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Freitag, 19. Mai 2023

Album der Woche#582: Laibach - Spectre (2014)

Es ist schon etwas länger her, dass ich ein Album von Laibach reviewt habe. Damals habe ich mir das epische Drittwerk "Opus Dei" vorgenommen. "Spectre" ist das achte Album des musikalischen Arms des slowenischen Künstlerkollektivs "Neue Slowenische Kunst" und könnte im Vergleich nicht anders sein. Wenn man die beiden Alben gegenüberstellt merkt, dass es zwei unterschiedliche Welten sind. Auf "Opus Dei" war sehr viel Martial Industrial zu hören und man konnte die Band nicht (immer) in die richtige Schublade einordnen. Diese beiden obskuren Cover zu Queens "One Vision" bzw. "Life Is Life" wirkten sehr abstrakt, der Subkontext war für viele nicht immer einzuordnen. 

2014 hingegen waren Laibach schon eine Koryphäe des Industrial-Genres und man wusste sehr wohl, was sie mit ihrer Musik aussagen möchten. Scheinbar ist es auch das Anliegen des Kollektivs gewesen, nicht mehr mit Subtexten zu arbeiten, sondern direkte Aussagen zu machen. Sicher sind hier auch noch Industrial-Elemente zu finden, jedoch bewegen sich Laibach mittlerweile allgemein auf einer anderen Wolke. Die Songs sind für die Öffentlich wesentlich zugänglicher, melodischer, ja sogar poppiger. Der Opener "The Whistleblowers" ist eine Ode an den Zusammenhalt der Menschheit. Eine Hymne für die Freiheit, ohne jegliche Diktatur. Ich liebe dieses Lied einfach. Es hat keine richtige Strophe-Refrain-Strophe-Struktur sondern funktioniert wie eine Art gesungenes Gedicht. Gleichzeitig gibt es durchaus dystopische bzw. kritische Songs wie "Eurovision" - eine Kritik an der Europäischen Union, die für
viele Slowenen als auch andere Osteuropäische Völker eine Art Hoffnungsanker nach dem Zerfall des Warschauerpaktes bzw. im Fall von Laibach Jugoslawien war. "Walk With Me" ist auch genauso schön und traurig zugleich. Ich mag auch den Kontrast zwischen der rauhen, zugegeben etwas ungeübt wirkenden Stimme von Milan Fras und der sehr melodischen von Mina Špiler. Besonders gut hört man diesen meiner Meinung nach in "Bossanova". Mit "Koran" bezieht man sich wieder auf (damals) aktuelle Ereignisse, nämlich Revolutionen in arabischen Staaten. Auf der Extended Version des Albums finden sich noch weitere Tracks, fünf insgesamt, sodass man auf 15 Songs kommt. Darunter auch das Cover von "See That My Grave Is Kept Clean" des US Blues Musikers Blind Melon Jefferson.

Meiner Erachtung zufolge ein durchaus spannendes, weil so verhältnismäíg ruhiges und vielschichtiges Werk. Es hat was von einem fiktiven Soundtrack, allerdings nicht zu einem Film sondern zu einem Theaterstück über eine Welt in Trümmern, dass sich gerade wieder aufrafft. Bis auf die fünf Bonustracks natürlich, die meiner Meinung nach nicht so ganz ins Konzept passen, jedoch trotzdem gut sind. Anyways: Ich schreibe dieses Review im April obwohl es im Mai erscheint. Ich bin seit 4 Uhr wach und ziemlich fertig. Mehr bringe ich leider nicht zustanden. Ist ein geiles Album. Vertraut mir.

9/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Bossanova, Koran, Eurovision, The Whistleblowers, Resistance Is Futile, Walk With Me




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