Album nummer zwei nach der zweiten Reunion. Und das erste was mich so unfassbar kringeln ließ.
Stephan Mahler schreibt nicht mehr die Texte. Auf dem letzten Album stammten sie von Erich Mühsam. Hier frage ich mich, wer zum fick das hier verzapft hat. "Hier und jetzt" ist ein Sammelsurium aus 16(!) verschiedenen Songs die zum Teil so gleich sind, dass es weh tut.
Es geht los mit "Unsere Lieder", was tatsächlich eine ganz interessante Sichtweise ist. Man möchte eigentlich, dass die eigenen Songs nicht mehr aktuell sind, aber sie sind es doch weil die Welt ist immer noch so beschissen wie damals. Eigentlich ein ganz schönes Konzept. Beim ersten Mal hört man aber eindeutig Tote Hosen Einfluß und kringelt etwas. Beim zweiten Mal ist es schon ganz schön. "Brandstifter" handelt von geistigen Brandstiftern und ist der erste Song gegen Rechts. "Sie wollen wieder schießen dürfen" handelt von der Ignoranz gegenüber Menschen die an den EU-Außengrenzen sterben. Trotz all des Pathos ist es meines Erachtens ein durchaus gelungenes Lied. "Patrioten" ist der zweite Song gegen rechts und beinhaltet ein Feature von den grauenhaften Rappern Swiss und Mal Eleve. Er ist voll mit Plattitüden und Durchhalteparolen. "Banalität" des Bösen ist der dritte Song gegen Rechts und handelt von denjenigen bürgerlichen Rechten die "keine Nazis sein wollen". Durchaus banal aber tatsächlich auch treffend. "Hier und jetzt" ist eine klassische Deutschrock-Durchhalteparole. In "Die Stummen" singen Slime gegen diejenigen die ihr Maul gegen all die scheiß Umstände nicht aufmachen. "Ernie und Bert in Guantanamo" ist ein osbkurer Song über das US-Gefängnis auf Guantanamo Bay. Ich habe beim zehnten Mal Hören immer noch nicht verstanden was es mit der Sesamstraße zu tun hat - wahrscheinlich hat man die beiden Figuren nur dafür benutzt um "Wer nicht fragt bleibt dumm" einzusetzen. "Let's Get United" featured Los Fastidios und The Wakes. Es ist ein Song für den Zusammenhalt in der Linken und trifft auch zu Beginn paar richtige Töne. Insgesamt aber ein fürchterlicher linker Schlagerscheißsong, der nur dafür da ist auf Konzerten rumgebrüllt zu werden. Was aber niemals passieren wird, weil Slime nicht auf Italienisch singen können. "Die Geschichte des Andreas T." ist einer der letzten guten Songs hier - handelt vom NSU und dem V-Mann Andreas T. "Spinner" ist so fürchterlich langweilig, dass mir nichts dazu einfällt. "Der siebte Kontinent", ein Song gegen Überwachung und Internet ist super merkwürdig und klingt als würde die beiden zwanghaft cool wirken wollen. Ich höre Ärzte-Einfluss und kringele. In "Ich kann die Elbe nicht mehr sehen" zitieren Slime sich selbst mit "Deutschland". Es geht um Gentrifizierung. Der Song ist mit seinen Reggae bzw. Ska-Einflüssen tatsächlich der letzte originelle hierauf. Es ist cool, dass hier ein scheiß Thema angesprochen wird und man fröhlich darüber singt. Das ist meiner Meinung nach die letzte Spur von Zynismus der alten Slime die noch übrig geblieben ist. "Entweder bist du ein Teil der Lösung oder du bist ein Teil des Problems" heißt es dann in "Bekenntnis zu einem Paradoxon". Nein. Bitte nicht. Das sind noch mehr Klischees als das man sich ausdenken kannt. Ach du Scheiße. "Schöne neue Welt" handelt irgendwie von Digitalisierung und ist einfach scheiße und unlustig. Schön dass Slime in "Für alle Zeit" "Keinen Fußbreit den Faschisten" brüllen aber hiermit ist es der Song gegen Nazis nummer Vier. Damit hat man vier Songs gegen Nazis und alle Parolen die es gab durchgespielt. Slime sind hier eine absolute Klischeeband, die ihre Songtexte mit Dartpfeilen und per Zufallsprinzip geschrieben hat. Heilige Scheiße, ist das peinlich. Ich habe sie so gern gehört, weil sie eben nicht dasselbe gemacht haben wie all diese Nix-Gut/Impact Records Einheitsbrei-Bands. Und hier sind wir nun. Genau da. Scheiße.
4/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Unsere Lieder, Sie wollen wieder schießen dürfen, Ich kann die Elbe nicht mehr sehen, Die Geschichte des Andreas T.
Und weil drei Meinungen besser sind als eine, hier kommt...
Philipp:
"Puh, das ist dann wohl diese Stelle, an der es anfängt, interessant
(oder unangenehm, je nachdem wie man das sehen möchte) zu werden.
Die Besetzung hat sich zu „Sich fügen heißt lügen“ nicht
verändert, dafür gibt es die ersten neuen Texte seit der Reunion.
Ich muss
fairerweise an dieser Stelle gestehen, dass ich schon lange nicht
mehr so wenig Bock hatte, eine Platte zu reviewen. Ich bin sehr
unvoreingenommen an dieses Album herangegangen und habe mir bereits
nach den ersten 4 der 16(!!!!) Songs vorgenommen, dass ich sie
definitiv zum letzten mal gehört habe. Nun versucht mal eine Platte
zu reviewen, die ihr nur einmal gehört habt, das ist nicht nur eine
Frechheit sondern auch wirklich schwierig, aber ich wäre nicht
Mitglied unseres lustigen Trios, wenn ich nicht selbst diese
Herausforderung annehmen würde. Nun sitze ich hier in der Nacht vor
dem Ende der (weichen) Deadline um 2 Uhr vor meinem Laptop, höre The
Gits (hier an dieser Stelle unbedingte Empfehlung, großartige Band
mit sehr tragischer Geschichte) und versuche, meine Enttäuschung
über dieses Monstrum in möglichst griffige Worte zu schmeißen.
Potential für
wütende und kämpferische Texte ist ja durchaus gegeben, es ist
2017, Donald Trump wurde Präsident der USA, mit der AfD stellt in
Deutschland eine rechte Partei wieder eine ernstzunehmende Gefahr
dar, Erstarken der alternativen und neuen Rechten, neuer
Konservativismus, Islamismus etc., Themen gibt es viele, da muss man
eigentlich nicht das tausendste generische Lied gegen Nazis
schreiben, Slime ist das aber herzlich egal. Man bleibt textlich eben
in der Deutschpunk-Komfortzone.
Es gibt natürlich
nicht nur schlechte Seiten an „Hier und Jetzt“, die guten Songs
sind definitiv vorhanden, der Opener „Unsere Lieder“ beginnt
bereits mit einer sehr guten Idee, dem philosophieren über das
eigene Werk, ob die Songs von früher überhaupt den Test der Zeit
bestehen oder ob die Gesellschaft sich so weit verändert hat, dass
frühere politische Songs nur noch anachronistisch wirken.
Musikalisch ist das nicht unbedingt ein Glanzmoment für Slime aber
zumindest ein griffiger Rocksong, wirklich meckern möchte ich
darüber auch nicht, da gibt es ganz anderes Potential. Brandstifter
konnte ich noch ertragen, „Sie wollen wieder schießen dürfen“
(tatsächlich auch ein modernes Thema, ein Rundumschlag gegen die AfD
und über neue Fluchtbewegungen) fand ich auch noch ganz gut,
„Patrioten“ tatsächlich auch, zumindest die eine Minute bis ich
diesen Haufen Sondermüll skippen musste, weil: Swiss. Dieser
verfickte Hundesohn Swiss. Ich hasse den so sehr, es tut weh, wie
kann man denn als Rapper schon allein in seinem Flow so unsympathisch
sein? Ich halte diesen Trottel keine 5 Sekunden aus.
Ab diesem Moment
hatte ich schon absolut keinen Bock mehr, das war auch generell in
meiner kurzen Review-Karriere das erste mal, dass ich einen Song
nicht zu Ende hören konnte und ich habe mich (mehrmals) durch
Technical Ecstasy und Cross Purposes gequält. Demzufolge habe ich
auch über alles, was danach kam wenig positives zu sagen, ich hatte
nämlich einfach die Schnauze voll, „Hier und Jetzt“ ist ein
furchtbar deutschrockiger Schunkelsong, den hätte man für gutes
Geld an Matthias Reim verkaufen können, da hätte er weniger Schaden
angerichtet aber nunja, macht was ihr wollt, ihr seid ja alt genug
und eurer Szenereputation wird das ja auch nicht schaden.
Achja, zu ein
paar Songs hatte ich mir noch Notizen gemacht, „Ernie und Bert in
Guantanamo“ ist einfach dämlich, ich verstehe wirklich nicht, was
Ernie und Bert hier zu suchen haben, vermutlich wirklich, damit man
„Wieso, Weshalb, Warum“ und „Wer nicht fragt bleibt dumm“
hier einbauen konnte und weil „Samson und Tiffi in Guantanamo“
oder „Krümelmonster und Grobi in Guantanamo“ einfach noch
bescheuerter klangen.
„Let’s Get
United“ ist ein unangenehmer Zusammenhalts-Song, ähm, ich glaube
das ist Oi! Zumindest sind Los Fastidios dabei, eine italienische
Oi!-Band, die einen Hit hat, den ich aber irgendwie auch nicht mehr
hören kann. Sorry. Nein.
„Ich kann die
Elbe nicht mehr sehen“ fand ich als Anti-Gentrifizierungs-Song ganz
interessant und musikalisch ist das Wiederaufgreifen von
„Deutschland“ eine ganz nette Idee, textlich wäre es kaum
unangenehmer umzusetzen gewesen, es ist einfach ein furchtbarer
lokalpatriotischer „Was habt ihr aus meinem Hamburg gemacht?“
Boomer-Song, kann dann doch auch weg.
Slime 2017: Campino, Andi, Breiti, Vom Ritchie, Wölli Foto: Viktor Schanz
Was mir noch
aufgefallen ist, ist, wie oft die politischen Gegner auf diesem Album
als „dumm“ bezeichnet werden, sein wir mal ehrlich, wer auch
immer die Texte auf diesem Album fabriziert hat, ist definitiv auch
kein Soziologie-Professor und so hölzern und stumpf und
Deutschpunk-generisch diese Texte wirken, wurde definitiv beim
kreativen Prozess für dieses Album keine umfassende politische
Recherche betrieben. Und dieses „die anderen sind einfach alle
dumm, wir sind die Guten, die anderen die Bösen“-Blabla ist auch
echt nur noch langweilig.
So positiv
überrascht ich von „Sich fügen heißt lügen“ war, so schade
finde ich, dass hier einfach unfassbar viel Potential verschenkt
wurde, das war leider nix.
2/10
Pfandflaschen
Anspieltipps:
Unsere Lieder, Sie wollen wieder schießen (dürfen)"
Raphael:
"Vielleicht erinnert sich jemand, dass ich die
Suggestivfrage gestellt habe, ob sich Slime mit der Neugründung
einen Gefallen getan haben. Nun hätte man nach „Sich fügen heißt
lügen“ sagen können es sei doch alles super. Aber dann kam „Hier
und jetzt“.
Fangen
wir mit der Musik an. Die Toten-Hosisierung von Slime hat volle Fahrt
aufgenommen. Was hier zu hören ist, ist nur noch schunkeliger
Deutschrock mit Punk Rock-Einfärbung. So weit ist das aber immer
noch nicht furchtbar. Dann ist da als nächstes der Gesang von
Diggen, der hier so schlimm klingt wie auf keinem vorherigen Album.
Als
nächstes ist da das Songwriting. Musikalisch betrachtet passt mein
Verriss zu oben genannter Toten-Hosisierung: irgendwie hat man wohl
versucht, den Slime-Sound weiterzuentwickeln und hat sich dabei
massiv zurückentwickelt. Es klingt als hätten Zaunpfahl nach fünf
Kästen Asbach versucht, den simpelsten Song aller Zeiten zu
schreiben – sechzehn Mal. Und dann sind da die Texte: die sind
furchtbar und peinlich. Ein perfektes Beispiel ist „Sie wollen
wieder schießen (dürfen)“. Der Refrain ist so unfassbar lang,
dass er nahezu jede Strophe verschlingt, und die lyrische Leistung
hier ist ebenfalls grausig.
Ja,
inhaltlich ist „Hier und jetzt“ natürlich immer noch ein
Slime-Album, und die Band aus Hamburg zeigt, dass sie keinen Bock auf
neue wie alte Nazis hat. Dennoch sind sie okay damit, mit einem
sexistischen Widerling wie SWISS zusammenzuarbeiten – ekelhaft!
Fazit:
dieses Album ist es nicht wert, heruntergeladen zu werden. „Hier
und jetzt“ spielt in einer Liga mit „Technical Ecstasy“.
2/10
Pfandflaschen
Anspieltipps: Das Album „Sich fügen heißt
lügen“"
Wir sind weiterhin bei T und ich zweifele mittlerweile an meinem Musikgeschmack.
T:
Die selbstbetitelte von Transplants": Eine wilde Mischung aus Punkrock, Dub, Hip-Hop. Die Band bestand/besteht aus Tim Armstrong (Operation Ivy, Rancid), Travis Barker (Blink-182) und einem Typen der sich "Skinhead Rob" nennt. Es wirkt wie eine punkrockige Version von dem Zeug von Danny Diablo. Es ist äußerst merkwürdig, wie die Band sich innerhalb der Jahre verändert hat. Ich weiß, dass sie auch einige Cover-EPs aufgenommen und auf Konzerten CRASS gecovert haben. Dabei haben sie vorher noch einen Song in einer Shampoo-Werbung gehabt.
Dann Trash Talk mit "No Peace". Die Band, die Tyler the Creator auf T-Shirts getragen hat. Hardcore Punk mit kleineren Hip-Hop-Samples. Review siehe hier. Tribulations "Down Below" bleibt nach fünf Jahren immer noch ein kleines Meisterwerk."Das Schweigen Vieler" von Tristis habe ich hier auch erwähnt, äh siehe hier und so.
"Mein Kopf dem Henker" von den Troopers bietet einen unfassbar guten Abschlußtrack, der so tatsächlich auch bei irgendeiner Viking Metal Band veröffentlicht werden könnte. Es ist überraschend gut. Das ganze Album läuft aber sonst unter Guilty Pleasure. Alter Schwede. Troopers sind einfach eine beinahe 1:1 Kopie von den Onkelz. Nicht nur vom Klang her (metallisch angehauchter Streetpunk) sondern auch von Texten her. Es geht die ganze Zeit darum, dass früher alles besser war, dass sie keine netten Jungs sind, dass die anderen irgendwie Verräter sind. Junge. JUUUUUUNGE. Was ist diese? Ich habe ganz vergessen wie cringe das ist. Danach kommen eigentlich nur noch Alben, die ich hier schon mal reviewt habe. "Dance with me" von TSOL, "Apocalypse Dudes" von Turbonegro, "Nonstop Feeling" und "Glow On" von Turnstile als auch die nicht weniger großartigen "Step To Rhythm" und "Pressure To Succeed"
Wir beginnen mit dem quasi Klassiker "State of Discontent" von The Unseen. Wow, ich hätte nicht gedacht, dass ich "Scream Out" nach all den Jahren immer noch so gut finden würde. Es ist ein unfassbar simpler Text über Punk als Therapie für sich. Das ganze Album schwankt für mich irgendwie zwischen modernen Streetpunk und sowas wie einer poppigeren Variante von The Casualties. Geschriene Texte, schwungvolle Melodien und ein Cover von "Paint It Black". Ja, das hält sich nach all dieser Zeit.
Dem folgen "The Used" mit ihrem selbstbetitelten Album, "Djinn" von Uada und "All That Has Never Been True" von Ultha. Danach dann die Discography von Ulver, die ich auf später vertage, so wie alle Discographies die ich mein eigen nennen darf. Und dann kommt etwas, was ich lange verdrängt habe. Nämlich eine Art Nebenprojekt oder Nachfolgeprojekt von Alarmstufe-Gerd-Mitgliedern. Es ist auf jeden Fall derselbe Sänger. Die Band hieß "Undressed Army" und das Album "Jede Hardcore Band braucht eine Disco". Im Gegensatz zu Gerd ist das hier fürchterlich unlustig. Schade eigentlich. Die Stimmung wird dann von dem nach wie vor sehr sehr sportlichen "Es grauet" von Ungfell gerettet, die mir irgendwann Philipp empfohlen hat. Danke nochmal dafür. Weiter geht es mit dem Verlinken von alten Reviews "Teufelsgeist" von Urfaust. Ja. Geil. Und als letzter Verweis in dieser Ausgabe "Seveso Kids" von Urlaub im Rollstuhl. 80er Jahre (genauer gesagt 1987) Deutschpunk über die Zustände der damaligen Zeit:
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