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Montag, 2. Juni 2025

Album der Woche#636: Naked City - Radio (1993)

Und schon wieder sind wir bei John Zorn angelangt. Vorerst aber das letzte Mal. Diesmal fungiert er nicht nur als Saxophonist sondern auch als Produzent. Es ist das vierte Album von Naked City, einer Band bestehend aus Zorn (Saxophon), Bill Frisell (Gitarre), Wayne Horvitz (Keyboards), Fred Frith (Bass), Joey Baron (Drums) und Yamatsuka Eye am Gesang.


Wobei ich von Eyes Gesang nicht viel mitkriege. Erst gegen zweite Hälfte des Albums. "Radio" hat ein sehr einfaches und doch geniales Konzept. Es soll dem Zuhörer eine Art Türöffner in die Welt von Naked City sein und zeigen was die Band so alles kann. Zu Beginn setzt die Band auf absolut radiofreundliche und mainstreamtaugliche Melodien, die einen an die sanftesten Momente des Jazz, der Surf Musik aber auch Country und Rockabilly erinnern. Die Songs tragen Titel wie "Sunset Surfer", "Party Girl" oder "Terkmani Teepee". Doch der erste Eindruck täuscht. Man hat grob zur ersten Hälfte des Albums den Zuhörer gefangen genommen und ihn in eine wohltuende Decke aus schönen Melodien eingehüllt. Doch dann schlägt man mit einem vollkommen unerwarteten Grindcore Hammer zu. Na gut, vielleicht nicht ganz Grindcore. Vielleicht eher Noise. Auf jeden Fall heißen die Titel ab jetzt anders: "The Vault", "I Die Screaming", "Shock Corridor" oder "American Psycho". Yamatsuka Eye (so nannte er sich zu dem Zeitpunkt zumindest, mittlerweile nennt er sich Yamataka Eye) singt nicht sondern schreit in größtenteils hohen Tonlagen. Zwischendurch klingt er wie ein gequältes Nagetier, ich bin mir aber nicht sicher welches. Meistens wechselt er sich ab zwischen "YIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII" und "YIYIYIYIIYIYIYIYIYIYIYIYIYIYIYIYIYIIYIYIY GÜGÜGÜGÜGÜGÜÜGÜG YIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIH". Es ist fasziniert in was für ein großartiges Rabbithole man hier plötzlich rein gefallen ist. Dieses Album hat mich zuerst nicht so packen wollen, aber ich kann zumindest von mir behaupten dass nach ungefähr zwei Durchgängen es doch geschafft hat. Mir gefällt auch die Diskrepanz der Länge der Stücke. Wir haben hier alles von 57 Sekunden bis 6 Minuten.

Was für ein großartiger, hochkreativer äh Kram. Ich bin durchaus mehr als fasziniert und kann das Album für Freunde von abstrakter Kunst empfehlen. Danke schön.

8,5/10 Pfandflaschen
Anspieltipps: American Psycho, Shock Corridor, Sunset Surfer


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