SPASTIC FANTASTIC LABELFEST 2025 am 07.06.2025 im FZW, Dortmund
Traditionen muss man pflegen, oder so. Oder? Naja. Jedenfalls gehe ich beinahe ununterbrochen seit fast 12 (?) Jahren zum Spastic Fantastic Festival ins FZW und bin eigentlich ganz selten enttäuscht. Aber lasst uns anfangen direkt anfangen.
Soweit ich mich erinnern kann, war die erste Band die Genosse H, Genosse A und ich an dem Nachmittag/Abend gesehen haben eine Powerviolence-Gruppierung namens CHRONIC PISSED. Wobei es mich schon gestört hat. Ich dachte ehrlich gesagt, dass es richtigerweise "chronically pissed" heißen sollte. Jedenfalls waren die 2-3 Minuten die wir nach unserem kleinen Einkauf bei REWE noch mitbekommen haben schon ziemlich geil. Geht steil. Danach gings runter zu FLASCHENBECHER. Der Bandname ist mir, ob seiner Merkwürdigkeit, schon desöfteren aufgefallen. Was uns dann erwartet hat war eine vierköpfige Deutschpunk-Gruppe, die sich allerdings eher an der melodischeren, frecheren Sparte des Genres aus den 1980er Jahren orientiert hat. Jemanden im Publik sind tatsächlich "Ideal" als Vergleich eingefallen. Ich wäre nicht auf den Vergleich gekommen, wenn dann eher Bärchen und die Milchbubis oder so. Jedenfalls, sympathische Mischung aus politischen und trivialen (oder trivial wirkenden) Texten. Flaschenbecher waren auch der Ersatz für "Pisstole", die ich bis dato mir immer noch nicht angehört habe. Jedenfalls ging es nach ihren Auftritt ziemlich schnell nach oben zu den Surfpunks von WAX MINDS. Eine wirklich bezaubernde, lockere und gleichzeitig energische Art und Weise zu singen, aufzutreten...Naja, zu performen halt. Sehr interessant fand ich auch wie die als Erdbeere verkleidete Sängerin, um irgendwo weiter oben sich fortbewegen zu können, sich einfach am Kopf eines Zuschauers festgehalten hat. Großartig. WIR SIND FLIEGEN und SABOTAGE haben Genosse H. und ich tatsächlich gekonnt verpasst weil wir beschäftig waren, uns Essen zu holen als auch bei der Rückkehr vom Security Mann abgetastet zu werden. Darum war es an der Zeit für drei Bands, die mich seit längerer als auch kürzerer Zeit begeistert haben, denne ich teilweise aber viel zu wenig Beachtung schenke. HYSTERESE habe ich das letzte Mal gesehen, als ich noch in Würzburg gewohnt habe. Soweit ich mich erinnere, war das mein letztes Konzert dort, vor dem Umzug. Und zwar das Trainspotting Festival in Cairo. Ich fand sie fantastisch und habe mir zwei Aufnäher geholt, einer davon ist immer noch auf meiner Bomberjacke lol. Jedenfalls war es diesmal nicht anders. Großartiges, Post-Punk-Irgendwas-Gedöns mit Gesang, der tatsächlich an 80er Jahre NWOBHM-Bands erinnert. Zumindest so ein Bisschen. Das ist übrigens Genosse A. aufgefallen, und nicht mir. Also mir auch, aber erst später. Als es dann wieder vom Keller nach Oben ging, wurde es schlimmer. Wir waren nur ganz kurz im Garten des FZW und währenddessen wurde der Andrang bei BRIEFBOMBE einfach immer größer. Wir haben versucht uns durch die Menge irgendwie durchzudrängen. Haben es grade mal so geschafft und tatsächlich auch den Song "Jugendlicher im DHL Postfach aufgefunden" (oder so) mitgehört. Ansonsten wurd es mir zumindest sowas von zu viel. Darum ab nach unten und darauf warten, dass Amen81 los legen können. Zu dieser Band habe ich eine ganz besondere Beziehung. Tatsächlich waren sie die musikalische Untermalung für meinen politischen Wandel von "alle Staaten sind blöd"-Kiddie zum israelsolidarischen Gigachad, der ich heute bin (als ob). Ich habe sie insgesamt drei mal gesehen. Einmal am Ende einer großen antifaschistischen Demo gegen die Eröffnung des Nazi-Klamotteladens Tönsberg in Nürnberg, irgendwaann im Aschaffenburger JUKUZ und dann tatsächlich beim oben genannten Trainspotting-Festival in Würzburg. Vorletztes (?) Jahr hätten sie ebenfalls im FZW auftreten sollen, aber war nicht. Jedenfalls habe ich sie endlich wieder zu Gesicht bekommen. Ein kleines Banner von "Artists against Antisemitism" am Amp, Drummer Thorsten trägt ein "Never Again Is Now"-T-Shirt. Leider ist das Publikum an dem Zeitpunkt schon stark angetrunken und checkt das nicht oder alt genug um es still schweigend gut zu finden. Alle drei Mitglieder: Rene, Heiko und Thorsten teilen sich den Gesang. Man spielt Songs aus verschiedenen Phasen der Band. Sprich sowohl aus der Crustcore-Zeit, als auch neueres Material, was in meinen Ohren stellenweise etwas zu Indie klingt. So kann jeder sich eine Lieblingsepoche aussuchen und mitsingen. Ich kannte einige der Songs leider nicht, was bedeutet dass dieser Blog irgendwann eine riesige Amen81-Discography erleben wird. Das wird geil. Richtig schön wars auch bei der Durchsage "Torsun fehlt mir schon, wen ich auf jeden Fall nicht vermissen werde ist Greta Thunberg" (oder so). Grandioser Mittelfinger an die fürchterliche PR-Aktion der schwedischen Antisemitin. Leider haben sich Teile des Publikums nicht dafür interessiert, sondern eher dafür sich auf die Bühne zu setzen, sich zu besaufen und anderen Leuten (wie mir) die Sicht zu versperren und sich lauthals zu unterhalten. Meine Fresse, geht doch auf eure fünf Euro Pipikakapimmelpogo Schimmelpunk-Konzerte im lokalen JUZ aber lasst mich in Frieden. Nach Amen81 ging's einfach mal nach Hause, weil ich die anderen Bands nicht kannte und kein Bock mehr hatte. Naja. War schon geil, irgendwie.
Stricher guckt sich "Conclave" (2024) am 08.06.2025
Was musste ich, finstererweise, lachen als ich gelesen habe dass irgendjemand meinte der Film würde alles tun, um gute Promo für sich zu machen. Das war als Papst Franziskus gestorben ist, also wesentlich später nach Filmstart. Das macht nicht besonders viel Sinn, irgendwie. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, durch die Promo, der Film wäre eine Art Verschwörungsthriller der irgendwelche finsteren Machenschaften des Vatikan aufdeckt. Das ist er aber nicht, er ist aber auf eine andere Art und Weise spannend. Ein Thriller eben, nur im direkten Sinne des Wortes. Kein Horror-, oder Actionfilm.
Wir befinden uns irgendwann in der gegenwärtigen Zeit. Der Papst ist gestorben. Das
Kardinalskollegium im Vatikan versammelt sich nun, um einen neuen Papst zu wählen. Ein Mitglied des besagten Kollegiums ist Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes), der die Aufgabe bekommt das Konklave (also die eigentliche Papstwahl) zu leiten. Am ersten Tag der Wahl taucht urplötzlich ein Bischof aus Kabul auf, Kardinal Vincent Benitez (Carlos Diehz). Dieser wurde heimlich vom verstorbenen Papst zum Kardinal berufen und darf laut den Gesetzen an der Wahl teilnehmen. Bei der besagten Wahl gibt es mehrere Spitzenkandidaten: der liberale Kardinal Bellini (Stanley Tucci), der Quebec'sche konservative Kardinal Tremblay (John Lithgow), ein weiterer konservativer Kardinal namens Adeyemi (Lucian Msamati) aus Nigeria und der traditionsbewusste Kardinal Tedesco (Sergio Castellitto), der alte Traditionen wieder auferleben lassen will. Im Laufe des Films scheiden diverse Kandidaten aus der Wahl aus. Nicht weil sie umgebracht werden, sondern weil Kardinal Lawrence riecht, dass irgendwas nicht stimmt. So gibt es die üblichen Dinge: Korruption, Sexskandal und fremdenfeindliche Äußerungen.
"Conclave" funktioniert wie ein Thriller. Es ist ein sehr spannender Film, der sich mit unangenehmen Aspekten der katholischen Kirche auseinandersetzt und eine Situation erschaffen möchte, in welcher es auch progressive Kardinäle gibt, die die Institution in ein positives Licht rücken möchten. Gleichzeitig gibt es wunderschöne Bildkompositionen zu sehen und die Ungewissheit, was denn bitte schön als nächstes passieren würde ist gelinde gesagt ziemlich präsent. Es ist nicht das, was ich erwartet habe. Liegt wahrscheinlich daran, wie der Film beworben wurde, oder zumindest wie ich die Promophase wahrgenommen habe. Ich wurde trotzdem positiv überrascht. Es ist ein Film über die Papstwahl und alles was da so mit sich kommt. Es ist jetzt schon ein moderner Klassiker.
8/10 Pfandflaschen
Trailer:
CARCASS + WALLS OF JERICHO + PHANTOM CORPORATION im Bochumer Eventcenter am 21.06.2025
Ich habe von dem Konzert irgendwie ein Monat vorher erfahren und habe einfach gehofft, dass ich am Samstag frei haben werde. Zum Glück war das so, zum Glück war das BEC nicht so weit vom Bochumer Bahnhof entfernt und zum Glück war es klimatisiert.
Kaum in der für mich neuen Location angekommen, erstmal ne Dreiviertelstunde gewartet oder so, bis dann endlich Phantom Corporation auf die Bühne kamen. Ich spotte sofort mit Wolfbrigade und Morne T-Shirts von Bands, die ich schon mal gesehen habe. Sehr sympathisch. Das was die Herren dann zustande bringen ist sowas wie Crust Punk mit Thrash/Death Metal Einschlag. Wobei sie auf der Bühne mehr nach Metal klingen - auf Bandcamp höre ich definitiv mehr Crust heraus. Vielleicht liegt es daran, wie man die Sachen live mischt oder so. I don't know. Jedenfalls, großartige Verneigung vor
Wolfpack/Wolfbrigade und garantiert auch diversen Thrash/Death-Größen die ich nicht alle aufzählen kann. Ich fand's richtig cool - auch wie sympathisch sie mit dem Publikum umgegangen sind. Sie haben sogar viel zu schnell gespielt, sodass noch ein Song übrig war, höhö.
Walls of Jericho habe ich das erste Mal vor über zehn Jahren gesehen. Das war zu dem Zeitpunkt, als ich noch in Würzburg gewohnt habe und gerne auf solche Festival-Touren gegangen bin, wie "Persistence Tour". Damals war eine Ausgabe davon in der Würzburger Posthalle zu sehen. Mit dabei unter anderem Sick Of It All und Walls of Jericho. Damals schon eine große Nummer und dieses Mal in Bochum auf jeden Fall auch. Es war zu einem Zeitpunkt, als dieser Blog noch nicht aktiv war bzw. ich ein Jahr lang nichts geschrieben habe. Ich war schon lange nicht mehr auf solch einen Hardcore-Konzert, diese ganze Szene ist mir inzwischen auch komplett fremd. Es war trotzdem erfrischend, mal eine Band zu sehen/zu hören, die viel mehr mit dem Publikum interagiert, es einbezieht, anheizt, sich viel mehr auf der Bühne bewegt. Candace Kucsulain ist ne absolute Top-Frontfrau. Richtig cool, wie publikumsnah die Band sich gezeigt hat. Auch keine Angst, runter zu kommen und die Leute zu high-fiven, nach dem Auftritt. Großartig.
Carcass höre ich schon ziemlich lange und bin sehr froh über deren Existenz als Pioniere des Grindcore, Death Metal als auch dessen melodischer Sparte. Sie sind zudem auch (unfreiwillige) Pioniere des Goregrind, ob sie es wollen oder nicht. Leider. Wie auch immer. Als Carcass die Bühne betreten, merkt man sofort den Altersunterschied zwischen zwei Hälften der Band. Aus dem (beinahe) Original-Lineup sind nur noch Sänger/Bassist Jeff Walker und Gitarrist Bill Steer übrig. Gitarrist Tom Draper und Drummer Daniel Wilding sind beinahe in meinem Alter. Also ein Jahr und sieben Jahre älter als ich. Während Walker und Steer ungefähr so alt sind wie mein Vater. Walker hat sich inzwischen die Haare kürzer schneiden lassen, sodass er mit seinem Hemd und Jeans wie ein stinknormaler britischer Vater aussieht, der genauso zu mir in die Abteilung hätte kommen und fragen können "Ja moin, habt ihr Krombacher im Angebot, ich brauch was für meinen Verein". Super nett und down to earth. Schmeißt ständig Gitarrenplektrums in die Menge, bis keins mehr übrig ist als auch Wasserflaschen - und trifft damit jemanden auf dem Kopf, nur um dann "Aw, sorry" zu sagen. Wirklich sehr sympathisch. Umso sympathischer ist es, dass einerseits die beiden jungen Typen richtig fit sind und meisterhaft ihre Instrumente beherrschen, ohne abgehoben zu wirken - während die beiden älteren Herren großartigen Spaß auf der Bühne haben und kein Bisschen arrogant rüber kommen. Was ich dann alles mitbekommen sind für mich persönliche Klassiker wie "No Love Lost", "Buried Dreams" (wenn ich mich richtig erinnere) als auch "Heartwork". Ich habe keine Worte mehr, um das zu umschreiben. Wirklich phänomenaler Auftritt. Ich bin richtig froh, aus dem Haus gegangen zu sein - für einen durchaus fairen Preis. Okay, vor 15 Jahren hätte ich dafür, garantiert noch fünf weitere Bands sehen können, aber egal. Das ist leider so.
Stricher guckt sich endlich "Captain America: Brave New World" (2025) an am 26.06.2025
Ich warne schon mal vor, dass ich in diesem Review auf jeden Fall spoilern werde, weil es mir unmöglich erscheint hier ein Review spoilerfrei zu gestalten. Habe den Film zuhause auf DVD gesehen, weil nun ja, Kinostart verpasst und äh sowieso wollte ich in keinen Marvel-Film mehr ins Kino gehen. Außer am 24.07. wenn endlich "Fantastic Four - First Steps" ins Kino kommt. Das muss ich einfach erleben. Anyway, dieser Film hier ist die Fortsetzung der MCU-Serie "Falcon and the Winter Soldier", die ich niemals gesehen habe. Ich finde, dass es trotzdem funktioniert hat und ich alles irgendwie verstanden habe.
"Captain America: Brave New World" ist der inzwischen 35. Film innerhalb des Marvel Cinematic Universe. Das heißt für mich, dass ich wohl 35 MCU-DVDs mein Eigen nennen darf. Meine Fresse, das wird noch ein richtig witziger Marathon, wenn ich mir das alles noch mal zuhause reinziehen werde. Wie auch immer: Der Film spielt, wie gesagt, nach "Falcon and the Winter Soldier". Sam Wilson (Anthony Mackie) ist inzwischen nicht mehr Falcon sondern der offizielle Nachfolger von Steve Rogers als Captain America. Zu Beginn des Films ist er gemeinsam mit seinem Partner (aber nicht Sidekick) der nun als Falcon agiert, Joaquin Torres (Danny Ramirez) an einer geheimen Operation beteiligt. Ein nicht näher benannter Behälter wurde von der Söldnergruppe Serpent gestohlen. Sam, Joaquin und ein Haufen speziell ausgebildeter Soldaten kommen nach Mexico, um ihn wiederzuerlangen. Seth Voelker aka Sidewinder (Giancarlo Esposito) kann allerdings entkommen. Mit dem sichergestellten Behälter geht's allerdings wieder nach Hause. In den USA weht ein anderer Wind. Der ehemalige General und Premierminister Thaddeus "Thunderbolt" Ross (diesmal gespielt von Harrison Ford) hat die Präsidentschaftswahl gewonnen. Nun sind Sam und Joaquin zu einem geheimen Gipfel im Weißen Haus eingeladen, als auch Sams guter Freund Isaiah Bradley (Carl Lumbly). Dieser saß 30 Jahre im Gefängnis und war dort ein Versuchskaninchen für das Supersoldaten-Serum. Im Laufe des Gipfels erfahren wir auch, worum es überhaupt geht. Ein Celestial-Körper, der aus dem Indischen Ozean herausragt ist ein umstrittenes Thema für mehrere Länder (USA, Japan, Indien und Frankreich) gewesen. Es beinhaltet ein neues, bisher auf der Erde nicht dagewesen Metall: Adamantium. In dem gestohlenem Behälter war Adamantium drin. Während des Gipfels kommt es allerdings zu einem schweren Zwischenfall. Mehrere Besucher, darunter Isaiah, drehen plötzlich durch und wollen den Präsidenten töten. Isaiah kann sich bei seiner Verhaftung später allerdings an gar nichts erinnern. Sam und Joaquin kommen schnell dahinter, dass es sich um Gedankenmanipulation handeln könnte. Zudem wird Präsident Ross immer aggressiver.
Es erinnert mich in gewissen Sinne an "24", nur nicht so verwinkelt und abgefahren. Irgendjemand versucht also den USA bzw. ihren Bild in der Öffentlichkeit zu schaden. Es ist niemand von außerhalb, sondern jemand der ganz tief im Lande sitzt und über die Fähigkeit der Gedankenmanipulation verfügt. Wie man sicherlich schon im Trailer (oder auf dem Cover der DVD) gesehen hat, gibt es hier einen Red Hulk. Wer die Comics kennt, weiß dass Thaddeus Ross der Red Hulk ist. Demzufolge ist der Film im Grunde genommen reiner Fan-Service. Ich find's schade, dass es keinen Überraschungseffekt mehr gibt und solche Filme im Prinzip nur dafür da sind um Fans zu befriedigen. Es besteht kaum noch ein Anreiz für neue Zuschauer, rauszufinden worum es eigentlich geht. Absolut jeder weiß, dass Harrison Ford sich in den Hulk verwandeln wird. Nur nicht wie. Die Story ist durchaus genießbar, allerdings auch vorhersehbar. Es geht um eine Realität am Rande eines Kriegs wegen eines neuen Rohstoffs, um das öffentliche Bild der USA etc. etc. Ich muss sagen, es hat Spaß gemacht das Ganze zu sehen. Allerdings ist der Film niemals so packend, wie so viele MCU-Filme zuvor. Schade eigentlich, aber hätte schlimmer sein können.
6/10 Pfandflaschen
Trailer:
Stricher guckt sich "Masel Tov Cocktail" (2020) an am 28.06.2025 im Druckluft, Oberhausen
Im Rahmen eines Filmabends (und Cocktailabends) zeigte die Polit-Gruppe "Dissens" den Film "Mazel Tov Cocktail". Ich fand den Plot gut und wollte unbedingt mal dabei sein. War ein sehr angenehmer, gar nicht mal so heißer Abend mit leider keiner Diskussion über den Film hinterher, aber dafür mit lauter Geschichten "von früher" und so Zeug. Gerne wieder.
"Masel Tov Cocktail" erzählt, aus der Ich-Perspektive, die Geschichte von Dmitri Liberman (Alexander Wertmann). Der junge Mann ist Sohn von jüdischen Kontigentflüchtingen aus der ehemaligen Sowjetunion und wohnt in einer Plattenbausiedlung im Ruhgebiet. Er geht aufs Gymnasium und ist mit Michelle (Gwentsche Kollewijn) zusammen. Eines Tages macht sich sein Mitschüler Tobi über Dmitris jüdische Herkunft lustig. Er imitiert das Sterben in einer Gaskammer, wofür er von Dmitri eine kassiert, auf dem Boden fällt und sich die Nase bricht. Daraufhin wird er von der Schule suspendiert. Als sein Vater das mitbekommt, streicht er die Abifahrt für ihn - es sei denn, Dmitri entschuldigt sich. So begleitet der Film Dmitri auf der Suche nach Tobi (der irgendwo in der Stadt nun Stolpersteine putzen darf). Dabei monologisiert der junge Mann vor der Kamera über sich selbst, seine Herkunft und das Jüdischsein an sein.
Es werden viele Aspekte angesprochen, die durchaus wahr sind. So werden jüdische Kontigentflüchtlinge zunächst gar nicht als Juden wahrgenommen sondern als "Russen". Dazu kommen noch verschiedene Sichtweise von klischeehaften Deutschen, wie einer Lehrerin von Dmitri die stolz darauf ist Juden zu mögen oder eines Mitschülers der fest davon überzeugt ist, dass seine Großeltern keine Nazis waren. Dazu kommt noch, dass (wie so oft) Juden generell mit Israel gleichgesetzt werden - was für Dmitri völlig mißverständlich weil seine Familie mit dem Land kaum Berührungspunkte hat. Er selbst zumindest nicht. Was ich auch definitiv sehr gut dargestellt fand, war die Vereinnahmung von der Generation über Dima durch russische Propaganda. So guckt seine Mutter 23 russischsprachige Kanäle und sein Großvater lässt sich von einem AfD-Fatzken an einem Stand vollabern. Das sind alles Sachen, die vielleicht überzogen wirken aber durchaus ihren realen Standtpunkt haben. Dabei möchte der Junge einfach sein Leben leben und sich nicht a) dafür rechtfertigen müssen dass er Jude ist oder b) dafür gelobt werden dass er Jude ist oder c) angetrieben zu werden ein besserer Jude zu sein. Ich finde es interessant wie einfach Antisemitismus und Philosemitismus hier dargestellt werden. Guter Film, zweifelsohne.
8/10 Pfandflaschen
Trailer:
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