu sagen.
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