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Sonntag, 21. September 2014

Geschichten, die keiner mag#39: Идите домой, водки нет!

Ich weiß, ich weiß. Ich hatte das Thema schon mal angeschnitten gehabt. Jedoch brennt es mir unter den Nägeln darüber etwas detaillierter zu schreiben. Das Thema kotzt mich dermaßen an, dass ich noch mehr kotzen könnte. Und mittlerweile ist es bis in meinen persönlichen Bereich vorgedrungen bzw. in mein Zuhause.
siehe * (quelle: censor.ua.net)

Es geht wie ihr vielleicht an der russischen Überschrift* erkennen könnt um den Ukraine-Konflikt. Mittlerweile kann man aber nicht mehr von einem Konflikt sondern von einem verd(r)eckten Krieg zwischen der Ukraine und Russland sprechen. Seien wir mal ehrlich, es gibt zahlreiche Berichte, Fotos von russischen Soldaten die über die Grenzen zwischen den beiden Staaten gekommen sind, mehrere Screenshots von Social-Media-Profilen bzw. Fotoalben als auch die Tatsache dass russische Soldaten, die in der Ukraine gestorben sind in ihrem Heimatland namenlos und heimlich beerdigt werden. Die Journalisten die solch eine Beerdigung filmen wollen, werden von aggressiven Jogginghosenträgern bedroht.

In einer vorherigen Ausgabe von "Geschichten die keiner mag" schrieb ich über Conchita Wurst bzw. ihr unfreiwilliges Verhältnis zu dem Ganzen. Damals schrieb ich noch verhältnismäßig neutral über kiewer Übergangsregierung die zum Teil aus ekligen Rechtspopulisten besteht und dem Widerstand der Rebellen dagegen in der Ostukraine. Auch betonte ich, dass diese laut Berichten ebenso wenig demokratisch seien. Viel öfter werden sie in den Medien nicht als "Rebellen" sondern als "Terroristen" von der ukrainischen Bevölkerung sogar als "Besatzer" bezeichnet. Mittlerweile finde ich dass es zurecht geschieht.

Theoretisch wäre ich am Anfang für diesen Widerstand gewesen. Es gab damals nämlich zahlreiche Übergriffe auf den russischsprachigen Teil der Bevölkerung, die Übergangsregierung bestand zum Teil aus rechten Vollpfosten. Zum Teil. Der Aufruf der selbsternannten Volksrepubliken(DNR, LNR...) klang am Anfang nach Föderalisierung. Die führenden Köpfe kamen aus der lokalen Bevölkerung. Bald wurden sie allerdings durch moskautreue Banditen ersetzt. Menschen die nicht im geringsten aus der Ukraine kamen sondern aus Moskau/St. Petersburg oder noch weiter weg. Die Ziele der Volksrepubliken wurden klarer: eine vollkommene Abspaltung von der Ukraine. Irgendwann schlossen sich die sogenannten "Volksrepubliken" zu einer gemeinsamen Föderation namens "Novorossia". Einer der führenden Köpfe dieser ist Pawel Gubarew(ehemaliges Mitglied der russischen Neo-Nazi-Organisation RNE) der in einer seiner Ansprachen angekündigt hat mit einem Panzer nach Kiew zu reisen und das Denkmal von Stepan Bandera abzureissen. Ergo doch nichts mit bloßer Abspaltung.

Das große Problem ist dabei folgendes: Die Leute die für die Separatisten partei ergreifen sind absolut blauäugig. Und das sind auf ganzer europäischer Linie Linke, Rechte und Friedensbewegte(vor allem in Deutschland). Man betrachtet diese nämlich als legitimen Widerstand gegen eine "Nato-US-Faschisten-Junta" die illegal die Macht an sich gerissen hat. Dummerweise ist dem nicht so. Nur weil ein großer Teil der Bevölkerung und der neuen Regierung kein Bock hat unter der Fuchtel Moskaus zu stehen(wie der Vorgängerpräsident) und dabei Unterstützung der EU/USA erfährt heißt es nicht, dass diese aus Faschisten besteht. Natürlich gibt es Probleme in der Ukraine, natürlich hat die Partei Swoboda als auch der Rechte Sektor während der Maidanrevolution einigermaßen viel Zuspruch erhalten(und trotzdem bei der Präsidentschaftswahl miserabel abgeschnitten). Natürlich gibt es in der Ukraine Rechte, Nazis, Nationalisten. Natürlich gibt es auch Russophobie, die mittlerweile verstärkt ist vor allem weil man Russland nicht mehr als Bruderland sieht sondern als Okkupanten. Und ja, es gibt Nazis in ukrainischen Freiwilligen-Batallions(z.B.: Asow, dass aus 300 Faschos besteht). Dies liegt aber daran, dass die Regierung jeden beschissenen Vollidioten als Freiwilligen nimmt, weil die ukrainische Armee in den letzten 23 Jahren nieeeemals eingesetzt wurde. Man zählt einfach auf jeden Pimpf der mitmacht.

Es ist bekannt, dass da Nazis mitmachen und ja es ist mehr als problematisch. Allerdings versucht die ukrainische Armee und die Battalione nicht fremde Länder einzunehmen, die Bevölkerung zu indoktrinieren und neue Republiken aufzubauen. Im Gegensatz zu den selbsternannten Volksrepubliken gibt es im Rest des Landes legitime demokratische Wahlen, niemand ernennt sich selbst zum Bürgermeister oder Präsidenten.

Ein anderer Punkt der mich stört ist: Während die ukrainische Regierung, ja sogar die Westukrainer an sich als Ukies, Ukrofaschisten, US-Nato-Junta-schießmichtotwas bezeichnet werden werden die Separatisten als Antifaschisten, Antiimperialisten, Kommunisten, Kämpfer für den Frieden gefeiert. Wenn ich mir das genauer angucke könnte ich eher kotzen als mich freuen. Ich sehe russische Nationalisten, Panslawisten, Monarchisten, russische Neonazis, Homophobe Arschlöcher, Sowjetunion-Nostalgiker, Stalinisten, Nationalbolschewisten und sonstiges ekelhaftes Gesocks dass sich einbildet "ihr Vaterland" zu verteidigen(wobei sie sich auf fremden Boden befinden) und dass den "Kampf gegen den Faschismus" führt. Fakt ist: Auf beiden Seiten kämpfen russische Nazis. Einige wenige Russen haben sich dem Battalion Asow angeschlossen, die RNE kämpft auf seiten der Separatisten. Dazu kommt noch Indoktrination und Propaganda durch russische Medien wie dem internationalen Kanal RT als auch durch deutsche Propagandisten wie Jürgen Elsässer oder Ken Jebsen. Oder dummdämlicher Seiten auf Facebook die mir weismachen wollen die ukrainische Bevölkerung würde sich über den Einmarsch freuen, weil sie sehnlichst auf die Befreiung durch die Russen warten.

Und jetzt übertragen wir mal das ganze auf Deutschland: Wie wäre es hier? Wenn es hier so eine Revolution gegen Merkel(oder so) gegeben hätte, würden auch hier Nazis auf die Straße gehen oder nicht? Würdet ihr euch freuen von irgendwelchen "Alternativmedien" allesamt als Faschisten bezeichnet zu werden? Was würdet ihr sagen wenn Angela Merkel um "Angriffe gegen Deutsche" zu unterbinden die Bundeswehr nach Mallorca schicken würde und es dann ein "Referendum" für ein Anschluss nach Deutschland gegeben hätte? Was wäre wenn irgendwelche Stalinisten die Volksrepubliken Sachsen und Thüringen gebildet hätten? Würde sich der Rest der BRD nicht dagegen wehren? Ist das so schwer verständlich? Jedes bekackte Land auf der Welt würde sich gegen bewaffneten Separatismus wehren. Wie ein richtiges, demokratisches Referendum ablaufen sollte, sieht man momentan am Beispiel Schottland. Doch anscheinend ist es einigen Akteuren in diesem Land scheißegal, hauptsache es geht gegen den Westen/NATO/USA, dabei ist es egal ob der Verbündete der letzte Stalinist und Reaktionärer ist, wie zum Beispiel Strelkow.

Die Separatisten sind keine Antifaschisten, sie befolgen ihre eigenen Interessen, die ukrainische Armee bzw. das ganze Land besteht nicht bloß aus Faschos. Scheißegal wie oft mir das irgendwelche bekackten russischen und russlandtreuen Medien eintrichtern wollen.

Was hat das ganze mir mir zu tun? Nun, meine beiden Eltern sind in verschiedenen Ländern des Warschauer Paktes aufgewachsen. Mein Vater ist Pole, meine Mama Russin. Letztere ist mir in letzter Zeit vermehrt durch verschiedene Pro-Putin-Aussagen auf die Nerven gegangen. Sie hat sogar meinen Vater aus Facebook gelöscht weil er ein Anti-Putin-Profilbild hatte. Ich versuchte dem Thema aus dem Weg zu gehen, doch irgendwann knallte es. Sie bezeichnete mich als "anscheinend nicht slawisch" und meinte wohl ich würde auf sie schießen wenn ich "dort" wäre. Das machte mich mehr als nur wütend und traurig. Man könnte sagen ich war fassungslos. Ich erzähl es nur damit ihr wisst was dieser Konflikt macht. Er spaltet Famlilien(es gibt Fälle bei welchen es noch schlimmer als bei uns war). Es ist zum Kotzen.

Mittlerweile soll ja eine Waffenruhe eingekehrt sein, jedoch weiß ich dass die Separatistenarschlöcher nicht ruhen werden und auf den Frieden scheißen.

*Bei dem Einmarsch sowjetischer(und anderer) Truppen in der Tschechoslowakei wurde ein Auto gesichtet auf welchem folgender Spruch geschrieben stand: "Идите домой, водки нет!"("Idite damoj, wodki net!")(dt. "Geht nach hause, hier gibts kein Vodka!")

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