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Sonntag, 30. September 2012

Geschichten, die keiner mag#15: Stricher und das Subkultur-Getier

Es ist erstaunlich, wie schnell solche musikalischen Recherchen über die eigene Musikwelt vergehen(mit der nächsten Ausgabe ist die Reihe um). Wenn ihr fleißig gelesen habt, habt ihr auch festgestellt, dass ich nicht nur über die Musik, die ich gehört sondern auch über meine Umgebung gesprochen habe.

Jetzt werde ich also darüber sinnieren, wie es ist sich innerhalb einer Subkultur bzw. einer Szene aufzuhalten. Wie es ist, den Aufenthalt dort zu genießen, jedoch dabei auch reflektiert und kritisch zu bleiben und auch mal aufzuschreien, wenn es einen doch zu dumm wird.

Man könnte sagen, es fing alles an mit "anderer" Musik. Musik jenseits des Mainstreams. Zumindest dachte ich es damals. Es war aber letztendlich doch Mainstreammusik bloß nicht für jedes Ohr gedacht. New Metal und HipHop halt... Irgendwann in der 7. Klasse entdeckte ich die Misfits und Horrorpunk für mich. Ich gehöre der Cyberpunk-Generation an, ergo bin ich anfangs NUR und ausschließlich im Internetz unterwegs gewesen. Mit 13-14 fing wie schon an dieser Stelle beschrieben meine Politisierung an. Die klang jedoch mit ungefähr 15-16-17 jahren für ne Zeit lang ab. Die Gründe dafür waren Oi!, Psychobilly, Ska als auch eine zwar kleine aber dennoch vorhandene Begeisterung für den Skinheadkult. Ich hatte einenn 15 cm Flattop aufm Kopf. Wer nicht weiß, was ein Flattop ist, der googele bitte. Es ging um nichts anderes außer um: Haare stellen, Musik hören, coole Klamotten tragen, auffallen und Bier trinken. Um mehr gings mir damals nicht. Okay, natürlich hatte ich irgendwo eine politische Meinung, bzw. Einstellung zu gewissen dingen. Jedoch packte mich trotzdem irgendein dummer Gedanke und so schloß ich mich einer Truppe Skinheads an.(auch hier an dieser Stelle zu lesen).

Ich hab im Laufe der Jahre gelernt, Menschen nach ihren Taten, nach ihren Charakteren zu urteilen und nicht nach ihren Aussehen, ihrer Sexualität. Das war bei den Glatzen leider nicht der Fall. Wer zu viele Markenklamotten trug war ein Modeskin. Wer kaum Markenklamotten trug war ein Möchtegernskin. Wer sich gegen Rechtsrock ausgesprochen hat und Homosexualität alles andere als schlimm fand war ne Kommischwuchtel. Irgendwann erkannte ich, dass diese Gesellschaft für mich, der sich in einer krassen *seufz* Selbstfindungs bzw. Veränderungsphase befand, absolut nichts war. Diese Leute repräsentierten für mich eine Art parallelgesellschaft, welche zwar nichts mit der Gesellschaft in der wir leben zu tun haben wollte, jedoch mit denselben Vorurteilen gesät war.

Ich merkte also, das ist nichts für mich und verpisste mich sang und klanglos. Zum Glück hatte ich und habe noch andere Freunde, die zwar auch völlig neben der Spur aber zum Glück keine dummen deutschen Bauern waren. So ging meine Odyssee mit den Würzburger Punx los. Heutzutage ist alles ein wenig anders. Wir waren sehr jung, hatten nur Unsinn im Kopf, hingen am Wochenende in Würzburg auf der Mainwiese rum oder fuhren in andere Städte. Das ist heutzutage auch noch so, bloß dass uns Würzburg immer mehr anpisst und wir nach immer mehr ausweichmöglichkeiten suchen, bzw. genauer hingucken enn in Würzburg an geheimen Ecken doch noch was passiert. Das tut es nämlich, nur wird es halt nicht an die große Glocke gehängt. Im Gegensatz zu früher sind wir auch nicht mehr jung. Wir sind mittlerweile...die "zwischendurch"-generation. ach was wir sind gottverdammte veteranen. wir sind nicht die jüngsten, die am bahnhof rumhängen und nichts außer saufen in der birne haben und wir sind nicht die ältesten die am bahnhof rumhängen und nichts außer saufen in der birne haben. ganz genau, wir sind mittlerweile irgendwo dazwischen. "zwischendurch". vom alter her irgendwo dazwischen und total durch.

mich freut es genau diesen und nicht anderen freundeskreis in würzburg gefunden haben. sicher (ehemalige)klassenkameraden zählen im leben auch dazu. aber es gibt nichts über eine gilde, eine gang, eine zweite familie, die für einen da ist und wie ein schützender kranich seine flügel über einen ausbreitet. das gilt natürlich nicht nur für meine familiäre punkertruppe sondern auch für die "anderen" freunde, die für mich genauso da sind. es ist schön, diese menschen um sich zu haben, gemeinsam (mit oder ohne alkohol und drogen)abzukacken, durchzudrehen, durchzumachen, und scheiße durchzustehen. doch dabei bleib der eigene aspekt der individualität nicht auf der strecke, im gegensatz zu vielen anderen szene-helden/menschen. wir sind nämlich alle verschiedenen, haben verschiedene einstellungen, verschiedene geschmäcker und wir sind keine homogene masse, alleine schon weil wir unterschiedlich aussehen. und genau das ist eines der hauptprobleme bei vielen punx, skins wie auch immer...

man opfert sich, seine gesamte individualität, sein denken für eine szene die nur oberflächlich gesehen irgendwelche ideale hat, und im inneren doch nur aus zusammengedroschenen phrasen besteht. es gibt elitäre verhaltensweisen in der "szene", die aber in der gesellschaft selber angeprangert werden... menschen werden aufgrund ihres aussehens, aufgrund ihrer klamotten, ihren schlecht gestellten Irokesen oder ihrer noch naiven jungen meinung verurteilt... okay, mittlerweile  versteh ich das teilweise, weil ein ziemlicher teil der heutigen punkerjugend meiner meinung auch auch bittebitte mit einen vorschlaghammer bearbeitet werden sollte. das trifft auf die heutige jugend allgemein genauso zu. ich finde es schade, wenn (punker)jugendliche ihre freizeit auf bahnhöfen verbringen, anstatt mal n vernünftiges buch zu lesen, crass-texte zu analysieren, sich mit der materie zu beschäftigen und nicht nächsten sommer irgendeine kommerzscheiße mitmachen. aber das ist nun mal deren leben und nicht meins, und so muss man denen ihre eigenen Fehler überlassen anstatt sie als "kidpunx" abzutun, die eh  nix werden. ja, ich denke mir bei der heutigen punkerjugend desöfteren "woah, kinners verpisst euch, sonst setz ich mein pfefferspray ein", aber wenn einer nett zu mir ist, ist er halt nett zu mir und dadran gibts nix auszusetzen.

das problem mit klamotten hab ich oft genug beobachten müssen, btw. mich  kotzt es an, dass menschen verurteilt werden weil sie zu (un)politisch, zu (un)crustig, zu viele oder zu wenig aufnäher/nieten tragen, die falsche frisur tragen, zu wenig/zu viel dreads, zu wenig/zu viel piercings/tattoos haben, die und die band nicht kennen... ich finde es absolut bescheuert, dass man Vorurteile sät und so die menschen auseinander bringt. ich finde es auch absolut beknackt von der anderen seite, diese vorurteile zu bestätigen, sich in eigenen klischeeexkrementen zu suhlen. ich bin aber trotzdem nicht der meinung, dass "if the kids are united, they will never be divited". warum? weil ich mich nicht mit jeden idioten zwangsläufig uniten muss. ich such mir meine freunde selber aus, nicht wie es die Frisur oder die anzahl der Nieten vorschreibt.

Ich bin gerne wie ich bin. Ich bin nun mal ein Punk, der sich gerne anders anzieht, sich anders verhält, andere Musik hört, kein verfickter Hurensohn mit Geschwistern als Eltern ist(im Gegensatz zu diesem Land). Ich bin gerne so, ich ziehe mich gerne so an, ich höre gerne die und die Musik. Aber das ist nicht alles. Ja, so gesehen könnte man behaupten, ich wäre irgendwie ein Teil einer Subkultur. Allerdings unterwerfe ich mich keinen Regeln, keinen Vorschriften und trotz dieser selbstauferlegten "Uniform", höre ich das was ich will, lese was ich will, esse was ich will. So bleibt Punk für mich immer noch ein Sprung in die Freiheit und keine 08/15-Subkultur.


schöne grüße,
xstricherx

3 Kommentare:

  1. Stummer Eierfisch7730. September 2012 um 17:58

    Für mich der beste Artikel den ich hier bis jetzt von dir gelesen habe :)

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  2. amen. danke greg. der hyperlink nach dem dritten absatz fehlt aber noch

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