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Dienstag, 14. Mai 2019

So isses, Musik!#78

ОСТБЛОК: ПУРГЕН

Okay. Ich habe für die beiden nächsten Ausgaben von "So isses, Musik!" mir zwei Bands ausgesucht, die in der Ostblock-Unterrubrik vorkommen werden. Eine ist dumm, die andere einfach nur bescheuert. Jetzt habe ich mich gefragt, welche ich zuerst drannehme. Ich entschied mich schlußendlich für die dümmere von den beiden, zu welcher ich eine Art Hassliebe pflege.

Purgen sind eine Punkband aus Moskau. Das einzig übriggebliebene Originalmitglied ist Ruslan "Purgen" Gwozdew. Das andere Gründungsmitglied war ein Typ der sich nach dem sowjetischen Massenmörder "Tschikatilo" nannte. Sie waren also zu zweit, ähnlich wie auch mal SchleimKeim und produzierten auch Musik von ähnlicher Qualität wie SK. Das erste volle Album hieß (übersetzt) "Alle Staaten = Konzentrationslager" und hatte einen Lenin mit Irokesenschnitt auf dem Cover. Qualitätstechnisch unterirdisch, musikalisch irgendwas zwischen Knüppel-Hardcore-Punk und Knüppel-Hardcore-Punk. Die Besetzung wechselte ständig. Es kamen Alben mit (übersetzten) Titeln wie "Toxidermists of Urban Madness", "Radioaktivität aus dem Mülleimer", "Transplantation von Weltanschauungen" oder "Destroy for Creation" (das ist der Originaltitel). Im Laufe der Zeit wechselte nicht nur die Besetzung sondern auch der Musikstil. Purgen wurden immer metallischer. Außerdem nahmen sie irgendwann eine vegan straight edge Haltung ein und produzierten ein Video in welchem sie Besucher eines Supermarktes mit einem lebendigen Schaf konfrontierten - nach dem Motto "Würdet ihr dieses Tier essen wollen?". Es existiert auch ein Haufen Musikvideos. Das zu "Philosophie des städtischen Verfalls" ist wohl das beste und das witzigste. Man sieht darin den Schlagzeuger der Band, der einem Gulli entsteigt... Außerdem kommt diese großartige Textzeile im Song vor und zwar "I've escape of meine Liebe, I don't fuck kapitulieren"... Was auch immer sie damit aussagen wollte. Apropos deutsche Sprache: Purgen haben auch einen Song über das Grauen in den Konzentrationslagern namens "Majdanek" als auch einen anderen namens "Kristall Nacht" wo es.... um eine kristall klare Nacht(?) geht und sonst keinerlei NS-Bezug besteht. Okay. Dazu kommt noch dass Ruslan in einem Interview über die wahren Machthaber in der Welt spricht. Also über Juden. Aber nicht "unsere" Juden, nein. Er meint natürlich die Freimaurer. Das hat er auch so begründet. Das ist auf so vielen Ebenen so unglaublich dumm... Dann wäre da noch dieses "Reincarnation"-Album, welches unter anderem von Neanderthalern und Dinosauriern handelt. Oder dieser kritische Song über Russland im modernen Zeitalter (am Anfang der unten verlinkten Playlist), der mich teils an Crust Punk und teils an so Pagan Metal Geschichten erinnert...Eine sehr merkwürdige, jedoch abwechslungsreiche Band die sowohl flotte und großartige Songs produziert hat aber auch unglaublich miesen Scheißdreck. Deswegen die Hassliebe. Achja: Die Playlist besteht übrigens nicht nur aus Purgen-Songs. Nur zur Info.



Brody Dalle Discography: Diploid Love (2014)

Da isses! Das erste Solowerk von Brody Dalle und der vorerst letzte Eintrag über sie in dieser Rubrik. Zwar gibt es mittlerweile neues von The Distillers, allerdings dachte ich mir dass ich irgendwann später dazu kommen werde. "Diploid Love" ist verdammt noch mal sehr abwechslungsreich. Einerseits gibt es hier so Songs die rein vom Gefühl an alte Punk-Tage erinnern:
"Don't Mess With Me" oder "Underworld" zum Beispiel. Nicht weil sie ähnlich klingen, sondern weil sie richtig reinhauen. Und dann gibt es noch die ruhigere, experimentelle Seite: Songs wie "Dressed In Dreams",  "I don't need your love" oder "Carry On". Synthesizer, weniger Gitarren, keine herausfordernden Badass-Lyrics. Dazu kommen noch Gäste wie Shirley Manson von Garbage, Michael Shuman von QOTSA, Nick Valensi von The Strokes als auch Emily Kokai von Warpaint. Ich finde das hier insgesamt sehr stimmig und wunderschön beruhigend. Auch wenn das nicht mehr "Punk" ist, so ist das doch ziemlich Punk. "Don't Mess With Me" ist übrigens der Song der mich immer wieder hochwirft, wenn ich tatsächlich ziemlich down bin. Ich schwöre, isso.

8,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Don't Mess With Me, Carry On, Rat Race


Danzig Discography: Deth Red Sabaoth (2010)

Nun, ich bin definitiv kein Gegner des "neueren" Danzig-Sounds wie er auf den letzten drei Alben zu hören war, allerdings bevorzuge ich das hier. Aus Gründen wie: Glenn Danzig schaffte dafür, laut
seiner Aussage "1970s Kustom Tuck'N'Roll bass amps" an, um den Sound größer und organischer zu gestalten. Das heißt: echtes Reverb, echtes Tremolo und quasi weniger Digitaleffekte (?). Die Band klingt hier noch mehr wie früher. Das hat scheinbar auch breiten Öffentlichkeit gefallen, weil das Album das erste seit "Danzig IV" ist welches ziemlich weit oben in den Charts gelandet ist. Endlich wieder ellenlange Gitarrensolis, richtig schön bluesige Tracks wie "Juju Bone" oder so brachiale Eröffnungstracks wie "Hammer of the Gods". Glenn Danzig, Tommy Victor und Johnny Kelly schaffen es, dass alles richtig authentisch rüberkommt. Vielleicht liegts auch daran, dass es das erste Album in sechs Jahren ist. Das Soloalbum "Black Aria II" als auch die "Lost Tracks of Danzig" zähle ich da nicht mit. Jedenfalls gefällt mir das hier wirklich sehr sehr gut. Und ich hoffe dass es als nächstes ähnlich weiter geht.

Anspieltipps: Hammer of the Gods, Juju Bone, Left Hand Rise Above,
9/10 Pfandflaschen


Mayhem Discography: Grand Declaration of War (2000)

"Grand Declaration of War" ist das zweite Full Length Album von Mayhem und bildet zusammen mit der Vorgänger-EP "Wolf's Lair Abyss" eine Art Konzeptalbum über Krieg. Eines Krieges gegen das Christentum und die Kirche natürlich. Das letzte Riff der EP ist gleichzeitig das erste hierauf. Maniac wieder am Gesang. Diesmal allerdings weniger krächzend und guttural sondern mehr Spoken Word.
Richtig gelesen. "Grand Declaration of War" unterscheidet sich enorm von den bisherigen Werken von Mayhem. Ich weiß, dass es damals an einigen Stellen überhaupt nicht gut ankam. Die Mischung aus martialischen Drums, wilden Gitarrensoli, mit Vocoder verzerrten Vocals, Spoken Word, gutturalen Gesang und Industrial-Elementen klingt fürs erste ziemlich...ungewohnt. Aber ich mags ungewohnt. "Grand Declaration of War" klingt wie eine zusammenhängende mathematische Formel.
Ich bin Fan!

Anspieltipps: A Grand Declration of War, View from Nihil, A Bloodsword and a Colder Sun
8,5/10 Pfandflaschen


[Nine Inch Nails] Discography: Broken EP (1992)

Ich versuche an dieser Stelle einiges zu klären. Die Disocgraphy von NIN ist sehr groß. Daher werde ich keine Singles berücksichtigen, als auch keine Remixalben, Remix-EPs oder Livealben. Hier kommen nur Alben und EPs rein die komplett neues Material enthalten. Deswegen wird der Nachfolger der "Broken"-EP, nämlich die "Fixed"-EP ausgeschlossen weil es ein reines Remix-Werk ist. Und ja, ich weiß dass bei NIN sich die Remixe komplett anders anhören und den Fans ein neues, einzigartiges Erlebnis bitten. Aber nein. Sorry.

"Broken" ist ein sehr angepisstes Produkt. Nach dem Erfolg von "Pretty Hate Machine" wollte das Plattenlabel TVT, dass Trent Reznor ein ähnliches Synthpop-Album rausbringt, dass ebenfalls viele Hitsingles enthält. Reznor wollte das jedoch nicht und verlangte, dass das Label seinen Vertrag annuliert, weil sie versucht haben seinen kreativen Geist zu kontrollieren. TVT ignorierte seine Forderungen. Herauskam dieser Wutbrocken. "Broken" ist wesentlich aggressiver und heavyier als sein Vorgänger. Es zeigt uns, welche Richtung NIN bald einschlagen werden. Quasi den Sound der auf dem Nachfolgealbum "The Downward Spiral" zu hören ist. Nur nicht ganz so depressiv. Erinnert mich an Ministry mit klareren und melodischeren Gesang. Textlich gesehen geht es um Themen wie Abhängigkeit und Kontrolle. Außerdem covert man "(You're So) Physical" von Adam and the Ants. Zur EP existiert übrigens ein Kurzfilm, der denselben Namen trägt. Regisseur war Stephen Christopherson (Coil/Throbbing Gristle). Insgesamt ein sehr störrisches, wenig tanzbares aber überzeugendes Werk. Liebe es mit jeder Faser meines Körpers!

Falls ihr euch die Reviews zu "The Downward Spiral" als auch "The Fragile" reinziehen wollt klickt hier und hier.

9/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: Wish, Happiness In Slavery, Physical

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